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Panorama: Scheinheilige Apollonia

Im Weltbild der prominentesten Alt-Kommunistin Deutschlands prägt immer noch das materielle Sein das Bewusstsein. Als Ehefrau jedoch zeigt sich Sahra Wagenknecht keineswegs materialistisch orientiert.

Im Weltbild der prominentesten Alt-Kommunistin Deutschlands prägt immer noch das materielle Sein das Bewusstsein. Als Ehefrau jedoch zeigt sich Sahra Wagenknecht keineswegs materialistisch orientiert. Womit ihr Mann sein Geld verdient, habe sie nie interessiert, behauptet die orthodoxe Marxistin: "Ich habe mich nie darum gekümmert, was er beruflich macht."

Der 32-jährigen PDS-Politikerin und Vorsteherin des umstrittenen Parteiflügels "Kommunistische Plattform" wird es allerdings schwer fallen, die Augen vor den windigen Geschäften ihres Ehemannes, Ralph-Thomas Niemeyer, auch weiterhin zu verschließen. Die Staatsanwaltschaft Köln hat gegen den Geschäftsmann einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr und Verdunkelung erwirkt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 32-Jährigen versuchten Betrug mit gefälschten Gemälden vor.

Wie das Magazin "Stern" in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe berichtet, soll Niemeyer einem als Investor getarnten Stern-Redakteur mehrere falsche Gemälde zum Kauf angeboten haben, darunter einen angeblich echten Leonardo da Vinci. Das Geschäft sollte im Herbst vergangenen Jahres in Zürich eingefädelt werden. Niemeyer hatte seinem vermeintlichen Kunden zunächst die "Heilige Apollonia" als Original von da Vinci angeboten. Er gab vor, das Ölbild auf Leinwand im Auftrag einer Gräfin zu verkaufen. Als Verhandlungsbasis schlug Niemeyer einen Preis von 35 Millionen Mark vor. Außerdem offerierte er seinem Kunden eine Möglichkeit zur Geldwäsche über eine Schweizer Bank.

Das Geschäft mit dem falschen Leonardo-Werk kam dann zwar nicht zustande. Doch Niemeyer hatte noch mehr Kunst zu bieten: Seinem Kunden wollte er jetzt ein ganzes Bilderpaket verkaufen, laut Stern "Filetstücke der internationalen Kunstszene" mit einem angeblichen Schätz- und Versicherungswert von 71 Millionen US-Dollar - von Niemeyer zum Schnäppchen-Preis von 36 Millionen feilgeboten. Bei der Beschaffung der teuren Kopien half ein Basler Kunsthändler, der vorzugsweise Bilder ankaufte, die ihrem Alter nach von großen Meistern wie van Dyck, Rubens oder Manet stammen konnten. Der Händler besorgte sich dazu Expertisen von einschlägigen Gutachtern, die die Bilder den großen Meistern gegen Gebühr zuschrieben. Die Leonardo-Kopie "Heilige Apollonia" habe laut "Stern" der ehemalige Kurator des Kölner Wallraff-Richartz-Museum als "so bedeutend wie die Mona Lisa, ein eigenhändiges Meisterwerk von Leonardo da Vinci" begutachtet.

Wie die Staatsanwaltschaft Köln dem Tagesspiegel erklärte, sei der Haftbefehl gegen Niemeyer vom 28. Dezember nicht vollstreckt worden. Der Geschäftsmann habe sich zuvor freiwillig gestellt und ein umfassendes Geständnis abgelegt, erklärte die Sprecherin der Kölner Staatsanwaltschaft, Regine Appenroth. Der Beschuldigte sei daraufhin gegen eine Kaution von 300 000 Mark freigelassen worden.

Niemeyer muss jetzt mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen. Bereits 1996 war der Sohn eines hohen Ministerialbeamten wegen Betruges in 46 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Der Verurteilung wollte er sich damals durch eine Flucht in die Türkei entziehen. Die Polizei stellte ihn auf dem Flughafen in Antalya - in Begleitung seiner damaligen Freundin Sahra Wagenknecht.

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