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Panorama: Schiefer Turm von Pisa: Das Wahrzeichen wird im Juni 2001 wieder geöffnet

Nach einer spektakulären Rettungsaktion soll der Schiefe Turm von Pisa im Juni nächsten Jahres wieder für Touristen geöffnet werden. Was Kritikern zunächst wie ein Schildbürgerstreich anmutete, hat zum Erfolg geführt.

Nach einer spektakulären Rettungsaktion soll der Schiefe Turm von Pisa im Juni nächsten Jahres wieder für Touristen geöffnet werden. Was Kritikern zunächst wie ein Schildbürgerstreich anmutete, hat zum Erfolg geführt. Experten schafften es, durch Abtragen der Erde und "Geradeziehen" durch Gewichte das Wahrzeichen Italiens vor einer Katastrophe zu bewahren. Seit zehn Jahren ist es aus Furcht vor einem Einsturz verboten, den 58 Meter hohen Campanile zu besteigen. "Jetzt ist der Schiefe Turm gerettet", jubelten Zeitungen am Freitag.

Michele Jamiolkowski, Leiter der Rettungstruppe, gibt sich hochzufrieden. "Die Schieflage ist um zwölf Zentimeter verringert, ein wunderbarer Erfolg." Zwar sei das noch lange nicht genug, und die Arbeiten müssten noch im nächsten Jahr weitergehen. Aber der Marmorturm aus dem 12. Jahrhundert hat sich immerhin soweit erholt, dass schon am 16. und 17. Juni dieses Jahres ausgewählte Schulklassen erstmals wieder auf den Turm dürfen.

Mindestens 50 Millionen Mark soll die Rettungsaktion gekostet haben, zeitweise drohte das Geld auszugehen für das abenteuerliche Projekt. Als die Ingenieure mit ihrem Unternehmen begannen, legten sie dem Koloss zunächst mächtige Stahlseile zur Sicherung an. Ganz Italien spottete über die "Hosenträger". Dann folgte der riskante Teil: Mit aller Vorsicht gruben die Experten sich unter den Turm und hoben massenweise Erdreich aus. Gegraben wurde an der Seite, die der Schräglage gegenüber liegt. Tonnenschwere Gegengewichte halfen mit, den Turm wieder geradezuziehen. "Wir geben der Welt eines der wertvollsten Kunstwerke zurück", meinte Jamiolkowski.

Für 300 Jahre sicher

In den 90er Jahren betrug die Neigung fast fünf Meter. Insgesamt, hoffen die Retter, soll die Schieflage um 40 Zentimeter verringert werden. "Wichtig ist, dass die Menschen wieder die 293 Stufen hinaufsteigen können", meint ein Fachmann. "Dieser Turm ist die Seele der Stadt", urteilt der Historiker Rodolfo Bernadini.

Schief war der berühmteste Turm der Welt allerings immer schon. Schon 1174, ein Jahr nach Baubeginn, sackte er unter dem Gewicht des ersten Stockwerks ab. Das Schwemmland konnte die Last nicht tragen. Um die Schräglage zu korrigieren, bauten die Architekten den Turm damals senkrecht weiter. Daher ist er auch in sich selbst krumm.

"Der erste Architekt, Bonanus von Pisa, wurde sofort entlassen, als man die rätselhafte Neigung entdeckte", wissen Kenner. Doch zum Alptraum wurde das Problem erst im 19. und 20. Jahrhundert, wohl nicht zuletzt wegen der vielen Touristen. Findige Ingenieure und Phantsasten hatten schon immer Rettungspläne: Mal wollten sie das Bauwerk mit Hilfe riesiger Ballons aufrichten, mal ganz demontieren und neu aufbauen. Russische Experten empfahlen ein hydraulisches Stützsystem.

Wenn jetzt alles weiter klappt, sei der Turm "erst einmal für 250 bis 300 Jahre gerettet". Um kein Risiko einzugehen, müsse die Zahl der Touristen aber beschränkt werden. In den schlimmsten Zeiten hatten 800000 Besucher jährlich dem Schiefen Turm zugesetzt.

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