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Panorama: Schlag des Schicksals

Eine Maschine mit französischen Urlaubern ist ins Rote Meer gestürzt – keiner der Insassen hat überlebt

Paris . „Verspätet“ blinkt ganz oben auf der Ankunftstafel am Pariser Flughafen RoissyCharles de Gaulle. Die Botschaft ist schlicht und beruhigend – und falsch.

Ferienflug FSH 604 aus dem Badeparadies Scharm el Scheich wird nirgendwo mehr landen. Die Boeing 737 der ägyptischen Chartergesellschaft Flash Airlines stürzte am frühen Samstagmorgen kurz nach ihrem Start ins Rote Meer und zerschellte; 18 ägyptische Besatzungsmitglieder und 130 überwiegend französische Urlauber fanden den Tod. In der Ankunftshalle am Terminal 3 in Roissy nehmen Angehörige fassungslos die Unglücksnachricht entgegen. Krisenstäbe sollen Hilfe und Trost spenden.

Einige Dutzend Eltern und Freunde der zumeist jungen Silvesterurlauber sind eigentlich an den Hauptstadtflughafen gekommen, um die Heimkehrer gegen 9 Uhr wieder in die Arme zu schließen. Stattdessen werden sie über Lautsprecher aufgefordert, sich unter einem Schild der Airport-Betreiberin ADP zu versammeln.

Dort nehmen Grenzpolizisten und ADP-Mitarbeiter mit leuchtend gelben Westen sie beiseite und eröffnen ihnen die furchtbare Botschaft. Eine junge Frau macht kehrt und rennt weg, als könne sie der schrecklichen Wirklichkeit entfliehen. Eine etwa 50-Jährige sackt geschockt zusammen und klammert sich an ihrem Mann fest.

Erwartet wurde unter anderen eine sechsköpfige Familie; alle sind offenbar bei dem Absturz ums Leben gekommen. Beamte weisen den schwer getroffenen Angehörigen den Weg zu einem Ausgang, an dem Flughafenbusse warten. Der Schicksalsschlag ist so hart, dass manche nicht aus eigener Kraft in die Fahrzeuge steigen können. Die Busse bringen die Menschen in ein Krisenzentrum am Airport-Hotel Ibis, wo sich Mitarbeiter des Außenministeriums und Flughafenpsychologen um sie kümmern.

Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau, Verkehrsminister Gilles de Robien und Regierungschef Jean-Pierre Raffarin treffen in Roissy ein, um ihre Anteilnahme zu bekunden. Staatschef Jacques Chirac entsendet sofort Außenstaatssekretär Renaud Muselier nach Ägypten, am Sonntag sollen Absturzexperten der französischen Flugaufsicht folgen. Justizminister Dominique Perben leitet Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung an. Damit solle die Untersuchung der Behörden in Frankreich und Äypten einen rechtlichen Rahmen erhalten. Die tatsächliche Unglücksursache werde keinesfalls vorweggenommen. Über die Ursache könnte noch tagelang Unklarheit herrschen, auch wenn de Robien betont, die Flugschreiber würden sicherlich gefunden. Für Stirnrunzeln sorgt, dass der Flugkapitän keinerlei Notruf absetzte. Dies könne etwa auf eine Explosion im Cockpit hindeuten, betonen Luftunglücksexperten – eine These, die von Ägypten energisch bestritten wird.

Die Behörden in Kairo geben schnell eine „technische Panne“ als Ursache an. „Es hat vor dem Absturz ins Meer keine Explosion an Bord gegeben“, betont das ägyptische Luftfahrtministerium.

Der erfahrene Pilot und Absturzfachmann François Grangier sagt, die elf Jahre alte Boeing sei offenbar zwei Minuten nach dem Start auf das Rote Meer geprallt und dabei zerschellt. Erst nach Stunden werden erste Trümmerteile und sterbliche Überreste gefunden.dpa

Hinweis der Redaktion: Im Reiseteil dieser Zeitung steht ein Bericht über das Urlauberparadies Scharm el Scheich. Die Reisebeilage war zum Zeitpunkt des Unglücks bereits gedruckt. Die Redaktion bittet um Nachsicht.

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