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Panorama: Schnell, aber tödlich

Nach dem Zugunglück streitet Spanien über Sicherheitsmängel

Die Zugkatastrophe in Spanien, bei der vermutlich 26 Menschen verbrannten, hat eine heftige Debatte über die Sicherheit des spanischen Schienennetzes ausgelöst. Inzwischen weiß man, dass der Zusammenstoß zwischen einem Schnellzug und einem Güterzug in der Nähe der Stadt Albacete durch eine ganze Kette von menschlichen und technischen Pannen verschuldet wurde. „Spanien hat Züge des 21. Jahrhunderts, aber Sicherheitssysteme des 19. Jahrhunderts“, kritisierte die Tageszeitung „El Mundo“.

Das schwerste Eisenbahnunglück im Königreich in den vergangenen 30 Jahren hatte sich auf einer eingleisigen Schienenstrecke ereignet, deren Sicherheitstechnologie veraltet war. Es existierte weder ein automatisches Blockiersystem, das Züge auf Kollisionskurs zum Stehen bringt, noch die Möglichkeit, die Lokführer über Funk zu warnen. Die spanischen Medien, Opposition und Gewerkschaften warfen der konservativen Regierung vor, die seit langem fällige Erneuerung des staatlichen Schienennetzes vernachlässigt zu haben.

Spaniens Regierung hatte noch in der Nacht des Unglücks einen Bahnbeamten beschuldigt, dem Schnellzug freie Fahrt gegeben zu haben, obwohl sich der Güterzug schon in Gegenrichtung auf der Strecke befand. Dies wurde nun von dem Bahnhofsvorsteher dementiert: Er habe zwar das Signal für den Passagierzug auf Grün gestellt, aber das zusätzlich erforderliche Abfahrtssignal noch nicht gegeben. Trotzdem sei der Lokführer losgefahren. Es habe mangels Funkverbindung keine Möglichkeit gegeben, ihn auf die Gefahr hinzuweisen.

Unterdessen wurden am Donnerstag die Bergungsarbeiten an der Unglücksstelle abgeschlossen. Insgesamt konnten nach Angaben der Feuerwehr die sterblichen Überreste von 21 Menschen geborgen werden. Die Regierung sprach dagegen nur von 19 Toten, die bislang identifiziert seien. Die Gesamtzahl der Opfer wird jedoch auf wenigstens 26 geschätzt, darunter fünf Lokführer und Zugbegleiter. Etliche Passagiere gelten als vermisst. Ihre Körper verbrannten vermutlich völlig in dem flammenden Inferno bei Temperaturen bis zu 3000 Grad.

Ralph Schulze[Madrid]

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