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„Das ist lange her.“ Carl XVI. Gustaf, hier mit Königin Silvia, will wegen ein paar Vorwürfen nicht abtreten.

© dpa

Schweden: Königliche Sex-Videos

Es soll Sex-Aufnahmen von Carl XVI. Gustaf geben – aber die Schweden wollen lieber nichts Negatives über ihren König lesen oder sehen.

Thomas Sjöberg hat einen Stein ins Rollen gebracht. „Wir waren sehr angespannt, bevor das Buch erschien. Dann folgte medial ein dritter Weltkrieg. Man drohte uns sogar mit Gefängnis. Aber das Buch schlug durch. Mehr als wir gedacht hätten“, sagt der Verfasser der am vergangenen Donnerstag in Schweden erschienenen Skandalbiografie „Der widerwillige Monarch“. Was Sjöberg und die Öffentlichkeit überraschte, war die Tatsache, dass Schwedens König Carl XVI. Gustaf nicht nur nicht dementierte, sondern indirekt die Vorwürfe bestätigte. „Das ist lange her“, gab er unumwunden zu. Vielleicht war es für ein Dementi zu spät. Im Vorfeld hatte Sjöberg enorme Widerstände überwinden müssen, erzählt er. Seine Koautorin wurde aus ihrem regulären Job beim öffentlich-rechtlichen Radio gefeuert – ganz offiziell wegen ihrer Mitwirkung und bevor auch nur ein Buchstabe des Werkes veröffentlicht wurde. Schweden sei eine seltsame Mischung aus DDR und USA, sagen Kritiker.

Im Rundfunk und den überwiegend königstreuen landesweiten Medien wird das Thema entsprechend wie eine zu heiße Kartoffel behandelt. Eine prominente ehemalige Hofsprecherin warnte gar, die Biografie sei von deutschen Verlagshäusern finanziert worden. Die wollten sich rächen, weil der Hof deutschsprachige Klatschblätter vor fünf Jahren wegen Lügengeschichten um die Königstöchter erfolgreich verklagt hatte.

Laut Umfrage wollen die Schweden in der überwiegenden Mehrheit nichts Negatives über ihren König lesen. Die Hochzeit von Kronprinzessin Victoria verkaufte sich deutlich besser. Vielleicht auch deshalb nimmt die größte sozialdemokratisch orientierte überregionale Zeitung, „Aftonbladet“ nun kein Blatt vor den Mund. Der Hof hatte bei der Hochzeit sämtliche Exklusivmeldungen gnädig an die bürgerliche Konkurrenz verteilt. „Alle sollen es sehen“, titelt „Aftonbladet“ in einer Extraausgabe und zitiert dabei den ehemaligen Besitzer der Sauna, so heißt es in dem Buch, die einmal wöchentlich vom in die Jahre gekommenen König und seinen engsten Freunden, „den drei Musketieren“ plus Zuhälterkumpel, gemietet wurde. Nach dem Abendessen wurden die Herren mit einem Heer teils professioneller Prostituierter intim. Der Ex-Betreiber heißt Mille Markovic. Der Mann war lange als gefürchtete Unterweltgröße bekannt und soll mit den überall in seinem früheren Klub installierten Überwachungskameras das königliche Vergnügen auf Videoband aufgezeichnet haben. „Ich habe Livebeweise – die ganze Welt wird sie sehen“, verspricht der Kettenraucher mit dem – seiner Boxerkarriere geschuldeten – verbeulten Gesicht. Wenn der König keine Frauen mit Versprechen habe rumkriegen können, habe er persönlich am späteren Abend „Profis“ in den Klub holen müssen, sagt er. Da wurde der Wunsch geäußert, dass sich die Damen nicht wie Prostituierte, sondern gewöhnlicher kleiden sollten, etwa als Empfangsdame eines Hotels. „Ich besorgte die Uniform“, sagt Markovic. Was genau auf den Filmen zu sehen ist, will er nicht preisgeben. Noch nicht.

Aber auch Journalist und Buchverfasser Sjöberg, der schon andere Skandale wie die ehemalige Sympathie des Ikea-Gründers für die Nazis aufdeckte, bestätigt, dass es Überwachungskameras gab – überall im Klub. „Ich glaube man kann annehmen, dass er etwas in der Hand hat“, sagt Sjöberg, der viel Zeit mit Markovic verbrachte, nachdem dieser mal wieder aus dem Gefängnis entlassen wurde. Sjöberg räumt auch ein, dass er einige besonders brisante Details nicht im Buch aufgenommen habe.

1995 wurde Markovic wegen Erpressungsversuches zu einer Haftstrafe verurteilt. Damals hatte er bekannte Schauspieler gefilmt, als sie in seinem Klub Sex hatten und koksten. Er müsse die aktuelle Veröffentlichung der Videos gut vorbereiten, sagt Markovic. „Sonst wandere ich wieder in den Knast. Schon seit langem erzähle ich von diesen Sachen. Vom König und wie er wirklich ist. Aber niemand nahm mich ernst“, sagt er. Das Wort einer Unterweltgröße gegen das eines Königs wiege eben nicht viel. „Es war ekelhaft, wie der König naiven Vorortmädchen große Versprechungen machte, um mit ihnen Sex zu haben. Ich fand es vor allem schlimm, dass er die Versprechen, ihnen bei der Karriere und Wohnungssuche zu helfen, niemals einzuhalten schien, wenn er bekam, was er wollte. Die fielen wirklich drauf rein, im Gegensatz zu den professionellen Mädchen, die ich immer wieder hinzubestellen musste“, sagte er. Er habe Videobeweise, wie der Staatschef seine Stellung und das Geld der Steuerzahler ausnutze, „für jedes einzelne Detail“, verrät er in „Aftonbladet“. Die schwedische Geheimpolizei, die bei den Abenden Schmiere gestanden und gewöhnliche Polizeirazzien schon an der Eingangstür zum Klub gestoppt haben soll, wollte die drohende Veröffentlichung von Videoaufnahmen nicht kommentieren. „Wir sind für die Sicherheit des Staatschefs verantwortlich und können diese Angaben deshalb nicht im Detail kommentieren“, sagte eine Sprecherin der Geheimpolizei.

In Schweden wird der Kauf von Sex mit Gefängnisstrafen von bis zu sechs Monaten geahndet. Ein Abtreten des Königs zugunsten seiner – spätestens seit der Hochzeit mit einem Mann aus dem Volke – sehr beliebten Tochter Kronprinzessin Victoria, wird bisher nicht erwogen. König sei man auf Lebenszeit, heißt es wie immer vom Hof.

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