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Victoria

© dpa

Schwedisches Königshaus: Das schöne siebte Jahr

Kronprinzessin Victoria von Schweden verlobt sich mit dem Fitnesslehrer Daniel Westling. Selbst für eingefleischte schwedische Hofexperten kam die Nachricht völlig überraschend.

Eine königliche Verlobung gab es in Schweden schon ganz lange nicht mehr. „Das fühlt sich richtig festlich an, es wurde auch wirklich Zeit für die beiden“, sagt Ulla, eine ältere Dame, die sich, wie viele am Dienstag, spontan im Tauschnee vor dem königlichen Schloss in der Stockholmer Altstadt Gamla Stan versammelt haben. Die königliche Familie und deren Untertanen könnten nach fast sieben Jahren geduldigen Wartens nun endlich den Champagner kalt stellen, sagt sie. Nachdem am Dienstagvormittag bereits Gerüchte durchsickerten, wurde am Nachmittag die frohe Botschaft nach einer Staatsratssitzung, bei der Regierungschef Fredrik Reinfeldt und König Carl Gustaf zusammentrafen, offiziell: Schwedens künftige Königin, Prinzessin Victoria, und ihr langjähriger Freund, der bürgerliche Fitnessstudiotrainer und -besitzer Daniel Westling, verloben sich.

Die Heirat soll kurz vor dem Sommer 2010 stattfinden. Mit sichtlich gerührtem und angestrengtem Blick trat Daniel Westling mit der Königsfamilie vor die Kameras: „Die Kronprinzessin und ich haben uns gefunden, und unsere Liebe ist in den Jahre immer stärker gewachsen. Meine Aufgabe wird es sein, die Kronprinzessin in ihrer wichtigen Arbeit für Schweden zu unterstützen“, sagte er. Selbst für eingefleischte schwedische Hofexperten kam die Verlobungsnachricht völlig überraschend. „Eine Verlobung kommt niemals in diesem Jahr“, sagte ein eigentlich gut informierter schwedischer Hofreporter noch vor wenigen Wochen.

Bereits seit Jahren geistern Meldungen über eine geplante Verlobung durch die Presse. Jedes Mal waren sie falsch. Es ist das erste Mal in der schwedischen Geschichte, dass eine Thronerbin sich mit einem gewöhnlichen Mann aus dem Volke verlobt.

Allerdings darf Daniel nie König werden. Victorias Vater gestattete lediglich, dass ihm der Prinzentitel verliehen wird. Im emanzipierten Schweden halten viele diese Regel für altmodisch, schließlich verhält es sich nicht so, wenn ein männlicher Thronerbe eine Bürgerliche heiratet, so wie 1976 geschehen, als das blaublütige Staatsoberhaupt Carl XVI. Gustaf seine deutschstämmige Silvia Sommerlath völlig unproblematisch zur Königin von Schweden machen konnte.

Dem bodenständigen Daniel soll die Frage des Titels nicht wichtig sein. Er gilt als „Mann des Volkes“ und hat eine Klassenreise von einem gewöhnlichen Reihenhaus in einem kleinen Ort mit dem hässlichen Namen Ockelbo bis in einen Flügel des Schlosses gemacht, wo er bereits jetzt mit Victoria wohnt. Der Fitnesslehrer hatte jahrelang hart um die Anerkennung der Eltern seiner königlichen Freundin kämpfen müssen. Westling musste laut schwedischen Medienberichten zahlreiche Weiterbildungen durchlaufen, die für das königliche Repräsentieren unentbehrlich sind.

So musste er seine angeblich schlechte Allgemeinbildung und sein Englisch verbessern, um ordentliche Unterhaltungen in den höheren Gesellschaftskreisen seiner Freundin führen zu können. Daniel soll angeblich auch gezwungen worden sein, drei für die Stockholmer Oberschicht bestimmte Fitnessstudios zu schließen oder zu verkaufen.

Ein zukünftiger Königinnengemahl könne nicht auch noch Privatunternehmer sein, so die Begründung. Ein Hofkenner sagte vor einiger Zeit: „Armer Daniel, ich glaube, er wünscht sich nichts mehr, als dass Victoria keine Prinzessin, sondern ein normales Mädchen wäre. Dann hätte er sie nämlich schon längst und ohne diesen Stress geheiratet.“

„Es ist nicht leicht, mit mir zusammen zu sein“, bekannte auch die für ihre ehrliche Bescheidenheit im Volke geschätzte Kronprinzessin einmal in einem schwedischen Fernsehinterview. Die schwedische Boulevardpresse wurde nicht müde, ein Bild vom missgünstigen König zu zeichnen, der angeblich unwillig war, den jungen Mann, der seine Tochter kennenlernte, als das junge Mädchen 2001 mit Essstörungen in seinem Fitnessstudio auftauchte, in die Königsfamilie aufzunehmen.

Ob es tatsächlich eine Antipathie zwischen König und zukünftigem Schwiegersohn gab, bleibt unklar, genauso wie die Frage, ob Daniel und Victoria sich lange unsicher waren bezüglich einer gemeinsamen Zukunft, oder ob es am Widerstand des Vaters lag, dass es fast sieben Jahre bis zur Verlobung gedauert hat.

André Anwar[Stockholm]

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