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© picture-alliance/ ZB

Schweinegrippe: Der Grippe-Freund

Das Virus H1N1 hat eine neue Wortschöpfung hervorgebracht – täglich erhöht sich die Zahl der Erkrankten um über 300.

Eine Wortschöpfung hat die Schweinegrippe uns schon eingebracht, und die bezeichnet eine besondere Art der sozialen Beziehung. „Wer erkrankt ist, braucht einen Flu-Friend“, sagte Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, am Freitag. „Flu“ steht für: Influenza, Grippe. Was einen solchen „Grippe- Freund“ auszeichnet? Er kauft für einen erkrankten Single ein, stellt ihm beispielsweise morgens die Brötchen und die Zeitung vor die Tür.

Dass solche Helfer gebraucht werden könnten, ist zunächst eine gute Nachricht – zeigt es doch, dass die meisten meist leicht Erkrankten sich in den eigenen vier Wänden auskurieren können. Wenn viele von ihnen bisher in Krankenhäuser aufgenommen wurden, so sei das vor allem geschehen, um sie sicher isolieren zu können, aus therapeutischer Sicht sei eine Klinikbehandlung jedoch nicht nötig gewesen, bestätigte Gérard Krause, Leiter der Abteilung Infektionsepidemiologie beim Berliner Robert-Koch-Institut (RKI). „Der Verlauf ist meist ähnlich wie bei einer leichteren Grippe.“ Trotzdem ist es nach Ansicht der Experten wichtig, durch persönliche Vorsichtsmaßnahmen eine Weiterverbreitung des neuen Erregers zu verhindern; noch wichtiger als bei Schnupfen oder saisonaler Influenza, denn gegen einen völlig neuen Erreger, um den es sich bei der Schweinegrippe handelt, ist die körpereigene Krankheitsabwehr der gesamten Bevölkerung noch wehrlos. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass diese Grippe sich sogar im Sommer ausbreitet. Immungeschwächte Menschen und solche mit schweren Vorerkrankungen sind deshalb durch die Schweinegrippe besonders gefährdet.

Neben bekannten Hygienemaßnahmen wie häufigem Händewaschen und vorsichtigem Niesen bei vorgehaltenem Arm statt vorgehaltener Hand empfehlen die Experten deshalb vor allem eines: beim Auftreten der ersten Anzeichen einer Grippe zu Hause zu bleiben und den Arzt gegebenenfalls zunächst telefonisch vom Verdacht zu informieren. So können in der Praxis Vorkehrungen getroffen werden, um nicht andere Wartende unnötig zu gefährden. Mit den Kontaktpersonen ebenso strikt zu verfahren, hält RKI-Präsident Jörg Hacker aber nicht unbedingt für nötig. „Wir sehen das inzwischen etwas differenzierter als in der ersten Phase.“ Wer mit einem Menschen engen Kontakt hatte, der sich mit dem neuen Erreger A/H1N1 infiziert hat, dürfe durchaus einkaufen gehen, solle aber Orte meiden, an denen sich absehbar große Menschenmengen tummeln.

Bis Freitag sind beim RKI 2844 Fälle der Neuen Influenza gemeldet worden, 389 Fälle kamen damit gegenüber dem Vortag hinzu. Der Anstieg wurde hauptsächlich durch Reisende verursacht, die meist aus Spanien zurückkehrten. Einige wenige Fälle wurden ohne Labortests dazugerechnet, weil enge Kontakte zu erwiesenermaßen Erkrankten bestanden. Bei den allermeisten Kranken wurde der Erreger jedoch bei einem spezifischen molekularbiologischen Test gefunden. Mit fast 1000 Fällen liegt das bevölkerungsreiche Nordrhein-Westfalen an der Spitze der Statistik, in Berlin wurden bisher 92 Fälle bestätigt, mit der Zahl der Ferienrückkehrer dürfte auch diese Zahl jedoch in den nächsten Wochen deutlich ansteigen.

Maßnahmen, die das öffentliche Leben beeinträchtigen würden, werde man nur gezielt treffen, versicherte Staatssekretär Schröder. „Derzeit gibt es zum Beispiel überhaupt keine Anzeichen dafür, dass die Leichtathletik-WM abgesagt werden müsste.“ Ende September, Anfang Oktober werde dann wahrscheinlich der Impfstoff gegen den neuen Erreger zur Verfügung stehen. Zunächst wurde von der Bundesregierung Impfstoff für 25 Millionen Zweimal-Impfungen geordert. Nach einem Stufenkonzept sollen zunächst diejenigen geschützt werden, die für die Versorgung besonders wichtig oder besonders gefährdet sind. Später werde jeder auf Wunsch geimpft werden können, versicherte Schröder.

Adelheid Müller-Lissner

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