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Scientology: Maskierter Protest

Gegen Scientology gibt es jetzt eine weltweite Bewegung - sie agiert anonym, auf der Straße und im Internet.

Eine internationale Protestbewegung, die sich selbst Anonymous nennt, hat der Scientology-Kirche den virtuellen Krieg erklärt. Mit Videobotschaften und Hackerangriffen auf die Website von Scientology erregte das Bündnis unter dem Namen „Projekt Chanology“ Anfang Februar erstmals Aufsehen. Mittlerweile hat sich der Protest vom Netz auf die Straße verlagert: Mehrere tausend Menschen weltweit treffen sich regelmäßig zu friedlichen Demonstrationen. Sie wollen die Menschen vor den Scientologen warnen und auf ihre vermeintlich kriminellen Methoden aufmerksam machen.

Ursprünglich richtete sich der Protest gegen die verzweifelten Bemühungen der Scientology-Organisation, ein entlarvendes Tom-Cruise-Video mit allen Mitteln von Youtube und anderen Internetseiten zu entfernen. Das berühmte Video, das bei Youtube bereits von tausenden Internetnutzern angeklickt wurde, zeigt eine Rede des Schauspielers vor rund 5000 Glaubensgenossen. Cruise stellt dabei die Frage: „Sollen wir diesen Ort säubern?“ Die Scientologen antworten begeistert mit „Ja!“.

Anonymous reagierte mit einer bedrohlich anmutenden Videobotschaft, in der eine Roboterstimme Scientology den Krieg erklärt. Danach legten tausende Anonymous-Aktivisten die Internetseite von Scientology lahm, indem sie die Homepage gleichzeitig aufriefen. In den USA schickten Scientology-Gegner zudem seitenweise schwarze Faxe an die Zentrale der selbsternannte Kirche, um deren Farbpatronen über Maß zu strapazieren.

Von solchen teilweise illegalen Guerilla-Taktiken hat sich das Netzwerk aber inzwischen verabschiedet. „Wir haben uns weiterentwickelt und erkannt, dass man eine kriminelle Organisation nicht mit kriminellen Mitteln bekämpfen kann“, sagte ein Mitglied des Anonymous-Netzwerks im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Wie alle Aktivisten will er seinen Namen nicht nennen und unerkannt bleiben. „Die Scientologen unterwandern allmählich Politik und Gesellschaft. Wir wollen über ihre gefährlichen Machenschaften aufklären und letztlich ein Verbot der Organisation bewirken.“ In zahlreichen Internetforen und Chats organisieren die Scientology-Gegner ihren Protest. Alle Teilnehmer bleiben anonym, eine Führungsspitze gibt es nicht.

Um eine größere Öffentlichkeit zu erreichen, haben die Internet-Aktivisten ihren Protest inzwischen auf die Straße verlagert. Mitte März fanden weltweit, auch in Berlin und anderen deutschen Städten, Demonstrationen statt. Um anonym zu bleiben, trugen die meisten Demonstranten Masken oder Tücher vor dem Gesicht. „Das dient unserem Schutz“, sagte das Anonymous-Mitglied. „Scientology schickt Fotografen, um unsere Identität herauszufinden.“ In der Vergangenheit seien Bilder von Demonstranten anschließend im Internet aufgetaucht - mit Namen, Vornamen und den virtuellen Spitznamen. Scientology sei dafür berüchtigt, Gegner etwa beim Arbeitgeber oder in der Nachbarschaft zu diffamieren und im Internet an den Pranger zu stellen.

Scientology wappnet sich derweil im Internet gegen seine Gegner. Um sich vor den Angriffen zu schützen, hat die Organisation laut Bericht von sueddeutsche.de Computerspezialisten angeheuert. Und offenbar haben die Scientologen gegen Anonymous zurückgeschlagen, mit deren Mitteln: Auch die Internetforen der Aktivisten waren zeitweise lahmgelegt.

Maike Westphal

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