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Panorama: Seine Fans werden weniger

Michael Jackson wird jetzt auch Kindesentführung vorgeworfen

Santa Maria (dpa). Der juristische Druck auf Michael Jackson nimmt immer mehr zu: „Es geht um mein Leben“, schreibt der Popstar auf seiner Website, bevor er die Anklage im Gericht von Santa Maria, Kalifornien, am Freitag verlesen bekommt. In zehn Punkten werden dem 45jährigen Sänger neben Kindesmissbrauch auch versuchte Erpressung und Entführung angelastet. Jackson bestätigt mit einem leichten Kopfnicken, was sein Anwalt, Thomas Mesereau, dem Gericht auf die schwerwiegenden Vorwürfe antwortet: „nicht schuldig“.

Nach Meinung von Rechtsexperten drohen Michael Jackson bei einem Schuldspruch jetzt bis zu 29 Jahre Gefängnis. Einzelheiten über die ihm angelastete Verschwörung zur Erpressung und Entführung und die Namen der Mitverschwörer bleiben vorerst geheim. Mit der neuen Anklage wird klar, dass die Geschworenen-Jury der Mutter des Jungen Glauben schenkt, den Michael Jackson im Februar und März 2003 sexuell missbraucht und mit Alkohol gefügig gemacht haben soll. In Fernsehinterviews hatte die Frau den Star bezichtigt, den damals 13-jährigen krebskranken Jungen, seine zwei Geschwister und sie selbst auf der Neverland-Ranch festgehalten zu haben. Außerdem habe er Pässe für die Familie besorgt, um sie außer Landes zu bringen.

Staatsanwalt Tom Sneddon ließ die Mutter, den heute 14-Jährigen, seine Psychologin und andere Zeugen der Anklage Anfang April unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor den Geschworenen aussagen. Danach verfasste die Jury jene Anklageschrift, die Jacksons Vater Joe bei der Verlesung am Freitag in Santa Maria aus der Fassung bringen sollte. Auch Mutter Catherine schüttelt mehrfach den Kopf. Kameras hatte Richter Melville aus dem Saal verbannt. Der Sänger selbst gibt sich bei seiner zweiten Vorladung wie ein Musterschüler. Er ist sichtlich um Seriosität bemüht, fährt nicht nur pünktlich, sondern 15 Minuten zu früh bei Gericht vor. Statt sich wie sonst hinter einer dunklen Sonnenbrille zu verstecken, blickt Jackson jetzt brav durch ungetönte Gläser in die Kameras. Er trägt einen dunklen Anzug, einen roten Schlips und eine Binde am Arm.

Nach Bekanntwerden der zehn Anklagepunkte gibt es kaum mehr Zweifel an einem Prozess. Richter Melville strebt den Beginn im September an und beraumt bereits für den 28. Mai die nächste Anhörung an. Jacksons neuer Anwalt Mesereau, der das Mandat erst in der vergangenen Woche übernommen hatte, zieht einen späteren Zeitpunkt vor. Mesereau löste die beiden Staranwälte Mark Geragos und Benjamin Brafman ab, die dem Multimillionär Jackson wegen anderer Verpflichtungen angeblich nicht immer zur Verfügung standen.

Mit einem Seitenhieb auf seine Vorgänger sagt Mesereau, dass es ihm fern liege, durch das Verfahren selbst ins Zentrum des Medieninteresses zu rücken. „In diesem Fall geht es nur um eins, die Würde und Integrität, den Anstand, die Ehre und das Wohlergehen, die Unschuld und kompletten Freispruch eines wunderbaren Menschen namens Michael Jackson“, erklärt Mesereau nach der Anhörung am Freitag auf den Stufen des Gerichts.

Mit kaum hörbarer Stimme fügt der Sänger hinzu, wie dankbar er seinen Fans in aller Welt sei und wie sehr ihm die Menschen in Santa Maria am Herzen lägen. Sie sind es, aus deren Kreis einmal die neue Geschworenen-Jury ausgewählt wird und die letztlich über seine Zukunft entscheiden werden. Die Kleinstadt Santa Maria hatte sich nach den bizarren Szenen im Januar mit Barrikaden, Zäunen sowie Dutzenden Polizisten für den neuen Gerichtstermin von Jackson gewappnet. Doch statt erwarteter 1000 bis 2500 kommen nur zwischen 300 und 500 Fans und Schaulustige, um ihrem Idol moralischen Beistand zu leisten.

Und anders als vor drei Monaten springt der quirlige Popstar auch nicht auf das Dach seines Geländewagens, um sich bejubeln zu lassen und eine Tanz-Show abzuziehen, sondern verlässt das Gericht ruhig an der Seite der Eltern und seines Anwaltes.

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