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Panorama: Selbst ist der Fahrer

Viele Straßentunnel schneiden im ADAC-Test nur mangelhaft ab – aber es gibt Wege, sich zu schützen

Fast die Hälfte ist durchgefallen. Zum fünften Mal seit 1999 hat der ADAC stichprobenartig in elf europäischen Ländern die Straßentunnel getestet – und von 25 Röhren bekamen elf die Note „bedenklich“ oder sogar „mangelhaft“ (Ausschnitt siehe Grafik). Am schlechtesten schnitt der Sóller-Tunnel auf der Mallorca ab: Der Sóller hat nur eine Röhre ohne zusätzliche Flucht- und Rettungswege, keine Schilder, auf denen die Fluchtrichtung angegeben wird, und die Feuerwehr ist nicht für den Brandeinsatz vor Ort geschult. Die Hälfte der getesteten Tunnel hat wie der Sóller nur eine Röhre – darin liegt auch nach Ansicht der Experten das größte Risiko. Großes Lob dagegen spricht der ADAC dem Weserauentunnel zwischen Porta Westfalica und Minden aus. Mit zwei Röhren, einer videogesteuerten Verkehrsüberwachung, Pannenbuchten, Notruftelefonen und Feuerlöschern ist der Tunnel nicht nur Testsieger, sondern nah dran am Ideal, sagt Vizepräsident Günter Knopf.

Anstoß für den jährlichen Sicherheitstest war im März 1999 der Brand eines mit Mehl und Margarine beladenen belgischen Lasters im Mont-Blanc-Tunnel gewesen. Eine Zigarettenkippe hatte die Fracht in Brand gesetzt, 39 Menschen kamen damals ums Leben. Nur zwei Monate später explodierte im österreichischen Tauerntunnel ein mit Lackfarben beladener Laster, das Feuer griff auf 24 Wagen über, zwölf Menschen starben. Neben Mont-Blanc- und Tauerntunnel ist auch der Gotthard-Tunnel Synonym für grausige Unfälle – im Oktober 2001 verloren dort elf Menschen ihr Leben, auch hier waren Laster in die Tragödie verwickelt.

Alle drei Tunnel seien in den vergangenen Jahren wieder überprüft worden, ihre Sicherheitsstandards hätten sich massiv verbessert, sagt Robert Sauter, der für die Tunneltests verantwortlich ist. Den Mont-Blanc- Tunnel nennt er jetzt sogar einen „Spitzentunnel Europas“.

Es zeigt sich: In der Vergangenheit haben die Betreiber auf Sicherheitsmängel reagiert. Und auch wenn noch viele Straßentunnel nicht perfekt sind, bedeutet das nicht, dass man sich automatisch in große Gefahr begibt, wenn man einen dieser Tunnel benutzt, sagt Sauter. Denn der Autofahrer kann das Risiko sehr wohl selbst vermindern. Ganz wichtig sei es, genügend Abstand zu halten, bei einem normalen Wagen etwa 50 Meter, bei einem Laster das Doppelte, empfiehlt der ADAC-Experte. Brennt es im Tunnel – das größte Risiko für den Autofahrer –, heißt es: raus aus dem Auto und möglichst schnell weg vom Feuer hin zum nächstgelegenen Fluchtausgang. Wer dann seinen Wagen im Tunnel stehen lässt, muss unbedingt den Zündschlüssel stecken lassen, damit die Rettungskräfte das Auto im Zweifel selbst wegfahren können.

Dass das Testergebnis in diesem Jahr so schlecht ausgefallen ist, nennt Sauter „einen Zufall“. Auf europäischer Ebene bemühe man sich durchaus, die Sicherheit in den Tunneln zu verbessern. Wirklich unzufrieden ist der ADAC allerdings mit den italienischen Behörden. Sie würden die Untersuchungen seit Jahren „systematisch boykottieren“, kritisiert Günter Knopf, und das, obwohl gerade die italienischen Südrouten von vielen Urlaubern befahren werden. Nur den Tunnel Franzensfeste auf der Brennerautobahn habe man dank guter persönlicher Verbindungen zum Tunnelmanager prüfen können. Der Verdacht liege nahe, dass Italien bei einem Test schlechte Ergebnisse befürchte.

Das könnte sich in Zukunft aber ändern, denn inzwischen bereitet die Europäische Union eine Richtlinie für einheitliche Sicherheitsstandards in Tunneln vor. Auf Grund der hohen Investitionskosten, die vor allem auf Länder mit schlecht ausgerüsteten Röhrensystemen zukämen, rechnet Sauter zwar mit „Widerständen“ gegen die Richtlinie. Er hofft aber trotzdem, „dass sie in zwei bis drei Jahren in Kraft treten kann“.

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