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Die Sumoringer wollen den Kleinen nicht etwa schaden, sondern zu ihrer Gesundheit beitragen.

© picture alliance / dpa

Skurrile Weltmeisterschaften: Das ist doch zum Schreien

Wer bringt am schnellsten Babys zum Weinen? Wer hat den schönsten Po? Wer betört Regenwürmer? Eine kleine Auswahl aus der unendlichen Liste der skurrilen Weltmeisterschaften.

Ein Hundert-Meter-Sprint von 27 Frauen in orangefarbenen Tanga-Bikinis hat vor ein paar Tagen den Verkehr auf der Avenida Paulista gestoppt, der Hauptstraße von Brasiliens größter Stadt, São Paulo. Was die Frauen auf die Straßen trieb, war nicht Olympia, kein Filmdreh, keine Modenschau, kein Werbegag. Die Frauen konkurrierten um den Titel der „Miss BumBum 2016“ – die Frau mit Brasiliens schönstem Hintern.

Der BumBum-Wettbewerb findet dieses Jahr zum siebten Mal statt und ist Brasiliens beliebtester Schönheitswettbewerb: Jede der 27 Frauen repräsentiert einen der 26 brasilianischen Bundesstaaten plus einem Regierungsdistrikt, und sie alle wollen beim Finale am neunten November gewinnen. Denn: Miss BumBum wird über Nacht berühmt und verdient anschließend oft Millionen, beispielsweise mit Model-Verträgen.

Schönheitswettbewerbe – nun gut, das kennt man. Aber Hässlichkeitswettbewerbe? Wer den Gegensatz zur Miss BumBum sucht, geht am besten ins britische Egremont. Hier wird jedes Jahr die hässlichste Grimasse der Welt gesucht. Die Teilnehmer der „World Gurning Championships“ müssen ihren Kopf durch ein Pferdegeschirr stecken und „wie ein Hund knurren, wild aussehen und Grimassen schneiden entstellen“, lauten die Regeln. Make-up ist verboten – der Einsatz falscher Zähne erlaubt.

Sie mögen sonst nicht viel gemeinsam haben, aber die beiden Kämpfe um die Ernennung zum schönsten Podex der Nation und zur hässlichsten Grimasse der Welt sind Ausdruck des gleichen menschlichen Phänomens: des Spaßes am Wettbewerb. Menschen messen sich aus Spaß an der Freude, weltweit, in den unterschiedlichsten Disziplinen: Wettrennen auf High Heels, Handyweitwurf, Bart- und Schnauzerschau, Schere-Stein-Papier-Turnier, Bettrennen, Zehen-Wrestling, Luft-Gitarren- und Luft-Sex-Wettbewerb, Kirschkernweitspucken, Rasenmäher-Wettrennen, Schaufelrennen oder dem „Bienentragen“. Einem Wettbewerb in China, den die Person gewinnt, auf der das größte Gewicht lebender Bienen krabbelt. Der Weltrekord liegt bei etwa 40 Kilogramm, geschätzt 350 000 Bienen auf einmal.

Im brasilianischen São Paulo wird jährlich der schönste Po gekürt wird.
Im brasilianischen São Paulo wird jährlich der schönste Po gekürt wird.

© REUTERS

Beim japanischen Nakizumo bringen angehende Sumoringer Babys zum Weinen. Übersetzt bedeutet Nakizumo so viel wie „Weinendes-Baby-Sumo“. Die Ringer schneiden Grimassen und machen Geräusche; und wenn ein Baby wider Erwarten gar nicht weint, lacht oder einschläft, wird eine Teufelsmaske ausgepackt. Immer zwei Sumoringer mit je einem Baby treten gegeneinander an: Das Baby, das zuerst weint, gewinnt. Weinen beide gleichzeitig, gewinnt das lauteste. Nakizumo gibt es seit 400 Jahren. Es beruht auf dem Sprichwort „Weinende Babys wachsen am schnellsten“ und soll den Babys nicht etwa schaden, sondern zu ihrer Gesundheit beitragen und böse Geister vertreiben. Mit Gebrüll.

Laut ist bekanntermaßen auch Schach. Schach? Jawohl, eine bestimmte Variante von Schach, die den Denksport mit Boxen kombiniert. „Schachboxen“ entstand offiziell 2003 in Berlin. Wie der Name sagt, wird geboxt und Schach gespielt: elf Runden lang, immer abwechselnd. „Chess Boxing Berlin“ war der erste Schachboxverein der Welt, doch mittlerweile hat der Sport sich ausgebreitet: Bisher gab es zwei Weltmeisterschaften, die erste in Moskau, die zweite in Berlin. Frühere und aktuelle Titelträger kommen aus den Niederlanden, Deutschland, Russland, Weißrussland, Bulgarien und Italien.

Etwas leiser geht es im englischen Örtchen Willaston zu, wo seit 1980 einmal im Jahr die Weltmeisterschaften im Betören von Regenwürmern stattfinden: die „World Worm Charming Championships“. Teilnehmer bekommen ein Feld und eine Aufgabe: so viele Würmer aus dem Boden zu holen wie möglich. Dafür wird meist ein Metallpflock in die Erde gesteckt und mit einem Stock daran entlanggerieben. Die Vibrationen locken die Würmer an die Oberfläche – zu hunderten. 567 Würmer beträgt der aktuelle Weltrekord, aufgestellt 2009. Die gesammelten Würmer werden noch am selben Tag wieder freigelassen: im Dunkeln, damit die Vögel sie nicht fressen.

Nicht Sammeln, sondern Jagen ist das „Cooper’s Hill Cheese-Rolling and Wake“ – das Coopers-Hügel-Käserollen – in der Nähe des englischen Gloucester: Die Teilnehmer verfolgen einen knapp vier Kilogramm schweren Laib Gloucester-Käse. Er wird Coopers Hügel heruntergerollt: eine etwa 180 Meter lange Strecke mit einer Steigung von einem Meter Höhe pro zwei Metern. Der Käse bekommt eine Sekunde Vorsprung und erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 112 Kilometern pro Stunde – ihn tatsächlich einzuholen, ist also nahezu unmöglich. Gewonnen hat, wer die Ziellinie als Erstes überschreitet.

Im britischen Egremont geht es um die hässlichste Grimasse.
Im britischen Egremont geht es um die hässlichste Grimasse.

© Reuters

Und wen nach all dem Käse die Lust auf Pudding packt, sollte im September ins englische Ramsbottom fahren: Hier werfen Menschen mit Pudding auf Pudding, bei der „Black Pudding“-Wurf-WM. Immer am zweiten Sonntag im September werfen die Teilnehmer mit Black Pudding – einer Art Blutwurst – auf Yorkshire Pudding, eine Teigware ähnlich dem schwäbischen Pfitzauf. Der Black Pudding wird in Nylonstrumpfhosen gesteckt und dann benutzt, um den Stapel Yorkshire Pudding abzuwerfen, der in sechs Meter Höhe auf einem Brett liegt.

Der Legende nach wurde das Black-Pudding-Werfen 1455 erfunden: Soldaten aus Lancaster und Yorkshire hatten keine Munition mehr, um einander abzuschießen, also bewarfen sie sich mit Pudding: Lancaster warf mit Black Pudding, Yorkshire mit Yorkshire Pudding. Woher die Soldaten diese Massen an Essen hatten, ist nicht überliefert.

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