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Panorama: So könnte man fast jeden Täter fassen

Bisher diskutieren nur die Briten eine DNS-Datei für alle Männer

Der Bombenleger von Dresden hätte schon nach ein paar Tagen überführt werden können. Zumindest theoretisch. Denn er hinterließ Erbsubstanz an der Bombe. Also hätte er tatsächlich sofort ermittelt werden können – aber nur, wenn jeder Deutsche sein DNSProfil in einer nationalen DNS-Datenbank hinterlegt hätte.

Eine zentrale Datenbank für Erbinformation? Was manchem Politiker und Bürgerrechtler wie eine Superbehörde aus Orwells Roman „1984“ anmuten dürfte, wird im Mutterland der Demokratie, in Großbritannien, ernsthaft diskutiert. Das Land, das keine Ausweispflicht kennt, streitet über die Frage, ob jeder Brite einen unverwechselbaren „Schnappschuss“ seiner DNS für eine Datenbank bereitstellen sollte. Oder zumindest jeder Mann, denn 80 Prozent aller Gewaltverbrechen gehen auf das Konto von Männern. Das klinge zwar aberwitzig, aber „selbst Bürgerrechtsgruppen haben keine rationalere Alternative“, kommentierte das sonst eher linksliberale Mediziner-Fachblatt „Lancet“.

Schon heute ist Großbritannien weltweit führend. Zwei Millionen DNS-Profile sind registriert – bei insgesamt 60 Millionen Einwohnern sind also mehr als drei Prozent per DNS „gespeichert“. Die USA bringen es bei immerhin viermal so vielen Einwohnern bisher nur auf knapp anderthalb Millionen DNS-Profile, Deutschland auf lediglich eine Viertelmillion Eintragungen. Allerdings wird auch bei uns über eine Ausweitung der genetischen Fingerabdrucks diskutiert.

Die Erfolgsstatistik der Briten scheint für sich zu sprechen. 2003 werden schätzungsweise 100000 Tatortspuren mit den Informationen der Datenbank verglichen werden. Und in 40 Prozent ergibt sich eine Übereinstimmung. Jeden Monat werden auf diese Weise 15 Morde, 31 Vergewaltigungen und 770 Autodiebstähle aufgeklärt – oder zumindest ein Verdächtiger gefunden. 2002 wurden 21000 Verbrechen mit der DNS-Datenbank einem möglichen Täter zugeordnet, ein Anstieg um 132 Prozent gegenüber dem Jahr 2000. „Wir beobachten einen Rückgang der Kriminalität“, sagt Adrian Linacre, forensischer Chemiker an der Universität von Strathclyde in Glasgow. Allerdings: den Dresdner Attentäter hätten auch die Briten nicht bekommen. Noch nicht. wez

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