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Somalia: Deutsche Geiseln flehen eindringlich um Hilfe

Das vor einem Monat in Somalia entführte deutsche Seglerpaar hat verzweifelt um Hilfe gebeten. Das Magazin "Spiegel" konnte nach eigenen Angaben über einen Mittelsmann per Handy mit ihnen telefonieren.

"Wir sind von einer Gruppe verschleppt und dann im Busch versteckt worden", berichtete Jürgen K., der sich zusammen mit seiner Lebensgefährtin Sabine M. in den Händen der Geiselnehmer befindet, dem Magazin zufolge. "Wir schlafen auf der Erde und sind krank." M. wiege nur noch 44 Kilo, sie habe fast 20 Kilo verloren. Die beiden Touristen waren Ende Juni vor der Küste Somalias von ihrem Schiff entführt worden.

Sie seien dringend auf Hilfe angewiesen, sagte der Mann in dem rund 20-minütigen Telefonat, das auf Deutsch geführt und mehrfach unterbrochen wurde. "Wir brauchen Medizin gegen Darminfektionen. Wir haben Fieber und starken Durchfall, ich bin Diabetiker." Kartuschen, welche die Deutsche Botschaft ihm geschickt habe, könne er nicht verwenden, weil er keine Spritze habe. "Uns geht es immer schlechter. Und es tut sich gar nichts", sagte K.

Piraten schossen von Speedbooten

Über den Ablauf der Entführung sagte M., die Kidnapper hätten sich ihrem Segelboot mit Speedbooten genähert und dabei schon von weitem geschossen. Dann seien sie an Bord gegangen und drei Tage geblieben. Die Männer hätten nicht glauben wollen, dass die Segler kaum Geld an Bord hatten und hätten gedroht, K. zu töten. "Sie legten Jürgen ein Seil um den Hals und wollten ihn aufhängen", sagte M. Sie habe sich dann davor gestellt und gesagt, "dann sollen sie uns beide erschießen".

An Land seien sie dann über Nacht ins Hochland geschafft worden. Jetzt seien sie mitten im Busch. "Und da liegen wir jetzt", berichtete K. "Unseren Platz dürfen wir nicht verlassen, wir müssen immer nur liegen. Tagsüber ist es 47 Grad heiß, nachts wird es bitter kalt. Zu essen bekommen wir eine, manchmal zwei Scheiben Brot am Tag. Wir schlafen auf dem Boden, auf den Felsen." Ständig würden sie von 40 bis 50 Leuten bewacht. Zudem würden sie von ihren Entführern bedroht. "Gerade eben habe ich wieder eine Ohrfeige bekommen", berichtete K. "Meine Zähne sind locker von Schlägen mit dem Gewehrkolben." Die Entführer seien "eine ganz wilde Truppe. Und sie sind sich selbst nicht immer einig. Ich habe Angst, dass sie uns in die Beine schießen und dann hier liegen lassen."

Behörden befürchten Nachahmungstaten, wenn Lösegeld bezahlt wird

Die Piraten hatten nach der Entführung "Steuern" und ein Lösegeld gefordert. Die Küste vor Somalia ist wegen etlicher Piratenüberfälle berüchtigt. Die Behörden der betroffenen somalischen Region haben wiederholt Lösegeldzahlungen an die Seeräuber kritisiert. Sie befürchten, dass dadurch nur zusätzliche Anreize geschaffen werden, Schiffe zu überfallen und Ausländer zu entführen.

Erst vor knapp zwei Wochen war ein vor Somalia entführtes Frachtschiff der Lübecker Reederei Karl Lehmann nach 41 Tagen wieder freigegeben worden. Nach Informationen aus Schifffahrtskreisen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi soll ein Lösegeld in Höhe von 750.000 US-Dollar (478.000 Euro) gezahlt worden sein. Ursprünglich hätten die Piraten ein Lösegeld von mehr als einer Million Dollar für das Schiff und die 15 Besatzungsmitglieder verlangt. (peg/dpa/AFP)

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