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Naomi Campbell bei ihrer Aussage vor dem Kriegsverbrecher-Tribunals für Sierra Leone.

© dpa

Sondertribunal für Sierra Leone: Gericht hört Campbell zu Blutdiamanten

Vom Laufsteg in den Zeugenstand eines Kriegsverbrecher-Prozesses: Topmodel Naomi Campbell sagte aus, sie habe ungeschliffene Edelsteine geschenkt bekommen. Doch sie wisse nicht mit Sicherheit, ob sie wirklich Charles Taylor schickte, der "Herr der Blutdiamanten".

Kein roter Teppich, kein Blitzlichtgewitter, sondern nur ein kahler Zeugenstand: Vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal für Sierra Leone bestätigte das britische Topmodel Naomi Campbell, vor 13 Jahren in Kapstadt Diamanten geschenkt bekommen zu haben, die "angeblich" von Ex-Diktator Charles Taylor stammten. Sie selbst könne aber nicht sagen, ob die "schmutzig aussehenden Steine" im September 1997 tatsächlich von dem damaligen Präsidenten Liberias in ihr Zimmer geschickt worden waren, erklärte Campbell am Donnerstag vor dem Tribunal in Leidschendam bei Den Haag.

Beobachter werteten die Aussage der 40-jährigen Britin, die von einem enormen Medienaufgebot verfolgt wurde, als Enttäuschung für die Staatsanwaltschaft. Chefanklägerin Brenda Hollis wollte Taylor mit der Aussage Campbells der Lüge überführen. Laut Anklage wurde er mit Rohdiamanten von blutrünstigen Rebellen in Liberias Nachbarland Sierra Leone für Waffenlieferungen bezahlt.

Der in einen gestreiften dunklen Anzug gekleidete Taylor, der die Aussage des Models konzentriert und aufmerksam verfolgte, hatte stets darauf bestanden, er sei unschuldig und habe niemals Diamanten bekommen. Auf die Frage von Hollis, warum sie die zwei Boten nicht gefragt habe, wer ihr denn da mitten in der Nacht ein Geschenk schicke, sagte Campbell: "Es war spät und ich war müde." Taylor und Campbell hatten damals an einem Benefiz-Dinner mit vielen Prominenten teilgenommen, das Südafrikas damaliger Präsident Nelson Mandela ausrichtete. Erst am nächsten Morgen - beim Frühstück mit US-Schauspielerin Mia Farrow und ihrer damaligen PR-Agentin Carol White - will Campbell nachgesehen haben, was sich in dem Päckchen befand, das ihr "unbekannte schwarze Männer" in der Nacht an die Schlafzimmertür gebracht hatten.

Campbell: "Ich bin es gewöhnt, andauernd Geschenke zu bekommen."

Zur hörbaren Erheiterung der Zuschauer im Saal erklärte die in einem eng anliegenden rosafarbenen Feinstrickkostüm erschienene Campbell: "Ich bin es gewöhnt, andauernd Geschenke zu bekommen." Sie habe nicht gleich erkannt, dass es sich bei den "sehr kleinen, schmutzigen Dingern" um Diamanten gehandelt habe. "Wenn ich Diamanten sehe, dann glitzern die üblicherweise und befinden sich in einer schönen Schachtel." Farrow und White hätten ihr dann gesagt, dass es sich eindeutig um Rohdiamanten handle. "Eine von den beiden hat dann auch gesagt, die müsse Taylor geschickt haben." Sie selbst habe dies lediglich vermuten können. Campbell wies Angaben zurück, wonach sie bei dem Wohlfahrts-Dinner aus Anlass der Einweihung des südafrikanischen Luxus-Zuges "Blue Train" neben Taylor gesessen und mit ihm über Diamanten gesprochen habe. "Ich saß neben Nelson Mandela und meine Aufmerksamkeit konzentrierte sich ganz auf ihn." Das ruhig und gefasst wirkende Topmodel erklärte dem Gericht auch, warum es lange versucht hatte, die Zeugenaussage zu vermeiden und erst nach einer Vorladung unter Androhung einer Haftstrafe vor dem Tribunal erschien. "Ich habe im Internet nachgeschaut und gesehen, dass Mr. Taylor tausende Menschen getötet haben soll. Ich will nicht, dass meine Familie in irgendeiner Weise in Gefahr gerät", sagte Campbell, die derzeit mit einem russischen Millionär zusammen ist.

Die Rohdiamanten will Campbell am Morgen nach dem mysteriösen Geschenk an den damaligen Chef des südafrikanischen Kinderhilfswerks Nelson Mandela Fund, Jeremy Radcliffe, weitergegeben haben. "Ich wollte, dass bedürftige Kinder etwas davon haben, ich wollte sie auf keinen Fall behalten", gab Campbell zu Protokoll, die zu Beginn ihrer Befragung auf die Bibel geschworen hatte, "die Wahrheit und nichts als die Wahrheit" zu sagen. Zu ihrem Erstaunen habe der inzwischen pensionierte Radcliffe ihr vor einem Jahr gesagt, er sei immer noch im Besitz der Edelsteine.

Als Taylors Verteidiger Courteney Griffiths im Kreuzverhör an die Reihe kam, zögerte er nicht lange, die Aussage Campbells als in der Sache wertlos darzustellen. "Es hat ihnen also keiner der Männer in jener Nacht gesagt, dass das Geschenk von Taylor kommt?" Das Model bestätigte dies: "Ja". Der Anwalt: "Dann ist dies also pure Spekulation." Taylor ist in insgesamt elf Fällen angeklagt, direkt mitschuldig zu sein an Massenmorden, Vergewaltigungen, sexueller Versklavung, Folter, Plünderungen und der Zwangsrekrutierung von Kindern als Soldaten. "Markenzeichen" des laut Anklage maßgeblich von ihm gesteuerten Krieges in Sierra Leone waren Verstümmelungen. Die "Revolutionary United Front" (RUF) des Taylor-Kumpanen Foday Sankoh hackte Dorfbewohnern Hände, Nasen und Ohren ab.

Ihren Feldzug um die Macht in dem rohstoffreichen Land finanzierte sie mit Diamanten, die in Sklavenarbeit geschürft wurden. In dem Bürgerkrieg starben mehr als 120.000 Menschen, bevor westafrikanische Friedenstruppen das Morden 1999 beendeten. Die Opfer waren vor allem Zivilisten. Dem Angeklagten droht eine lebenslange Haftstrafe, die Staatsanwaltschaft hat allerdings bislang noch kein bestimmtes Strafmaß gefordert.

Am Montag sollen vor dem Sierra-Leone-Tribunal die Schauspielerin Mia Farrow und Campbells Ex-Agentin Carol White zu den geschenkten Diamanten vernommen werden. (dpa)

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