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Der Ku’damm ist etwas abgerockt, das Hotel 101 dagegen sauber, aufgeräumt und durchdesignt.

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Als Tourist in der eigenen Stadt: Eine Nacht im Ku’damm 101

Vergangenheit, Gegenwart, Hochkultur und Trash: Das ist der Ku'Damm und hier liegt das Hotel Ku'Damm 101. Unsere Autorin hat es besucht.

Am Ku’damm kurz vor dem S-Bahnhof Halensee ist so tiefer Berliner Westen, dass die Tagesspiegel-Werbung am Zeitungskiosk noch im Gelb der 90er Jahre leuchtet. Trattorien haben rot-weiß betuchte Tische auf das Pflaster gestellt, die Linden in den Seitenstraßen verströmen diesen Spätsommerabendgeruch, den man in Flaschen abfüllen möchte.

Ein bisschen abgerockt ist er hier, der große Boulevard. So wie der Ein-Euro-Laden direkt neben dem Ku’damm 101. Ein bisschen großspurig, wie die „Premium Cars“-Niederlassung“ gleich um die Ecke. Aber es sind auch nur ein paar Meter bis zur Schaubühne. Und schräg gegenüber dem Hotel steht eine Stele zur Erinnerung an die Opfer des „Generalplan Ost“. Berlin eben: Vergangenheit, Hochkultur und Trash auf engstem Raum.

Viel Beton und ein grüner Apfel

Das Ku’damm 101 dagegen ist sauber, aufgeräumt und in Bauhaus-Tradition durchdesignt. Viel Beton, ein wenig Holz und kühle Grau- und Blautöne, gebrochen von einem pinken Polsterstuhl oder einem grünen Apfel.

Zur Freude von Allergikern gibt es fast nirgendwo im Haus Teppich.
Zur Freude von Allergikern gibt es fast nirgendwo im Haus Teppich.

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Der Granny-Smith liegt statt Begrüßungsschokolade auf dem Schreibtisch in Zimmer 401; dort eingecheckt, ist der Himmel über Berlin schon recht nahe. Zwei der hohen Wände sind vor allem aus Glas, die Sonne strahlt auf das große, weiche Bett in der Mitte des Raumes. Der Blick geht bis zum anderen Ende des Ku’damms, wo Baukräne in die Höhe ragen. In der Leseecke liegt ein blauer Flokati, ansonsten läuft man im Zimmer wie im ganzen Haus auf dunklem Beton, was den Allergiker freut und die Gänge düster macht.

Müsli und Ei? Ja. Aber auch Köfte und feiner Käse

Aber dort soll sich der Reisende auch nicht aufhalten. Sondern zum Beispiel im weiß strahlenden Frühstückssaal mit Panoramablick über die Dächer der Stadt. Dort freut sich ein finnisches Pärchen über Milchkaffee in Einstein-Qualität, eine Familie aus Bayern kommentiert wohlwollend das Buffet, das neben Müsli-Ei-Speck-Schrippen-Standards auch Köfte, Petersiliensalat oder feinen Käse bietet. Und sportlich geht es auch: In der Lounge, wo eine Mutter die Tochter gerade beim Tischtennis zerlegt.

Aber die Stadt passiert nicht hinter der Hoteltür, also noch mal raus. Dort führt eine ältere Dame im schwarzen Cocktailkleid drei farblich abgestimmte Schnauzer aus. Im Bergl am kleinen Hofladen serviert der österreichische Kellner im Biergarten Backhendl an Melanzani-Gemüse. Am Nachbartisch argumentieren zwei, warum die AfD „eigentlich nicht unrecht hat“. Auch das ist Berlin. Ebenso wie der röhrende Lamborghini spät nachts auf der verlassenen Kreuzung. Durch die schallisolierten Fensterscheiben dringt aber nur ein gedämpftes Grummeln.

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