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Kagu.

© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (11): Der Kagu

Blaugraues Gefieder, etwas mehr als 50 Zentimeter groß, vorsichtiges Heranschreiten – eigentlich scheint der Kagu perfekt an seine Umgebung angepasst.

Er lebt in den Urwäldern Neukaledoniens, bis zu einer Höhe von 1100 Metern wird er gesichtet, und gilt als scheu. Doch weil er sich über Jahrhunderte an ein Leben am Boden angepasst und „nur ein rudimentäres Flugverhalten hat“, wie Zoo-Biologe Benjamin Ibler sagt, deshalb hat der wie ein kleinwüchsiger Kranich aussehende Vogel die Ankunft der Europäer 1774 auf seiner Insel bis heute nicht verkraftet.

Die Geschichte erinnert an den auf Mauritius ausgestorbenen Dodo – einen flugunfähigen truthahngroßen Vogel, der keine natürlichen Feinde hatte, bis der Mensch kam. Verwilderte Hunde, vagabundierende Schweine, jagende Menschen setzten auch dem Kagu derart zu, dass der Bestand auf knapp 850 Exemplare in freier Wildbahn zurückging.

Im Berliner Zoo ist man stolz, ein Paar der seltenen Vögel zu halten. Sie sind seit 2006 in der Fasanerie zu sehen. Am Ausgang, der sich zum Gehege der Afrikanischen Wildhunde öffnet, haben sie eine Anlage mit Außen- und Innenvoliere bezogen – eine beinahe 90 Quadratmeter große Simulation der südpazifischen Umwelt.

Innen bilden Ficus-Arten, Bambus und Strelitzien einen dichten Urwald, draußen fließt ein kleiner Wasserfall durch eine sanft begrünte und schattige Anlage. Aus früheren Versuchen, den Kagu zu halten, weiß man, dass der Vogel keine direkte Sonneneinstrahlung verträgt.

Viel weiß die Forschung sonst nicht über den Vogel zu berichten. Man vermutet, dass er zu einer ausgestorbenen Ordnung gehört, den sogenannten Rhynochetidae, reiherartigen Vögeln, oder klassifiziert ihn als Reiherkranich.

Es gibt offenbar mehr Männchen als Weibchen, was der Wissenschaft Rätsel aufgibt. Die Bestimmung, ob es sich nun um eine Henne oder einen Hahn handelt, können selbst Zoos kaum leisten. „So eine Untersuchung ist nicht trivial“, sagt Zoo-Biologe Benjamin Ibler. „Im Grunde ist sie ohne eine Tötung nicht möglich.“

Die Wissenschaftler werten also das Verhalten aus. In der Balzzeit, die meist im Spätsommer stattfindet, stellt das Männchen seinen Schopfkragen auf. Die monogamen Paare stimmen am Morgen ein Duett an. „Ein dreisilbiger Ruf, der etwa sechs- bis achtmal hintereinander wiederholt wird“, hat ein deutscher Biologe 1943 festgehalten. Dieser Gesang hat ihnen den zweisilbigen Namen eingebracht, „er ist lautmalerisch“, so Benjamin Ibler.

Zu Zuchterfolgen ist es im Berliner Zoo noch nicht gekommen. An der Nahrung liegt es nicht. Sie ist mit Mehlwürmern, Rinderherzstreifen und Schnecken einfach zu gestalten. Bereits in den 60er Jahren wurden die Vögel gehalten, es kam zu mehreren Eiablagen. Vorsorglich wurden einige in den Brüter gelegt, doch kein Nachwuchs stellte sich ein. Die Eier waren unbefruchtet, die Küken starben vor dem Schlüpfen im Ei, oder, in einem besonders tragischen Fall, verendeten nach ein paar Tagen, als es einen Stromausfall gab und der Brüter nicht mehr heizte.

Nur im Vogelpark Walsrode glückt in Europa seit Jahren die Aufzucht. Von dort stammt auch das Berliner Paar.Ulf Lippitz

KAGU IM ZOO

Lebenserwartung:  30 Jahre

Besonderheit:  Nur drei Zoos in Europa halten Kagus.

Interessanter Nachbar: Streifenkiwi

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