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Traumhaftes Bild. In Europa wurden Chileflamingos erstmals in den frühen 90er Jahren in Holland gesichtet.

© Daniel Reinhardt/dpa

Berliner Schnauzen im Tierpark: Wie man die Chileflamingos retten könnte

Dem Fuchs dürfte es egal sein, dass er ein Verbrechen am ausgeklügeltsten Schnabelsystem der Vogelwelt begeht. Zwölf Leichen pflastern seinen Weg. Was tun?

Letztendlich geht es im Leben doch nur ums Fressen und Vermehren. Der Mensch hat sich im Laufe der Geschichte für beide Verrichtungen zwar ein paar Schmankerl eingebaut, der Flamingo aber nicht. Gleichwohl ist er ein ungemein filigranes und elegantes Wesen im mehr oder weniger roten Gewande. Alles zusammengenommen, weckt der Flamingo und die Flamingin oder Flaminga – keine Ahnung ... – Begehrlichkeiten. 32 Chileflamingos, man ahnt, welcher Provenienz sie ursprünglich sind, leben derzeit im Tierpark (neben 70 Kubaflamingos). Und geben ein traumhaftes Bild ab: Rosaroter Farbklecks auf grüner Wiese unter blauem Himmel.

Allein, der Fuchs in seinem Begehr hat kein Auge für die Schönheit der Natur. Zwölfmal überfiel er im vergangenen Jahr des Nachts die rote Kolonie, zwölf Leichen pflastern seinen Weg. Hilflos ist Dr. Martin Kaiser, der Kurator für Vögel. Früher, erzählt er, habe es noch eine Erlaubnis gegeben, die Räuber zu jagen. Und nur der Wassergraben um die Brut- und Lebensinsel herum reicht nicht aus. „Der Fuchs läuft einfach durchs Wasser.“ Obwohl er eigentlich eher wasserscheu ist, kommt auch bei ihm erst das Fressen, dann die Moral. Man hat in der Verzweiflung einen Elektrozaun um Flamingos Heimat gezogen. Aber der Fuchs – nicht umsonst spricht man vom schlauen Fuchs – hüpft einfach drüber, plumpst ins Wasser, watet hindurch und stürzt sich ins Gemetzel.

Der Schnabel der Flamingos ist einzigartig in der Vogelwelt

Ach, der Chileflamingo hat es wirklich nicht leicht. In Europa wurde er erstmals in den frühen 90er Jahren in Holland gesichtet. Er galt als Gefangenschaftsflüchtling, wohl, weil es auch für Flamingos nicht so leicht ist, von Chile aus nach Europa zu kommen. Zwar sind Flamingos in der Lage weit, weit weg zu fliegen, aber von Chile nach Holland? Und warum? Am IJsselmeer müsste das Wetter auch nicht besser sein als in den Hochanden, wo die Flaminga gemeinhin brütet.

Dem frevelhaften Fuchs dürfte es ansonsten egal sein, dass er dabei ein Verbrechen am Tier und dem wohl ausgeklügeltsten Schnabelsystem der Vogelwelt begeht. Flamingos verfügen im Gegensatz zu den Löffelschnablern über einen Oberschnabel. Mit dem schaufeln sie das Wasser von oben auf – bitte, liebe Kinder, beim Suppefassen nicht nachmachen! – saugen es ein, pressen es durch ein lamellenartiges Filtersystem im Schnabel wieder aus – und zurück bleibt Flamingos Lebenselixier, das Plankton und mit Carotinen durchsetzte Nahrungspartikel.

Ihre Flügel sind gestutzt, das bringt Tierschützer auf

Fliegend vor dem Fuchs fliehen, das können die Tierpark-Flamingos nicht, ihre Flügel sind gestutzt. Was energische Tierschützer aufbringt, aber damit die uralte Diskussion zwischen artgerechter Zoohaltung und Freiheitsberaubung keinen Flügelschlag weiter bringt. Es gibt inzwischen ein Flugunfähigkeitsverbot, Jungvögel dürfen nicht mehr gestutzt werden.

Drei Dilemmas auf einmal in der Kolonie der Eleganz und Schönheit: kein Halali für die Fuchsjagd, Vögel, die nicht fliegen können, Jungtiere, die zwar fliegen, aber deshalb nicht im Tierpark bleiben können. Über kurz oder lang dürfte diese Flamingogesellschaft ein demografisches Problem bekommen. Ob eine Voliere Abhilfe schafft? Die Vögel könnten fliegen, ohne abzuhauen. Und der Fuchs würde sich draußen am Volierenzaun die Nase platt drücken.

CHILEFLAMINGO IM TIERPARK

Lebenserwartung: 40 bis 50 Jahre

Feinde: Fuchs, Fuchs, Fuchs, Habicht

Interessanter Nachbar: Trampeltier

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