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Der lange Schwanz und das dicke Fell halten ihn im Himalaya warm: den Schneeleoparden.

© Kovalenko/dpa-picture alliance

Berliner Schnauzen: Schneeleoparden mit Empty-Nest-Syndrom

Sie sind die unsichtbaren Gebirgsbewohner: Schneeleoparden. Eigentlich Einzelgänger, aber im Berliner Tierpark wohnt ein leidenschaftliches Liebespaar.

Von Ronja Ringelstein

Wenn die Kinder erst aus dem Haus sind, haben die Eltern endlich Zeit für sich. Maya und Bataar aber hatten offenbar einen Anflug von Empty-Nest-Syndrom. Die beiden Schneeleoparden liegen an diesem kalten Maitag gemütlich zusammengerollt auf den Felsen ihres Geheges.

Eigentlich sind Schneeleoparden Einzelgänger, kommen nur in der Paarungszeit zwischen Januar und März zusammen. Keine andere Großkatze hat einen so engen Terminkalender für die Liebe. Die beiden im Berliner Tierpark aber sind ein Pärchen. „Zusammengestellt“ im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms, wie Tierpark-Kurator Christian Kern erklärt, ein Projekt gegen das Aussterben der Tiere. Bataar, der Kater, kommt aus Großbritannien, Katze Maya aus Tschechien. Sie kennen sich seit 2012, da waren sie ein Jahr alt.

Maya war dieses Frühjahr wieder rollig

Nach zwei Jahren Zweisamkeit wurden die Kinder geboren, zwei Mädchen, die Maya liebevoll großzog – bemerkenswert unter Großkatzen. Manchmal kommt nach dem ersten Wurf der Babyblues, und die Mutter findet nicht so recht eine Bindung zu ihren Babys. Die ersten acht bis zwölf Wochen bleiben Jungtiere in der Mutterstube, Schneeleoparden sind Nesthocker. Zwei Jahre brachten die Mädchen Leben ins Haus, letztes Jahr sind sie dann in die USA gereist.

Maya und Bataar geht es also so wie vielen Eltern, deren Kinder in Übersee sind, sie fühlen sich etwas einsam. Biologisch ausgedrückt heißt das: Erst wenn die Jungtiere aus dem Nest sind, kann das Weibchen wieder „aufnehmen“, erst dann wird es wieder rollig.

Maya drehte und wendete sich in diesem Frühjahr lasziv vor ihrem Mann, um ihm zu gefallen. Hat funktioniert. Im Juni müssten die Kleinen kommen, eine Schneeleopardin trägt etwa drei Monate. Mayas dickes Fell versteckt das Bäuchlein allerdings sehr gut.

Schneeleoparden sind nahezu unsichtbare Gebirgsbewohner

Maya und Bataar strahlen Ruhe aus, wie sie da auf ihrem Felsen liegen. Das ist typisch für ihre Art. „Sie sind selten aggressiv und haben nicht das Feuer wie tropische Leoparden“, sagt Kern. Verwandt sind sie mit Leoparden auch nur dem Namen nach. Was sie aber besonders von ihren Namensvettern unterscheidet: Schneeleoparden sind nahezu unsichtbare Gebirgsbewohner, kommen in Regionen bis 5800 Meter Höhe vor.  Die Grundfärbung ist ein helles Gelb, die Fleckung ist verwaschen. Das gibt ihnen eine perfekte Tarnung in den Geröllhalden ihrer natürlichen Umgebung, etwa im Pamir oder im Himalaya. Sie lauern ihren Opfern in Verstecken zwischen den Steinen auf. In dieser Region stehen sie am oberen Ende der Nahrungskette, aber um sich anzupirschen, müssen sie lauern. „Wenn Sie in dieser Umgebung 50 Meter von einem Schneeleoparden entfernt stehen würden, Sie würden ihn nicht sehen“, sagt Kern.

An extrem kaltes Klima sind sie angepasst, ihr Fell ist isoliert und dick, ihr langer Schwanz wie eine Pelzrolle. Maya wickelt ihn um sich herum, legt Kopf und Pfoten darauf ab. Wenn es in Berlin schneit, findet man sie und Bataar in ihre Schwänze eingekuschelt draußen auf ihrem Felsen, während alle anderen Großkatzen lieber im Warmen bleiben. Im kommenden Winter wird es, mit etwas Glück, wieder kleine Tatzenspuren im Schnee geben.

SCHNEELEOPARD IM TIERPARK

Lebenserwartung:  In Gefangenschaft etwa 18 Jahre, in Freiheit 15 Jahre

Interessanter Nachbar: Himalaya-Geier

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