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Baumbewohner. In der Wildnis leben Schwarze Brüllaffen in Gruppen. Das Fell der Weibchen ist karamellfarben.

© imago/imagebroker

Berliner Schnauzen: Schwarzer Brüllaffe: Eine Frau muss sich nicht binden

Eigentlich hat Salina alles, was eine Primatenlady sich wünscht. Doch manchmal wird sie melancholisch und brüllt. Was ist denn nur mit ihr los?

Salina führt ein freies Leben. Ihr Status: Single, und sie ist glücklich damit. Ihrer Ansicht nach muss eine Frau sich nicht binden, schließlich leben wir in einer emanzipierten Gesellschaft.

Salina ist ein Schwarzer Brüllaffe. Einen schwarzen Pelz trägt sie jedoch nicht, sondern kleidet sich geschmackvoll karamellfarben. Sie hält etwas auf ihr Äußeres. Im Berliner Zoo ist sie die Einzige ihrer Art. In Gefangenschaft geboren, hat sie von der Welt nie etwas gesehen. Ihre Eltern sind vor zwei Jahren gestorben – zum Glück, bevor ihr Vater Alano versuchen konnte, sie zu begatten. Inzucht sei bei Neuweltaffen nicht ausgeschlossen, sagt Kurator Heiner Klös.

Seitdem ist es angenehm ruhig im Käfig. In ihrem kleinen Universum hat sie alles, was eine Primatenlady sich wünscht. Zwei große Leitern zum Herumklettern und Gymnastik treiben. Eine Hängematte direkt unter dem Dach, die sie zu jeder Uhrzeit belegen kann, um sich ausgiebig zu sonnen. Und den Ruhebereich, in den sie sich vor den Blicken der Zoobesucher zurückzieht. Niemand schnarcht, und niemand macht ihr den besten Schlafplatz streitig.

Ihre Vorfahren haben das Brüllen erfunden

Auch ihre Mahlzeiten kann sie verzehren, wann sie will, ohne bei Tisch auf jemanden warten zu müssen. Die Gerichte aus gemischtem Gemüse, frischem Obst, Ei, Huhn und knusprigen Insekten, muss sie mit niemandem teilen. Oft knabbert sie noch am Abend an einem saftigen Zweig, den sie sich aufgehoben hat.

Ja, Salina führt wahrhaftig ein freies Leben. Nur manchmal, da macht sie den Eindruck, als käme ihr der Käfig öde vor. Aus den Nachbarkäfigen hört sie Affen lachen und streiten. Sie scheint in eine tiefe Melancholie einzutauchen. Dann brüllt sie, wie um die Traurigkeit abzuschütteln. Aber ihr Brüllen hallt ungehört von der Glasscheibe wieder, und wird leiser, immer zaghafter, bis es ganz versiegt. Sie blickt den vorbeigehenden Menschen nach. Viele Pärchen sind da, die Händchen halten und eng beieinander laufen.

In der Wildnis würde Salina in einer Gruppe von fünf bis acht anderen Affen leben. Ihre Vorfahren haben das Brüllen erfunden, weil Hören im südamerikanischen Dschungel deutlich mehr nützt als Sehen und Riechen. Es muss ein erhebendes Gefühl sein, wenn die Gruppe morgens ihre Stimme erklingen lässt, damit noch jeder Tausendfüßler im Umkreis von Kilometern weiß: Das hier ist unser Revier. Ein Gefühl von Verbundenheit.

Nachts träumt sie von einem Tenor

Man könnte denken, Salina hätte den Kurator belauscht. Ihre Art sei nicht gefährdet, sagt der, die Population müsse nicht künstlich gesichert werden. Der Zoo ist sich nicht sicher, ob er weiter Brüllaffen führen will. Hoffnungen auf einen Mitbewohner kann sie sich nicht machen.

Die Vertreter der Art besitzen einige bemerkenswerte Eigenschaften. Anders als andere Affen können sie alle trichromatisch sehen, nehmen die Farben also wie wir Menschen wahr. Weiter haben britische Wissenschaftler in einer Studie von 2015 festgestellt, dass die Stimme eines Brüllaffen umso tiefer ist, je kleiner seine Hoden sind.

Nachts träumt Salina also wahrscheinlich von einem Tenor. Bleibt zu hoffen, dass ihre Oper ein gutes Ende hat.

Brüllaffe im Zoo

Lebenserwartung:  20 Jahre

Fütterungszeiten:  12, 14 und 16 Uhr. Salina brüllt, wenn ihr Gehege zwischen 10 und 12 Uhr mit einem Schlauch gereinigt wird.

Interessante Nachbarn: Weißkopf-Maki, Eulenkopfmeerkatze, Ceylon-Hutaffe

Yann Schmidt

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