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Wer klappert denn da? Das gemeinsame Schnabelklappern der Weißstörche dient der Paarbildung.

© imago/Blickwinkel

Berliner Schnauzen: Wie der Storch zu seinem Ruf kam

Der Legende nach holt der Weißstorch das Kind aus dem Brunnen und zwickt der Mutter mit dem Schnabel ins Bein. Aber warum?

Kommt ein junges Paar aus Amerika zum Storch und fragt: Hast du ein Baby? Kann man sich gar nicht ausdenken, derart klischeehaft klingt das, ist aber genau so passiert. Vor der Freiflugvoliere im Zoo, gegenüber dem Menschenaffenhaus, standen diese beiden Dickvermummten und schauten Adebar erwartungsvoll an. Der hatte Besseres zu tun. Er erblickte seinen Kompagnon, der vornehm näher schritt, legte den Kopf in den Nacken und klapperte mit dem Schnabel drauf los.

Der Klapperstorch, daher der Name. Die Botschaft hinter dem Stakkato: Komm zu mir! „Es dient zur Paarbildung“, sagt Tobias Rahde, der zuständige Vogelkurator im Zoo. Beide Tiere versichern sich auf diese Weise ihrer einzigartigen Verbindung – ihrer lebenslangen Monogamie.

"Der Storch hat die Mutter ins Bein gebissen"

Was hat nun dieses Geräusch, das sich anhört, als würde man mit zwei hohlen Hölzern aufeinanderklopfen, mit Kinderkriegen zu tun? Der Legende nach holt der Storch das Kind aus dem Brunnen, zwickt der Mutter mit dem Schnabel ins Bein, damit diese sich ins Bett lege – wo der Vogel dann das Kind hineinschmuggelt. Kann sich kein Disneyfilm ausdenken. Ob die Frau aus Amerika sich gewünscht hat, der Storch möge sie jetzt ordentlich in die Beine kneifen?

Im 19. Jahrhundert kündigten Menschen so jedenfalls bevorstehende Geburten an: „Der Storch hat die Mutter ins Bein gebissen.“ Ein Euphemismus, der immerhin die Schmerzen der Geburt aufgriff, doch galant alle blutigen Details verschwieg. Der Satz spielt auch auf die mythologische Vorstellung an, nach der Kinder aus dem Bein kamen – sogar bei Männern. Die Griechen glaubten, Zeus habe Dionysos zur Welt gebracht, nachdem dieser drei Monate im Oberschenkel des Papas eingenäht war.

Im Zoo bleibt der Nachwuchs aus

Die Störche hingegen mögen es konventionell. Sie legen Eier. Bei den zwei Exemplaren in der Zoovoliere hat sich trotzdem noch nie Nachwuchs eingestellt. „Die Weißstörche haben in den letzten Jahren nur unbefruchtete Eier hinterlassen“, sagt Rahde. Hoffnung, dass sich das in Zukunft ändert, hat er nicht. Dafür sind die Vögel schon zu alt. Das Männchen kam 1988 im Bochumer Zoo zur Welt, das Weibchen ist eine Aufzucht aus Berlin und schlüpfte elf Jahre später.

Das Paar schreitet zum Teich in der Voliere, die Pfeifgänse treten beiseite und stoßen einen Laut aus, der sich anhört, als würde ein Asthmakranker auf der Blockflöte spielen. Die Störche schauen konzentriert auf die Wasseroberfläche. Bewegt sich da ein Frosch? Ihre fleischroten Beine zittern. Könnte an der Temperatur oder am inneren Impuls liegen, bei diesem Wetter sofort nach Afrika loszufliegen. Frei lebende Störche machen sich spätestens im September auf den Weg. „Allerdings ist dieses Zugverhalten nicht ihrem Bedürfnis nach Wärme geschuldet“, stellt Tobias Rahde klar, „sondern der Nahrungsknappheit in den nördlichen Brutgebieten.“ Da es im Zoo zwei Mal am Tag Futter gibt, fehlt bei den Stelzvögeln dieser Drang.

Zu seinem Ruf der tierischen Hebamme kam der Weißstorch, weil er sich oft in der Nähe von Gewässern aufhält. Wasser bedeutet ihm Nahrung wie Insekten und Fröschen, für den Menschen ist es Quelle allen Lebens.

Weißstorch im Zoo

Lebenserwartung:  etwa 35 Jahre

Interessanter Nachbar: Orang-Utan, Krauskopfpelikan, Abdimstorch

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