zum Hauptinhalt

Den Garten bewässern: Plastik-Sprengstoff

Im heißen Sommer haben nicht nur Gärtner reichlich Durst –  ihre Pflanzen auch. Wasser marsch! Was man zum Thema Gießen wissen sollte.

Von Andreas Austilat

Erinnert sich noch jemand an „Magnum“? In der Rolle des TV-Privatdetektivs wurde Tom Selleck als Schauspieler in den 80er Jahren bekannt. Jetzt wurde er selbst kriminell, überführt von – ausgerechnet – einem Privatdetektiv. Zum Verhängnis wurde Selleck die Liebe zu seinem Garten. Der mit 24 Hektar allerdings halb so groß ist wie Berlins Botanischer Garten und eigentlich mehr eine Farm. Tom Selleck baut Avocados an.

Sein Anwesen liegt nördlich von Los Angeles. Die Region macht mittlerweile im dritten Jahr hintereinander eine extreme Dürre durch. Die Kalifornier müssen ihren Wasserverbrauch um 25 Prozent drücken. Schon wurden Stars wie Sean Penn oder Oprah Winfrey im Internet an den Pranger gestellt. Neider luden Fotos von ihren gefüllten Pools oder ihrem fettgrünen Rasen hoch.

Tom Selleck kaufte sich einen Tankwagen und ließ ihn an öffentlichen Hydranten füllen. Jetzt soll er Strafe zahlen – und die 20 000 Dollar für den Detektiv.

Die Nachricht muss einen nachdenklich stimmen. Allein, weil Berlin auch immer trockener wird. Der Mai war mit 16 Litern Regen pro Quadratmeter einer der trockensten Mai-Monate überhaupt. Ungefähr 20 Liter pro Quadratmeter in der Woche braucht ein Rasen, um grün zu bleiben.

Nie würde ich mir einen Tankwagen zulegen. Wozu auch? Berlin hat nicht zu wenig Wasser, versichert Stephan Natz, Pressesprecher der hiesigen Wasserwerke. Dürre hin oder her, es gibt hier genügend Keller, die leiden eher unter zu viel Wasser. Der Grundwasserspiegel ist in den vergangenen 20 Jahren gestiegen, weil immer weniger Wasser verbraucht wird. Industrie, die früher zu den Großabnehmern gehörte, ist verschwunden, in den Haushalten wirtschaften Geschirrspüler und Waschmaschinen immer sparsamer. Nun steht es hier und da im Keller, dem Rasen hilft das nicht.

Mache ich mich der Verschwendung schuldig, wenn ich mitten in der Dürre den Hahn aufdrehe? Nein, sagt Stephan Natz: „Sie machen die Sahelzone nicht grün, wenn Sie in Berlin Wasser sparen.“ Weil es sich bei Wasser nun einmal um eine sehr lokale Ressource handelt. Viel bedenklicher ist dagegen, sich für vier Euro ein T-Shirt zu kaufen, dessen Baumwolle auf künstlich bewässerten Feldern wächst. Nicht zuletzt ausgedehnte Baumwollfelder haben in Zentralasien den einst riesigen Aralsee schrumpfen lassen.

Die Berliner Härte kommt aus dem Hahn

Gegen Wasser aus dem Hahn spricht in Berlin eigentlich nur, dass es kostet. Und die Berliner Härte. Das Wasser hier hat einen hohen Kalkgehalt. Gesche Hohlstein, Pressesprecherin des Botanischen Gartens, wo sich echte Profis um das Thema Bewässerung kümmern, sagt: „Stadtwasser hebt auf Dauer den pH-Wert im Boden an, etliche Pflanzen vertragen das, Moorbeetpflanzen nicht.“ Rhododendren zum Beispiel, oder Heidelbeeren. Weshalb ambitionierte Gärtner auf Regenwasser setzen. Das ist weicher, es muss nur irgendwie aufgefangen und gelagert werden.

Zeit für einen Exkurs: Bevor man sich Gedanken macht, ob denn da zu viel Mineralien aufs Beet gelangen, empfiehlt sich die Frage, was noch so alles aus dem Schlauch kommt.

Ich bin zum Beispiel ein großer Anhänger des flexiblen Schlauchs, auch Schrumpelschlauch genannt. Der dehnt sich erst unter Wasserdruck zu seiner wahren, dann dreifachen Länge aus. Dabei ist er sehr leicht, verdreht sich nie, knickt nicht. Leer sieht er aus, als wäre er aus Krepppapier, wenn er sich zu seiner vollen Größe aufpumpt, liefert er eine gute Show. Weshalb der Schrumpelschlauch im Moment der Star im Baumarkt ist. Die Nachteile: Bei Discounterangeboten sollen oft die Anschlüsse nicht dicht halten, sogar ausreißen. Ist mir noch nicht passiert. Gravierender vielleicht die Frage: Was macht den Schlauch so flexibel? Darüber gibt es offenbar keine überprüfbaren Erkenntnisse, aber einen Verdacht.

Alle PVC-Schläuche fielen durch die Schadstoffprüfung

Als sich die Zeitschrift „Ökotest“ vor zehn Jahren Gartenschläuche vornahm, fielen alle PVC-Schläuche durch die Schadstoffprüfung, sie enthielten zu viele Weichmacher. Im Juniheft dieses Jahres folgte ein neuer Test, Ergebnis: Vier Schläuche erreichten befriedigend, einer ausreichend, alle anderen waren wieder schadstoffbelastet, auch die PVC-freien Gummischläuche, die zwar ohne Weichmacher auskamen, dafür aber polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthielten. Die gelten auch als gesundheitsschädlich. Und was die Handhabung anging: Selbst teure Modelle neigten zur Schlaufenbildung. Wird die Schlaufe zum Knick, versiegt der Strahl vollends.

Fazit: Kaufen Sie sich einen Schlauchwagen, damit kriegt man das Schlaufenproblem leidlich in den Begriff. Trinken Sie auf keinen Fall Wasser aus dem Schlauch, vor allem dann nicht, wenn die Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist. Weichmacher stehen im Verdacht, die Fortpflanzung zu gefährden. Beregnen Sie erst Blumen und Rasen, bevor Obst und Gemüse drankommen.

Zurück zur Frage, wie das Wasser in den Schlauch kommt. Einfachste, möglicherweise teure und kalkhaltige Lösung: den Hahn aufdrehen. Sparpotenzial gibt es. Die Wasserbetriebe räumen die Möglichkeit ein, am Gartenwasserhahn einen Extra-Zähler installieren zu lassen. Wasser, das im Garten versickert, wird nicht als Abwasser berechnet, macht 2,30 Euro pro Kubikmeter. Da die Installation um die 80 Euro kostet, der Zähler nach sechs Jahren neu geeicht werden muss, lohnt sich die Investition nicht für ein paar Kübelpflanzen auf der Terrasse.

Wie viel mehr ließe sich sparen, wenn man seinen eigenen Brunnen bohrt. Das Vorhaben muss bei der Wasserbehörde in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt angemeldet werden, die prüft, ob eine Genehmigung erforderlich ist. Eine solche braucht auf jeden Fall, wer tiefer als 15 Meter bohrt. Steht das Wasser schon im Keller, sind die Chancen groß, dass man keine braucht. Die Behörde berät einen ansonsten auch, mit welcher Tiefe man rechnen muss.

Heimlich bohren ist verboten

Heimlich tiefer als 15 Meter zu bohren empfiehlt sich nicht. Das ist verboten, ebenso die Verbindung des eigenen Brunnenwassers mit dem Trinkwassernetz im Haus. Verstöße können mit bis zu sechs Jahren Gefängnis bestraft werden. Früher wurden Brunnenvergifter gehenkt.

Bevor man alle Genehmigungen einholt, gar einen Brunnenbohrer beauftragt, möge man sich die Sache noch einmal gut überlegen. Die Musterrechnung eines Brunnenbauers aus dem Berliner Umland kommt bei einer Bohrtiefe von 25 Metern auf Kosten in Höhe von etwa 2300 Euro. Bei einem gegenwärtigen Trinkwasserpreis von 1,69 Euro für den Kubikmeter erhält man dafür 1656 Kubikmeter oder 1 656 000 Liter Wasser.

Im Botanischen Garten lohnt sich so ein Brunnen. Und natürlich fördern sie dort auch eigenes Wasser. Das wird aber vor der Benutzung extra aufbereitet, weil der hohe Eisengehalt etwa die Stämme der Buchen früher rostrot verfärbt hat, was man immer noch sieht.

Wir haben zu Hause keine Buchen, trotzdem scheint mir das Brunnenbohren kein sonderlich attraktives Projekt zu sein. 1,656 Millionen Liter, damit kann man 82 800 Quadratmeter Rasen eine komplett regenlose Woche lang wässern.

Bliebe das Projekt Regentonne oder gar eine eigene Zisterne. Im Mai wäre sie allerdings sehr schnell leer gewesen, ohne sie so bald wieder voll zu kriegen. Es kam ja nichts von oben nach. Nein, auch das Sammeln von Regenwasser macht einen noch nicht autark, ist aber gut für die Pflanzen.

Entscheidend ist das richtige Sprengen

Doch ganz egal, woher man sein Wasser nun bekommt, entscheidend ist das richtige Sprengen. „Wenn Sie gießen“, sagt Gesche Hohlstein, „dann gießen Sie ordentlich. Nichts ist schlimmer, als oberflächlich ein bisschen rumzusprengen.“ Pflanzen, die immer nur Oberflächenwasser bekommen, prägen nicht die richtigen Wurzeln aus. Und wenn man dann einen Tag auslässt, nehmen sie unter Umständen gleich Schaden. Richtig wässern heißt, der Boden muss noch in fünf bis besser zehn Zentimetern Tiefe feucht sein, dann hält er auch einer Woche Trockenheit stand. Notfalls mal ein Loch graben und reinfassen. Die Erde sollte schwarz, kühl und feucht sein. Außerdem hilft es, wenn der Boden mit Kompost gesättigt und dicht bepflanzt ist. Nackte Erde dörrt viel schneller aus.

Wer übrigens wegen urlaubsbedingter Abwesenheit auf automatische Sprinkleranlagen setzt, die sind nur sinnvoll, wenn ein Sensor vorgeschaltet ist, der die Bodenfeuchte prüft. Nichts aber geht über die Expertise des Gärtners, der zum richtigen Zeitpunkt richtig wässert, das heißt im Wurzelbereich und nicht von oben, wie es die Sprinkleranlage tut. Gesche Hohlsteins Tipp: im dürren Sommer gar nicht in den Urlaub fahren oder den Nachbarn fragen.

Und wann wässert man den Boden am besten? Nicht in der Mittagszeit. Selbst wenn die Pflanzen dann ihre Blätter hängen lassen, ist das nicht unbedingt ein Zeichen von Siechtum, sondern wahrscheinlich einfach nur eine Energiesparmaßnahme. Lieber am Abend oder am frühen Morgen. Wobei der frühe Morgen dem Abend vorzuziehen ist. Und zwar aus strategischen Gründen. Am späten Abend werden nämlich die Schnecken aktiv. Und die kommen auf feuchten Böden viel weiter als auf trockenen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false