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Alles da. Die Zimmer im Pfefferbett sind funktional eingerichtet.

© promo/pfefferbett.de

Hotelkolumne: In fremden Federn: Einmal wieder 20 sein

Als Tourist in der eigenen Stadt: Im Hostel Pfefferbett in Prenzlauer Berg darf man sich noch mal jung und frei fühlen.

Noch mal 20 sein. Welt groß, Sorgen klein. Jung, wild, frei. Wo ginge das besser als im Hostel? Natürlich, diese Idee hat man im Kopf, als man das Pfefferbett auf dem Pfefferberg in Prenzlauer Berg betritt.

Innerlich bereitet man sich vor auf stinkende Socken und eine harte Matratze. Aber wen interessieren Käsefüße, wenn man sich dafür noch mal fühlen darf, als wäre alles möglich?

Von außen sieht das Pfefferbett aus wie ein verwunschenes Traumschloss. Dunkelroter Efeu rankt an hellrotem Klinker, im Innenhof segeln orangefarbene Blätter vom Baum, oben hängen ein Dutzend Lampions und dimmen die Welt wohlig-warm.

Drinnen herrscht Funktionalität. Der Empfangstresen ist magnetisch, Hinweisschilder haften daran. „See you at breakfast, 7 to 11.“

Zwei 20-Jährige verabschieden sich gerade. Der Flieger geht nach Köln, das verlängerte Wochenende ist vorbei. Augenringe, in der Hand ein Ausweis des ungetrübten Glücks: Kartoffelchips mit Barbecue-Geschmack. Ob man den Rest haben wolle?

Einer schnarcht, einer hat Käsefüße

Im Sechser-Zimmer ein 20-jähriger Brasilianer. Er hat sich aus São Paulo aufgemacht in die Nacht Berlins. Er will ins Berghain, ob man mitkomme? Es trifft ihn, zu hören, dass das an einem Dienstag gar nicht aufhat.

Stattdessen runter an den Billardtisch. Pfeffi für einen Euro. Am Tisch keine Chance gegen Matze, noch nicht ganz 20. Er spiele jeden zweiten Tag, sagt er. Er will sich bald für seinen ersten Wettkampf anmelden.

Im Café Chagall gegenüber brennen Kerzen, und die Pelmeni schmecken nach Sehnsucht und Sibirien. Als er 20 war, notierte Marc Chagall in sein Tagebuch: „Mit meinen 27 Rubeln in der Tasche, den einzigen, die ich im Leben von meinem Vater für die Reise erhielt, verschwinde ich, immer noch rosig und voller Locken, nach Sankt Petersburg, begleitet von meinem Kameraden.“ Hach, volles Haar und Zuversicht – besser wird es nie mehr.

Die Sorgen, was die Nacht im Pfefferbett angeht, waren berechtigt: Einer schnarcht, einer hat Käsefüße. Dafür ist der Duschkopf der breiteste, unter dem selbst wohlhabende 20-Jährige je gestanden haben dürften. Der Brasilianer erzählt, er sei auf einer Party im Atelier von Olafur Eliasson nebenan gelandet. „Totally crazy.“ Zum Frühstück eine Schrippe mit Käse, zubereitet von Menschen mit Handicap, das ist das Pfefferbett-Konzept.

Vor der Zionskirche macht eine junge Frau im Morgendunst Yoga. Sie hat eine Kamera aufgestellt und filmt sich dabei. Vielleicht macht das Video sie zum Youtube-Star. Mit 20 ist noch alles möglich.

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