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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten und ich: Der Fluch des Phoenix

Meine Frau hat mit exotischen Pflanzen einfach kein Glück. Was hat sie nicht schon alles versucht! Wollte die Banane hier heimisch machen, auch die Hanfpalme Trachycarpus fortunei, träumte von einer Hängematte unter sich im Wind wiegenden Wedeln, vergebens.

Von Andreas Austilat

Keine hat überlebt, starben sie nicht im ersten Winter, dann im zweiten. Ich will hier nicht noch einmal darauf rumreiten, dass ich das vorher gewusst habe, Palmen gehören nicht hierher, selbst wenn sie wie die Hanfpalme daheim in Südostasien allerhand aushalten mögen.

Trotzdem konnte sie sich im letzten Jahr nicht beherrschen und hat eine Dattelpalme Phoenix roebelenii gekauft. Das Ding stand den ganzen Sommer über draußen, wuchs dort prima. Dann kündigte sich der erste Frost an und meine Frau musste sich ziemlich schnell etwas einfallen lassen. „Meine Palme muss nach drinnen“, hat sie gesagt, mich dabei herausfordernd angeguckt, und, was blieb mir anderes übrig, ich habe den Kübel reingeholt. „Wo soll sie hin?“, habe ich gefragt. „Hm“, hat meine Frau ein wenig unentschlossen geantwortet, „bring sie nach oben“. Also habe ich die Phoenix nach oben getragen, unters schräge Dachfenster gerückt, da hat sie wenigstens Licht, habe ich noch gedacht. Und am nächsten Tag habe ich mir ein Wärmepflaster besorgt. Für den Rücken, weil ich es nämlich im Kreuz hatte, von der verdammten Schlepperei. War zum Glück nichts Ernstes. Für unsere Dattelpalme aber galt, aus dem Auge, aus dem Sinn.

Dattelpalmen, heißt es in einem Pflanzenratgeber, wachsen normalerweise auf semiariden also halbtrockenen Standorten auf den Kanarischen Inseln oder im südlichen Mittelmeerraum, schätzen es aber, wenn ein Wasserlauf in der Nähe ist. Nun, in unserem Dachgeschoss gibt es keinen Wasserlauf, der Standort ist zwar vergleichsweise hell, aber mehr als semiarid. Weshalb die Dattelpalme, als ich sie kürzlich mal wiedersah, einen irgendwie mumifizierten Eindruck machte. Sie hat immer noch ihre fedrigen Wedel, aber man möchte sie nicht berühren, aus Angst, sich an den inzwischen holzigen Blättern einen Splitter einzureißen. Jedenfalls habe ich begründete Zweifel, dass Phoenix wieder grünt, wenn sie irgendwann nach draußen darf.

Ich ging also runter, um meiner Frau meine Bedenken mitzuteilen. Auf dem Weg geriet mir die Yucca ins Blickfeld, die bis in den Herbst ebenfalls auf der Terrasse stand. Inzwischen sieht sie alles andere als frisch aus.

Überhaupt fiel mir auf, dass wir drinnen kaum noch Pflanzen haben. Da sind bloß zwei Orchideen und so ein komischer Kaktus. Ich fürchte, Pflanzen im Haus sind für meine Frau so etwas wie Tiere im Zoo, Gefangene, mit denen sie nicht viel anfangen kann. Wird Zeit, dass der Winter bald vorbei ist. Sonst wird sie noch melancholisch. Andreas Austilat

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