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Meine Frau, ihr GARTEN…und ich: Warten auf den Häcksler

Es heißt, wenn Ehemänner plötzlich ins Fitnessstudio wollen, stimmt etwas nicht.

Von Andreas Austilat

Wahrscheinlich gehen sie demnächst fremd. Nun, vielleicht haben sie auch ganz andere Sorgen.

Meine Frau zum Beispiel macht mich gerade ziemlich nervös. Nachdem sie den Garten eine Weile vernachlässigt hat, verfällt sie jetzt in hektische Aktivität.

Angefangen hat es mit dem Kirschlorbeer am Rand der Terrasse. Erst hat sie ihn kurz und klein gehackt, dann den Stumpf ausgegraben, nun liegen die Trümmer neben der Biotonne und warten auf den Häcksler. Sogar unsere Tochter war ein wenig verstört. „Kannst du doch nicht machen“, sagte sie, immerhin habe der Strauch schon gestanden, da wohnten wir noch gar nicht hier. „Der nervt“, sagte meine Frau mit Nachdruck, „ich will was anderes.“

Tatsächlich ist der Kirschlorbeer nicht besonders schön, der Nabu hält ihn sogar für „eine ökologische Pest“, weil er giftig ist, hier nicht heimisch und weder Vögeln noch Insekten eine Heimstatt bietet. Aber wir hatten ihn doch schon so lange.

Ihr Schicksal ist ungewiss

Meine Frau setzte ihren Feldzug derweil fort, indem sie noch zwei Hortensien ausgrub, die jetzt mit nacktem Ballen hinterm Schuppen rumliegen, ihr Schicksal ist ungewiss. „Du mochtest doch Hortensien“, sagte ich ein wenig hilflos. „Sehen immer gleich aus“, murmelte meine Frau, setzte noch einen Rhododendron um und zwei Weigelien. Dann verschwand sie im Gartencenter.

Zurück kam sie mit sechs Rosen und einem Hibiskus. Im Gartencenter räumen sie nämlich jetzt den Freilandbereich, da kann man einiges billig schießen, mehr als wir brauchen können.

„Ich hab’ dir nie einen Rosengarten versprochen“, zitierte ich den Pyschiatrieklassiker aus den 60ern, pfiff anschließend „I Never Promised you a Rose Garden“, um sie ein wenig vom Garten abzulenken. „Ich will was Neues“, beharrte meine Frau. Außerdem hatte sie auf „Mein-schöner-Garten.de“ gelesen, dass die Qualität der Rosen im Handel jetzt besser sei als im Frühjahr, wenn sie den ganzen Winter im Kühlhaus verbracht hätten. Und der Herbst ist auch eine gute Rosen-Pflanzzeit.

„Aber die Hortensien“, unternahm ich noch einen Versuch, „Leberwurst“, erwiderte sie, „sehen aus wie Leberwurst“. Tatsächlich waren sie inzwischen reichlich verblichen, was man ihnen aber nicht wirklich vorwerfen kann, wie ich finde, ist halt so im Herbst.

Und dann sagte ich diesen Satz: „Ich seh’ doch auch immer gleich aus!“ Meine Frau stutzte kurz, sagte „ja“, und fügte noch hinzu, „dafür ziehst du immer wieder mal ein neues Hemd an.“ Ich guckte rüber zur Biotonne, wo der zerstückelte Kirschlorbeer lag.

Jetzt wird vielleicht verständlich, warum ich ein wenig nervös bin. Und anfange, über einen Besuch im Fitnessstudio nachzudenken.

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