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Flucht. Tausende Syrer überqueren die Grenze nach Irak. Eine Aufnahme von Lynsey Addario nahe dem Übergang Sahela in der nordirakischen Provinz Dahuk, August 2013.

© Lynsey Addario

Kriegsreporterin Lynsey Addario: Der letzte Einsatz

In Afghanistan machte sie Fotos von Warlords, in Irak fiel sie einer Terrormiliz in die Hände, in Libyen wurde sie entführt. Nun will Steven Spielberg ihr Leben verfilmen. Wie aus einer Fotografin ein Star wurde

Sie hatten zu lange gezögert. Der Fluchtweg war ihnen abgeschnitten, als die vier Journalisten in ihrem wild dahinrasenden Auto eine Straßensperre vor sich auftauchen sahen. Einer von ihnen schrie den Fahrer an: „Nicht anhalten! Nicht anhalten!“ Es war der 16. März 2011, der Bürgerkrieg in Libyen tobte seit Wochen, Gaddafis Söldnerheer bäumte sich das letzte Mal für seinen Diktator auf.

Der Fahrer war jung, vielleicht hielt er deshalb an. Die Türen des Wagens wurden aufgerissen, die Insassen ins Freie gezerrt. „Sahafi“, riefen sie. „Journalisten!“ Weiter kamen sie nicht. Kugeln sirrten durch die Luft und wirbelten Sand auf. Die Rebellen hatten begonnen, die Straßensperre unter Feuer zu nehmen. Lynsey Addario konnte ihre Kollegen in die Wüste laufen sehen, hastete hinterher.

Doch sie entkamen den Soldaten nicht, gingen in die Knie und flehten um ihr Leben. Addario hatte einen Gewehrlauf an ihrem Kopf, während ein Soldat ihren Körper abtastete und unbeholfen, gierig ihre Brüste drückte „wie eine alte Autohupe“, so erinnert sie sich heute.

Die Amerikanerin hatte sich als Fotografin jahrelang in der Männerwelt der Krisenberichterstattung bewegt, hatte einen schweren Autounfall in Pakistan überlebt, war im Irak in die Hände der Al-Nusra-Front gefallen und heile aus dem umkämpften Korengal-Tal in Afghanistan herausgekommen. Aber Libyen war ein Schock für sie, die jetzt inständig hoffte, nicht vergewaltigt zu werden. Der Soldat zog Addario die Schnürsenkel aus den Turnschuhen, band damit die Fußgelenke zusammen. „Gaddafi hatte seine Truppen angewiesen, Journalisten als ausländische Spione zu töten“, sagt sie.

Unter Männern verschwinden. Lynsey Addario hat gelernt, sich in muslimischen Gesellschaften unsichtbar zu machen und davon zu profitieren, dass Frauen andere Rechte haben.
Unter Männern verschwinden. Lynsey Addario hat gelernt, sich in muslimischen Gesellschaften unsichtbar zu machen und davon zu profitieren, dass Frauen andere Rechte haben.

© privat

Ein hohes Turmzimmer, die Skyline Berlins zu Füßen – die Begegnung mit Lynsey Addario findet in der Dependance des Verlages statt, der ihr Buch „Jeder Moment ist Ewigkeit“ herausbringt. In den USA ist es bereits ein großer Erfolg (Originaltitel: „It’s What I Do“). Die Entführung in Libyen hat die 42-Jährige berühmt gemacht, noch mehr als ihr Pulitzer-Preis 2009. Nachdem ihr Bericht in Auszügen im „New York Times Magazine“ abgedruckt worden war, brach unter Hollywoodproduzenten ein Bieterwettstreit um die Filmrechte aus.

- Steven Spielberg will aus Ihrem Leben einen Film machen. Überrascht Sie das?

- Wenn ich in den vergangenen Jahren Anekdoten von meinen Reisen erzählte, habe ich oft den Satz gehört: „Das sollte ein Film werden“. Dann hat mein Agent mir geraten, mit allen Filmproduzenten zu reden, die mir ein Angebot machen wollten. Eines Tages war Steven Spielberg am anderen Ende.

- Persönlich?

- Ja, er hatte mein Buch gerade erst ausgelesen und stand noch unter dem Eindruck der Lektüre, war sehr leidenschaftlich. Wir redeten lange miteinander, er stellte mir die besten Fragen.

Es ist nicht schwer, zu erraten, was Spielberg an dem Stoff faszinierend findet. Es geht um die jüngste von vier Töchtern aus Westport, Connecticut, die als Fotoreporterin in die amerikanischen Anti-Terror-Kriege hineingezogen wird und feststellt, dass die Brutalität ihres Jobs dem Wunsch nach ein bisschen privatem Glück in die Quere kommt. „A Story of Love and War“ heißt das Buch im Untertitel. Oscar-Preisträgerin Jennifer Lawrence, der Star aus „Tribute von Panem“, soll die Hauptrolle übernehmen.

Den Weg in die Hinterzimmer findet nur eine Frau.

Nun im Turmzimmer sagt Lynsey Addario lachend, dass ihre Suche nach der Liebe tatsächlich „ein einziger Fehlschlag“ gewesen sei. Sie spricht darüber, wie sie von ihrem langjährigen Freund betrogen wurde und selbst glühende, aber nirgendwo hinführende Affären in Kriegsgebieten hatte. Lachend, weil sie ja doch schließlich einen Mann finden sollte, der die prinzipielle Unvereinbarkeit von Familie und Krieg mit ihr für überwindbar hielt. Aber bis es so weit war, erlebte sie etliche Enttäuschungen, die heute weniger bitter klingen, als sie sich damals angefühlt haben müssen, weil Addarios raue, warme Plauderstimme die Begeisterungsfähigkeit eines Menschen hat, der einfach an das Gute glaubt.

Addario hat nie davon geträumt, Kriegsberichterstatterin zu werden, wie viele andere aus der „Battle-Family“, die man in den Krisenherden der Erde antrifft. Aber nach dem 11. September 2001 hatte sie keine Wahl. So empfand sie es damals, als sie den Einsturz des World Trade Centers vor einem Fernseher in Mexiko City verfolgte, paralysiert von den Vorgängen in „ihrer“ Stadt, in der sie in den späten 90er Jahren als freie AP-Fotografin um jeden Auftrag gekämpft und sich mit einer Geschichte über transsexuelle Prostituierte erstmals für Magazine empfohlen hatte.

 Nord Kivu, 2008: Die 20-jährige Kahindo mit ihren beiden Kindern, die aus Vergewaltigungen hervorgingen. Drei Jahre wurde sie von ruandischen Soldaten im Busch als Sexsklavin festgehalten, bevor ihr die Flucht in den Kongo gelang.
Nord Kivu, 2008: Die 20-jährige Kahindo mit ihren beiden Kindern, die aus Vergewaltigungen hervorgingen. Drei Jahre wurde sie von ruandischen Soldaten im Busch als Sexsklavin festgehalten, bevor ihr die Flucht in den Kongo gelang.

© Lynsey Addario

Schon vor den Anschlägen war sie mit dem geliehenem Geld ihrer Schwester in das von den Taliban beherrschte Afghanistan gereist, um das Leben der Frauen unter der Burka zu dokumentieren. Ein verwegener Trip im Frühsommer 2000. Nach 9/11 war sie plötzlich eine der wenigen westlichen Journalisten mit einem Zugang in das geheimnisvolle Kernland des islamistischen Terrors. Diesen Vorsprung nutzte sie nach der US-Invasion.

Allerdings gab ihr ein Kollege anfänglich durchaus zu verstehen, wie gering er die Chancen einer Frau in dem von den Taliban ,befreiten‘ Land einschätzte. Addario wusste sich zu helfen. Ihre Aufnahmen des selbsternannten Gouverneurs Gul Aga Schirsai straften die Breitbeinigkeit des Kollegen Lügen, der, als er eintraf, die Fotografin neben dem mächtigen Warlord sitzen und das Fastenbrechen fotografieren sah, das in dem großzügig mit Teppichen ausgelegten Haus des Moguls wie ein Volksfest begangen wurde.

Man ließ Addario oft gewähren. Entweder weil man die Frau nicht für voll nahm. Oder weil sie nach islamischem Kodex keine Gefahr darstellte. Keinem Mann wäre gestattet worden, was Addario erlaubt war, in verborgenen Hinterzimmern den Frauen der Familie dabei zuzusehen, wie sie ihre Kinder herzten.

Als Jüngste wurde sie 1973 in eine bunte Boheme-Familie hineingeboren, lernte früh, sich durchzusetzen und mit schwierigen Situationen zu arrangieren. So zählten zu ihrer Kindheit ausgelassene Poolpartys der Eltern, die als Friseure einen exzentrischen Freundeskreis um sich scharten. Männer in Frauenkleidern, manisch-depressive Hausfreunde, die wirres Zeug von sich gaben. Addario war acht, als ihr Vater die Familie verließ, um mit einem Mann zusammenzuleben. Von diesem Outing an zerfiel das luxuriöse Suburbia-Leben. Schuldeneintreiber standen vor der Tür. Die Mutter musste das Haus verkaufen und den Mercedes-Sportwagen. Es war, als wären auch Amerikas goldene Zeiten vorüber.

Mit 13 entdeckte Lynsey bei ihrem Vater zufällig eine Kamera, die ein Kunde dagelassen hatte, und sie fragte, ob sie den Apparat haben dürfe. Lange fand sie, Fotografen seien „oberflächliche Kids ohne Ambitionen, die ihr Erbe verschleuderten“. Sie dagegen wischte die Tische in Cafés ab, sparte Geld, um schließlich in Buenos Aires all die Fehler einer Foto-Anfängerin zu machen, die man ihr in New York nicht verziehen hätte, wie sie annahm. Den Durchbruch schaffte sie dann mit einer Serie über „Frauen des Dschihad“ aus dem erzkonservativen muslimischen Hinterland Pakistans.

"Wir machten einen fatalen Fehler"

Es gab nicht viele wie sie, Frauen mit Fotoapparat in Krisengebieten. Sie erwartete, dass mit der Zeit mehr dazu kommen würden. Aber Alexandra Boulat starb 2007, und Anja Niedringhaus wurde 2014 in Afghanistan getötet. Sie hatte Niedringhaus erst drei Tage vorher in Kabul zum ersten Mal persönlich getroffen. Lange vorher hatte sie von ihr gehört als „der anderen Frau“ in diesem Krieg. Dann waren sie endlich zusammen Mittagessen gewesen. Es muss, wenn man Addarios nachträglicher Begeisterung trauen darf, ein fröhlicher Moment in diesem düsteren Land gewesen sein, das mitten in einem Präsidentschaftswahlkampf steckte.

„Wenn ich eine Reportage fotografiere“, sagt sie, „verbringe ich vor dem ersten Foto viel Zeit mit den Personen, um durch Gespräche herauszufinden, was so wichtig für sie ist, dass ich es in einem späteren Bild mit unterbringen sollte. Darüber habe ich ziemlich umfangreiche Notizhefte angelegt.“ Von diesen Aufzeichnungen zehrte sie später, zog ihre exzessiv geführten Tagebücher ebenso zurate wie Briefe. Daraus hervorgegangen ist ihr berührendes Buch, das hinter den Anekdoten einer ehrgeizigen Fotografin, die von der „New York Times“ als der besten Zeitung der Welt gedruckt werden will, das Wesentliche ihrer Entwicklung freilegt. „Ich machte mir selbst etwas vor bei der Vorstellung, dass ich monatelang im Irak sein, für eine Woche nach Hause zurückkehren und eine romantische Beziehung führen könnte. Es war offensichtlich, dass ich betrogen werden würde. Ich betrog mich ja selbst.“ So wurde sie zu einem Teil jener gehetzten Kriegsmeute, die sich erst an gefährlichen Orten wohlfühlt, weil die Allgegenwart des Todes alle anderen Probleme kleinlich aussehen lässt.

Kriegsfotografen geben viel auf ihren Instinkt und sind zutiefst erschüttert, wenn er sie in die Irre führt. In Libyen, wohin sie 2011 von Ägypten aus gereist war, fühlte sie sich von Anfang an unwohl. In diesem Turnschuh-Krieg waren die Rebellen so schlecht organisiert, dass auch die sich ihnen anschließenden Fotografen permanent unter Beschuss gerieten. "Wir mussten uns auf halbe Kinder verlassen, die uns als Fahrer zur Verfügung standen", sagt Addario. "Es war ein Glücksspiel."

Vor dem ersten Foto führt die Amerikanerin Lynsey Addario oft lange Gespräche, um herauszufinden, was an einer Person so wichtig ist, dass sie es mit aufs Bild bekommen sollte.
Vor dem ersten Foto führt die Amerikanerin Lynsey Addario oft lange Gespräche, um herauszufinden, was an einer Person so wichtig ist, dass sie es mit aufs Bild bekommen sollte.

© privat

Als sie 2011 in Adschdabija in ein Auto gepfercht an die Front fuhr, ahnte Addario nichts Gutes: "An dem Tag machten wir einen fatalen Fehler. Unser Fahrer bekam den Hinweis, dass Gaddafis Truppen in die Stadt vorgedrungen waren, aber wir ignorierten ihn. Ob es nun geschah, weil wir zu viert in einem Auto saßen und jeder andere Vorstellungen verfolgte, jeder von uns wusste, dass man auf seinen Fahrer hört, wenn der sagt, dass es Zeit ist aufzubrechen." Aber sie behielt ihre Zweifel für sich. Sie wollte nicht „das verängstigte Mädchen“ sein, sagt sie, „das die Männer von ihrer Arbeit abhielt“. Zusammen verfügten sie über mehr als 30 Jahre Kriegserfahrung.

- Ich war sicher, dass sie uns töten würden.

- Was machte Sie so sicher?

- Wenn man mit dem Gesicht nach unten im Staub liegt, eine Waffe am Kopf, der Finger des Soldaten am Abzug, und um sein Leben fleht, ist da nicht mehr sehr viel Spielraum, es anders zu sehen.

- Es wäre ein Leichtes gewesen, Sie umzubringen. Aber hätte es Sinn ergeben?

- Wenn alle durcheinander schreien, sich anbrüllen und lauter als der Rest sein wollen, schwindet das Vertrauen in rationale Beweggründe. Man setzt auf sein Glück. Was anderes gibt es nicht. Erst allmählich denkt man, dass auch die Soldaten einsehen müssten, es mit Journalisten zu tun zu haben.

- Hielt man Sie für Rebellen?

- Es war offensichtlich, dass wir westliche Reporter waren. Aber woher sollten die Soldaten es besser wissen?

Kriegsreporter sind von jeher gefährdet, was in der Natur der Sache liegt. Trotzdem durften sie bislang selbst in größter Bedrängnis darauf zählen, dass sie nicht als solche getötet werden sollten, sondern dass, wenn es passierte, eine entfesselte Kriegsmaschinerie keine Unterschiede machte und sie sich schlicht zu weit vorgewagt hatten. Was auch bedeutet, dass es einen Restschutz gab. In den Bürgerkriegen von Libyen, Syrien und im Irak sind Journalisten das Ziel von Attacken geworden, gegen die sie nichts tun konnten, weshalb sich kein Profi mehr in die Kampfzonen vorwagt. Von diesen Kriegen gibt es keine unabhängigen Bilder.

Chalid. Der siebenjährige Junge aus Kunar hat Wunden von Granatsplittern im Gesicht. Ein Foto aus Afghanistan vom September 2007.
Chalid. Der siebenjährige Junge aus Kunar hat Wunden von Granatsplittern im Gesicht. Ein Foto aus Afghanistan vom September 2007.

© Lynsey Addario

Sechs Tage blieben Addario und ihre drei Kollegen von der "New York Times" verschleppt, wurden geschlagen und gedemütigt, ehe auf diplomatischem Wege die Freilassung eingefädelt wurde.

Die Episode steht am Anfang ihres Berichts. Dabei schwebte Addario zunächst ein Bildband vor. Sie saß in einem Agenturmeeting, ihre Fotos vor sich auf dem Tisch ausgebreitet, da ploppte eine SMS- Nachricht auf. Tim Hetherington und Chris Hondros, zwei angesehene Kollegen, waren in Libyen getötet worden. „Ich verlor die Beherrschung.“ Sie hatte beide schätzen gelernt in den aufgekratzten Gesprächen, die sie in Hotelbars und bei überwältigend fröhlichen Festen geführt hatten. Nun brach etwas auf, das seit der libyschen Wüste in ihr gelauert hatte. Ein posttraumatischer Kollaps. Auch Reue über den jungen Fahrer, der ihretwegen tot war. Und sie dachte: „Ich will diese Fotos nicht mehr sehen.“

Auch als Schwangere fuhr sie nach Somalia

Stattdessen nahm etwas seinen Lauf, vor dem sie zuvor panische Angst gehabt hatte. Sie wurde schwanger. „Ich kannte nicht eine einzige Fotojournalistin, die verheiratet war oder ein Kind hatte. Ich fürchtete, dass meine Redakteure mich abschreiben würden, wenn sie davon erführen.“

Sie gestand sich die Schwangerschaft zunächst nicht ein und verheimlichte sie, als die Hinweise offensichtlicher wurden. „Hin und wieder hatte ich das Glück, einen Hidschab tragen zu müssen“, sagt sie über die Jobs, die sie auch mit sich leicht wölbendem Bauch noch annahm. Einer führte sie im August 2011 in die Dürrekatastrophe von Somalia. Als sie das Land betrat, in dem die Menschen Hungers starben, spürte sie das erste Mal, wie sich ihr eigenes Kind in ihr regte. Es war doch mehr als der Avocadokern, den sie sich bis dahin vorgestellt hatte.

Die Geburt ihres Sohnes Lukas hat ihr Leben auf die befürchtete Weise umgekrempelt. Von der „New York Times“ werde sie nicht mehr als erstes für Brennpunkt-Stories angerufen. Sie sei „ersetzt“ worden „durch jüngere Fotografen, die kein Leben haben wie ich einst“. Aber es bedrückt sie nicht. Ohnehin sei es ihr zunehmend schwerer gefallen, Bilder zu schießen, „die einen nicht gleichgültig lassen“. Flüchtlingslager, Waffen, Verletzte, Tote – „die Menschen haben solche Bilder satt. Zerstörungen begleiten uns seit 15 Jahren." Gegen den Reflex der Menschen, sich nicht mehr damit auseinandersetzen zu wollen, muss sie wirkungsstarke Bilder setzen. Und Addario hat mit den Jahren eine Meisterschaft fürs Tableau entwickelt, in der das Hässliche der Gewalt in theaterhafte Kontexte eingebunden ist.

Gerade erst ist Addario aus dem Irak zurück. Sie hatte dort ein Rehabilitationszentrum für jesidische Frauen besucht, die vom IS entführt und vergewaltigt worden waren. Sie begleitete ein Mädchen, das nach Deutschland ausgeflogen werden sollte. Am Tag vor der Abreise kamen die Mädchen aus dem Hilfsprogramm in einem Camp zusammen. Und alle seien zu Tode betrübt gewesen. Niemand habe nach Europa gewollt. "Die Szenerie hat mich erschüttert. Mein Instinkt als Optimistin sagte mir, dass diese Frauen ein besseres Leben in Sicherheit haben würden und zur Schule gehen könnten. Aber derlei kümmerte sie nicht. Für sie war es nur der Verlust ihrer vertrauten Umgebung und die Tatsache, geliebte Familienmitglieder zurücklassen zu müssen. Sie waren untröstlich, von Weinkrämpfen geschüttelt."

Mit ihrem Mann, einem Reuters-Journalisten, und Kind zog sie von Indien nach London. In die USA wollte sie nicht zurück. Dabei könnte man in Amerika derzeit spannende Geschichten ausgraben, sagt Addario. Über Rassismus, Armut und mangelnde Gesundheitsversorgung. „Es sind dieselben Themen wie in den Kriegsgebieten.“

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