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Strand im Inselstaat Palau, der zu Mikronesien gehört.

© imago/Bluegreen Pictures

Luxuriös reisen: „Vulkane, Gletscher, Tiere – das ist Augensafari“

Wer im Urlaub nicht aufs Geld schauen muss, ist bei Stephanie Elingshausen richtig. Luxus, sagt sie, kann eine Südseeinsel sein, ein Bett im Heu oder ein Ort ohne Internet.

Stephanie Elingshausen, 53, ist Gründerin der Reiseagentur C & M Travel Design. Das Büro ist Marktführer für individuelle Luxusreisen. Die gelernte Hotelfachfrau berät Industrielle, deutsche Politiker und gelegentlich Hollywoodstars. 100 Tage pro Jahr testet sie neue Reisen und Hotels – sonst lebt sie bei Frankfurt a.M.

Frau Elingshausen, Sie leiten eine renommierte Agentur für High-End-Reisen. Kunden können bei Ihnen unter anderem ein kenianisches Anwesen für 250 000 Dollar die Woche buchen.

Eine riesige Farm, für die braucht man Überflugrechte, 300 Angestellte inklusive Farmer, Tierschützer, Gärtner, Hausangestellte. Sie können mit zehn Zelten auf Safari gehen. Es gibt weltweit ein paar Anwesen, mit denen wir arbeiten. Sie wollen darüber sprechen, was richtig Geld kostet?

Unbedingt.

Zuletzt habe ich von einer Villa in Spanien gehört. Sie finanziert nach Abzug der entstehenden Kosten ein Kinderhilfsprojekt. Ein wunderschönes Anwesen, am Mittelmeer gelegen, acht Zimmer, Angestellte, und der Gast zahlt am Ende, was er für richtig hält.

Ist ein Mindestpreis festgelegt?

Andersherum: Es gibt keinen Maximalpreis. Ich habe vor kurzem den Manager angerufen, er sagte mir: „Die Brasilianer, die gestern abgereist sind, haben 485 000 Euro die Woche bezahlt. Machen Sie mal ein Angebot, was Sie ausgeben wollen!“ Ich dachte, ich bin auf dem Basar. Am Ende habe ich ihm 250 000 geboten, er hat aufgelegt und mir am nächsten Tag eine Email mit einem Angebot von 320 000 geschickt. Die Villa ist diesen Preis sicherlich nicht wert, aber für Menschen, die so ein Haus beziehen und sich mit einer Spende gut fühlen möchten, ist das der richtige Ort.

Könnten Sie sich die Villa leisten?

Nein, ich weiß auch nicht, ob ich so reisen möchte. Privat übernachte ich kaum in Hotels. Das würde mich ausgesprochen nervös machen. 100 Tage pro Jahr bin ich beruflich unterwegs, wenn ich genauso oft morgens gefragt werde, wie ich die Eier mag, liebe ich es, wenn das mal keiner wissen will. In meinen Ferien koche ich selber, brauche kein Personal, sondern miete mir ein Haus oder ein Boot, gern am Mittelmeer.

Keine Pauschalreise?

Habe ich einmal gemacht, über einen Veranstalter für Silvester in Dubai. Ich ging mit meinem Voucher ins Restaurant, der Kellner hat mich mit seinem Blick sofort disqualifiziert. Er wollte mir nicht die Weinkarte geben, obwohl ich extra bezahlt hätte. Es ist nicht so charmant, mit Gutscheinen unterwegs zu sein.

In den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der Luxusreisenden von 95 Millionen auf 160 Millionen weltweit gestiegen. Wie definiert sich so eine Reise?

Vor 20 Jahren nur über Geld. Da haben die Leute entweder ein teures Kreuzfahrtschiff oder alte Traditionshotels wie das Mandarin Oriental in Bangkok mit Butler und Rolls Royce vor Augen gehabt. Völlig anders heute. Die Kunden denken an Erfahrungen, die sie im Urlaub machen wollen, oft in der Natur. Vulkane, Gletscher, Tiere – das ist Augensafari. Für Familien ist es ein Luxus, eben nicht in ein Clubhotel zu gehen, sondern viel Zeit bewusst miteinander zu verbringen.

Stephanie Elingshausen, Chefin der Reiseagentur C & M Travel Design
Stephanie Elingshausen, Chefin der Reiseagentur C & M Travel Design

© Gaby Gerster

Das geht auch auf einem Campingplatz.

Wir organisieren vom Zelt bis zur Super-Lodge in Australien alles. Die kann unglaublich teuer werden, aber derselbe Kunde bucht eine Woche später ein Wochenende im Wiesenbett.

Im was?

Es gibt drei Bauernhöfe in Deutschland, die hinten auf ihrer Wiese Safarizelte hinstellen, Etagenbett für die Kinder rein, einen Bollerofen, Plumpsklo draußen. Abends holt man vom Bauer das Fleisch zum Grillen, morgens die frischen Eier aus dem Hühnerstall. Das kostet 270 Euro pro Nacht für die gesamte Familie. Das ist Luxus für dieselben Menschen, die vorher die teure Australienrundfahrt gemacht haben.

Fragen Sie Kunden immer sofort nach deren Preisvorstellungen?

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Ich finde es ganz ehrenhaft, über Budgets zu sprechen. Weil ich nicht möchte, dass sich jemand unwohl fühlt. Da lege ich den Prospekt einer Lodge hin, die kostet 2000 Euro die Nacht – und das junge Pärchen hat gedacht, für 400 kriegt man alles in Botswana.

Nicht bei Ihnen.

Wir machen alles außer brutaler Last-Minute. Studienreisen, Kreuzfahrten, ein Wochenende in London oder wenn die Kinder ein günstiges Ticket nach Ibiza brauchen.

"Kerngeschäft ist das schwierig zu organisierende Erlebnis"

Dann buchen Sie bei Billigfliegern?

Ryanair vermitteln wir nicht. Ich kann auch keine einstündige Beratung für drei Sterne Türkei leisten. Wir haben das Wissen, aber unser Kerngeschäft ist das hochwertige, schwierig zu organisierende Erlebnis. Im Moment macht das 60 Prozent unserer Buchungen aus. Und ich habe den Eindruck, die Zahl steigt, je mehr Pauschalreisen im Internet angeboten werden.

Ihre Erklärung?

Beratung findet in vielen Reisebüros gar nicht statt, die sind zur Katalogausgabestelle mutiert. Die meisten Angestellten sind nicht mehr gut ausgebildet. Ich habe in Frankfurt ein zehnköpfiges Team mit langer Berufserfahrung, die sind das Kapital meines Unternehmens. Außerdem gibt es einen Trend zum Hochwertigen. Viele Menschen gucken bei der Kleidung nicht mehr auf den Preis, sondern auf die Qualität. Sie brauchen uns nicht, um ein Hotel auf Mallorca zu buchen. Damit hätten wir keine Existenzberechtigung.

Aber für eine Insel in der Südsee, eine Woche für 400 000 Euro …

… ah, der Geburtstag. Das war eine schöne Reise. Ein Däne hat zu seinem 50. ein Charterflugzeug gemietet, seinen Gästen nicht gesagt, wohin es geht, sondern nur: „Packt eine Badehose ein!“ Bei solchen Anfragen, die etwas außergewöhnlich sind, blühe ich auf. Sie gleichen einer Operninszenierung. In dem Fall wurde noch kurzfristig ein Keller für die Rotweine aus Australien gebaut.

Diese Preise sind doch obszön.

Ich sehe meinen Beruf nicht verknüpft mit Zahlen, sondern als kreative Arbeit. Wenn das jemand in eine Luxus-Knuddel-Ecke abschiebt, hat er nicht verstanden, was ich tue. Mich interessiert nicht, wie viel das kostet. Ich will eine perfekte Organisation erreichen. Kürzlich war ich dafür in Georgien – ein Augenöffner. Ich habe eine Landrover-Tour getestet, weil einige Kunden so etwas im Kaukasus machen würden. Urtümliches Land, tolle Menschen, und ich habe mich in meinen Jeep verliebt.

Klingt nach einer seltsamen Leidenschaft.

Der Wagen war wie ein schlecht gelauntes Pferd für mich. Ich bin Automatikautos gewohnt, plötzlich musste ich in eine Schüssel mit Bremse, Gas, Kupplung einsteigen. Dieses Umsteigen auf drei Pedale, ich dachte, mir fehlt ein Fuß. Dann war es genau mein Ding. Wir waren tagsüber in abgelegenen Gegenden unterwegs, haben abends mal bei Familien gegessen, das buchen wir jetzt auch für unsere Kunden.

Erzählen Sie, was da so toll ist.

Es gibt kein Tellergericht, mindestens 20 Schüsseln stehen auf dem Tisch, bis der sich richtig biegt. Darin sind Gemüse, Fisch, Fleisch, von Nierenragout bis Forelle blau, sehr vielseitig. Alle fünf Minuten steht jemand auf und spricht einen Toast aus. Mit Tschatscha, einem Selbstgebrannten, der zwischen 25 und 90 Prozent haben kann, das ist nur was für Trinkfeste. Reisen wird aufregender, je mehr man hinter die Fassaden guckt.

Welche Ziele erfüllen dieses Versprechen noch?

Island. Dreieinhalb Stunden Flug ist nicht viel weiter weg, als wenn ich mit dem Auto zu einem Freund nach Hannover fahre. Und dann stehen Sie auf einer Insel, die eine Schatzkiste ist. Ein Land zum Weinen schön.

Und ohne viel Komfort.

Sie können nicht jeden hinschicken, es gibt keine Fünf-Sterne-Hotels, aber ein Sechs-Sterne-Naturerlebnis. Sie sitzen in einem Auto, vielleicht fahren Sie über einen Pass, bei dem Sie achtgeben, dass Sie schnell genug drüberfahren, sonst bläst der Sturm Sie weg. Im Westerwald gelingt Ihnen diese Erfahrung nicht. Man kommt total aus unserer Modernität raus.

Sie meinen, es gibt kein Internet.

Wunderbar! Das ist der neue Trend: Digital Detox. Geht auch gut in Ladakh. Noch so ein Reiseziel, was ich dieses Jahr vermittelt habe, Little Tibet, auf der indischen Seite kurz vorm Himalaya. Eine Familie mit zwei Kindern, drei Tage ohne Strom, die Kunden wollten Authentisches erleben, eine ganz schwierige Beratung. Der Mann kommt aus einem streng geregelten geschäftlichem Umfeld, er wollte was mit seiner Familie machen, was nicht touristisch ist, und hat mir als erstes einen Bildband über die letzten lebenden Naturvölker der Welt geschickt.

Worin bestand die Schwierigkeit?

Joekulsarlon, See auf Island im Dezember.
Joekulsarlon, See auf Island im Dezember.

© imago/McPHOTO

Die meisten der Naturvölker dürfen wir gar nicht besuchen, weil wir sie mit Krankheiten infizieren könnten. In Ladakh ist das anders, es ist auch eine Infrastruktur vorhanden. Man kann bei einer Familie wohnen, hat ein eigenes Badezimmer, alles wird frisch gekocht. Erst war das unserem Kunden noch zu strukturiert, nach seiner Rückkehr hat er sich bedankt. Die Familie war im Gebirge wandern, ist morgens in die Klöster gegangen, einmal hat sie einer Segnung des Dalai Lama beigewohnt, der dort sein Sommerhaus besucht hat.

Es wird schwieriger, solche unberührten Landstriche zu finden.

Wir haben ein paar ambitionierte Kunden, die wollen jetzt in den Iran oder nach Nordkorea. In diesen Fällen kann ich nur als Vermittler auftreten.

Nordkorea für einen Urlaub?

Ein Russe wollte das für seine verwöhnten Kinder buchen, damit sie mal sehen, was Kommunismus ist. Das hat allerdings nicht geklappt. Einmal im Jahr hat er solche Ideen. Jetzt hat er angefangen zu tauchen und zieht das komplett mit Tauchboot und persönlichem Lehrer durch. Die ganze Familie muss dann mitmachen, die waren schon in Ägypten, auf den Malediven, den Palau-Inseln.

"Ganze Regionen wie Nordafrika verschwinden von der Urlaubsliste"

Haben Attentate wie diese Woche in Istanbul und Jakarta Auswirkung auf das Geschäft?

Nach solchen Anschlägen schweigt das Telefon für einen Tag. Die Kunden werden unsicher, sie buchen dann auf andere Reiseziele um. Ganze Regionen wie Nordafrika verschwinden von der Urlaubsliste.

Von der Sicherheit abgesehen, gibt es Reiseziele, die Sie nicht verstehen?

Es gibt ein Land, wo mich nichts mehr hinzieht: Japan. Ich habe vor fünf Jahren mal neun Tage dort verbracht, landschaftlich wunderschönes Land, faszinierende Kultur, ich habe gelernt, wie ich den Tee richtig zubereite, aber ich habe mich nicht wohlgefühlt. Diese Gruppenmentalität der Japaner hat mir nicht gefallen. So wenige Emotionen werden nach außen getragen. Keiner flucht laut oder lacht, ich kam nie zu den Menschen durch.

Einen Traum erfüllen Sie nicht: den von Jagdreisen.

Ich finde, das sollte verboten werden. Jeder Veranstalter für Großwildjagden kommt mit Statistiken, wie viel Einkommen das angeblich den Einheimischen einbringt. Das ist Augenwischerei, das Geld bleibt im Ausland.

Welche Typen buchen solche Trips?

Das ist immer derselbe Menschenschlag: unangenehm, laut, wir sind die weißen Herren. Einmal habe ich in einer Fotosafari-Lodge in Botswana übernachtet, da kam ein italienisches Ehepaar, weil der Freund bei der Elefantenjagd verletzt worden war. Das Paar erzählte uns abends am Tisch, was für ein irres Gefühl das sei, einen Elefanten zu schießen. Wir waren alle total geschockt.

Es gibt darauf spezialisierte Agenturen.

Endlos viele. Gehen Sie mal ins Internet, da wird Ihnen schlecht. Mit Preislisten, wie viel es kostet, einen Elefanten abzuknallen. Als wäre das ein Kühlschrank, den man dazubucht. Eines muss diesen Menschen doch klar sein: Es ist das Einfachste auf der Welt, ein Tier vor den Jeep zu stellen und darauf loszuballern.

Ihrer Meinung nach gibt es rund 150 exzellente Hotels in der Welt.

Häuser mit exzellentem Management! Die Hardware nützt mir nichts, wenn der Service nicht klappt. In einem Motel kann der Aufenthalt schöner sein, wenn die Eigentümer Schätzchen sind. Das perfekte Hotel gibt es sowieso nicht.

Das sagen Sie als gelernte Hotelfachfrau.

Oh ja, ich weiß, wie man Silber putzt, Toiletten schrubbt, Zimmer aufräumt. Nach der Lehre dachte ich, Karriere heißt, in einem Fünf-Sterne- Hotel am Empfang zu stehen. Zwei Wochen nachdem ich an der Rezeption im Canadian Pacific Hotel in Frankfurt angefangen habe, merkte ich, ich gebe hier nur die Schlüssel raus, und abends zähle ich das Geld nach. Dafür habe ich Abitur gemacht? Deshalb habe ich im Verkauf und Marketing angefangen, so bin ich in meinen Job hineingerutscht.

Wenn Sie ein Zimmer betreten, worauf achten Sie?

Ob die Klimaanlage volle Lotte läuft und der Fernseher angeschaltet ist. Das ist eine Unsitte. Diesen Flatscreen, der mir entgegen jault, empfinde ich als persönliche Beleidigung.

Und außer dem Fernseher, gibt es da noch mehr?

Wenn es muffig riecht, und das passiert oft, will ich keinen Schritt mehr hineingehen. Heutzutage hat man keine Teppichböden mehr, das ist nicht hygienisch. Es gibt nun in Japan ein Hotel, das von Robotern geführt wird. Nie im Leben möchte ich das testen. Ich bin ein Befürworter der alten Hotelmanagergarde wie Wilhelm Luxem in Genf.

Was zeichnet ihn aus?

Er sagt: Es gibt kein Argument für ein Frühstücksbüfett, Essen gehört serviert. Er bückt sich, wenn ein Blatt Papier auf dem Boden liegt und ruft nicht nach Personal. Kurt Wachtveitl vom Mandarin Oriental in Bangkok war auch so einer.

Der Deutsche galt als bester Hotelier der Welt.

Einmal hatten wir Stress miteinander. Ich habe ihm einen meiner Top-Kunden geschickt, schwervermögende Familie, schwierige Leute. Wenn der Mann anrief, habe ich mich immer automatisch hingestellt. Er hasste es, in Suiten zu übernachten. Also habe ich dem Kurt geschrieben, ich brauche das schönste Deluxe-Zimmer, unter keinen Umständen ein Upgrade. Genau das hat er getan. Als mein Kunde wieder zurückkam, rief er mich an: „Ich möchte berichten, dass die Organisation der Reise einwandfrei war, wenn wir aber noch einmal in einer Suite landen, werden wir Ihr Unternehmen nicht mehr in Anspruch nehmen.“ Das war seine komplette Zusammenfassung von vier Wochen Urlaub.

Der Götterwasserfall auf Island
Der Götterwasserfall auf Island

© imago/blickwinkel/McPhoto/F.Scholz

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