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Sebastian Leber schaltet nie ab: Die vielleicht schlimmste Nachricht des Jahres

Mobiltelefonen wurde schon viel Beunruhigendes angedichtet. Nicht immer war es Quatsch.

Der Mensch neigt ja leider dazu, Überbringer schlechter Nachrichten abzustrafen, anstatt ihnen für den Wissenstransfer zu danken. Kein Wunder also, dass meine Wut auf Simon Zokaie gerade extrem ist. Der Mann arbeitet als Dermatologe in London und hat neulich auf einer Fachtagung einen gruseligen Vortrag gehalten. Darin warnte er vor den Gefahren des Smartphones. Dessen Strahlung, nun kommt’s, beschleunige die Alterung der Haut! Wer viel Zeit vor dem Bildschirm verbringe, werde möglicherweise bald über vorzeitige Faltenbildung, Pigmentstörungen und Altersflecken jammern.

Liebe Leserinnen und Leser, bitte strafen Sie mich nicht für diese schlechte Nachricht ab, lassen Sie uns lieber gemeinsam Simon Zokaie hassen. Für die Hautalterung, behauptet der Schlauberger, sei sogenanntes „High-energy visible light“ verantwortlich – kurz HEV-Licht. Das strahle übrigens auch aus Tablets und Computermonitoren. Nicht einmal Sonnencreme schütze vor ihm. Wirksam seien lediglich ein teures Serum mit Antioxidantien (das einem der Halsabschneider Simon Zokaie verschreibt) oder noch besser: Technikverzicht!

Für die Smartphonesüchtigen meiner Generation kommt diese Warnung mindestens fünf Jahre zu spät. Da wird nichts zu retten sein, wir haben unsere Gesundheit, ohne es zu wissen, dem technischen Fortschritt geopfert. So ähnlich muss sich Marie Curie gefühlt haben.

Es sei denn, Simon Zokaie irrt sich. Dem Smartphone ist in der Vergangenheit ja bereits viel Schlimmes angedichtet worden. Oft entpuppten sich die Warnungen als Hysterie. Die wohl größte Gefahr, die bis dato erwiesenermaßen vom Smartphone ausgeht, ist die der Ablenkung. Menschen sind, weil sie unterwegs aufs Display schauten, auf viel befahrene Kreuzungen gelaufen und von Klippen gestürzt. Andere sind, um ihr Smartphone zu retten, in brennende Häuser gerannt oder in Müllpressen geklettert. Alle tot.

Als reale Gefahr gelten heute auch der „SMS-Daumen“ (die einseitige Belastung durchs Tippen kann Sehnenscheidenentzündungen auslösen) sowie der „Smartphone-Nacken“ (der Blick aufs Display führt zu einem ungesunden Neigungsgrad des Kopfes, was in Muskelverhärtungen oder sogar Bandscheibenvorfällen resultieren kann). Schwer übertrieben ist dagegen die Angst vor explodierenden Handys. Zwar gab es tatsächlich Vorfälle in China, Nepal und Kanada. Zuletzt detonierte in Indien ein Nokia-Modell direkt am Ohr eines Mannes. Die Batterie war defekt. Doch das sind zum Glück schaurige Einzelfälle.

Komplett widerlegt wurde die These, Digitaltechniken lösten vermehrt Wahnvorstellungen aus. Grund für die Annahme war unter anderem das Leiden eines Mannes, der glaubte, er könne durch Gedankenkraft im Internet surfen. Zudem sei er ein spiritueller Webmaster, der auf seiner Homepage anderen Menschen Zaubertipps gebe. Am Ende stellte sich heraus, dass der Mann gar keinen Internetzugang besaß. Berichte im Fernsehen hatten die Psychose ausgelöst.

Es bedarf noch weiterer Forschung. Selbstverständlich und vor allem, um Simon Zokaie zu widerlegen, aber auch zu der Frage, wie häufig Smartphones Krankheiten übertragen. Unter Verdacht stehen besonders die Kratzer in der Display-Oberfläche. An der Universität Marburg fand man dort Pilze und Schimmelsporen, Durchfallerreger und Grippeviren. Sie glauben, ekliger geht es nicht? Nun ja. Bei einer Studie in Großbritannien wurden auf jedem sechsten Smartphone Fäkalkeime entdeckt.

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