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Die Sternenkrieger Rey (Daisy Ridley links) und Luke Skywalker (Mark Hamill) treffen zum ersten Mal aufeinander – auf der Insel Skellig Michael.

© imago/ZUMA Press

„Star Wars" in Irland: Insel der Jedi-Ritter

Als Kulisse des neuen „Star Wars“-Films diente Irlands schroffe Landschaft. Die Anwohner vom Sybil Head hoffen jetzt auf die Invasion intergalaktischer Besucher.

Die Kuhweide links liegen gelassen, alle Pfützen umlaufen, übers Gatter geklettert, durch den Matsch den Hang hoch gestapft. Zwischendurch kurz verschnauft und die Aussicht genossen, dann weiter über die nasse Wiese, und jetzt, noch längst nicht am Gipfel, kommt Caroline Boland die Erkenntnis: Also so funktioniert das nicht. Nie und nimmer werden amerikanische Touristen derartige Strapazen auf sich nehmen und den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen. „Wir müssen sie irgendwie mit dem Auto hochbringen.“

Dass die Touristen kommen werden, ist unausweichlich. Der Sybil Head, ein grüner Bergrücken auf der Dingle-Halbinsel am Südwestzipfel Irlands, wird bald weltberühmt sein. Wegen eines Kampfes mit Lichtschwertern, der hier im Mai vergangenen Jahres an den Klippen ausgefochten wurde und der ab kommenden Donnerstag auf tausenden Kinoleinwänden zu sehen ist – in „Die letzten Jedi“, dem achten Teil der „Star Wars“-Saga.

Wer genau dort kämpfte und wer gewann, weiß Tourveranstalterin Caroline Boland nicht. Wie alle anderen Bewohner der Gegend wurde sie während der Dreharbeiten auf Abstand gehalten. Es gab Straßensperren, die Bauern, denen die Wiesen gehören, mussten Verträge mit Verschwiegenheitsklauseln unterschreiben. Nichts von der Handlung des Films sollte vorab bekannt werden.

Für die Gegend ist „Star Wars“ eine Chance

Ganz oben am Hang, bei den Klippen, blickt man zur einen Seite aufs raue Meer und auf ein paar vorgelagerte Inseln. Zur anderen erstreckt sich ein dünn besiedeltes, von Wanderwegen durchzogenes Hügelpanorama, das auch im November noch in sattes Grün getaucht ist. So wird es bleiben. Dank des Golfstroms ist das Klima hier ganzjährig mild, es friert äußerst selten, sogar Palmen wachsen. „National Geographic“ nennt die Dingle-Halbinsel „einen der schönsten Landstriche der Welt“. Von hier oben sieht er aus wie verwildertes Teletubbieland.

Caroline Boland läuft auf dem Bergrücken weiter zu der Stelle, wo die Filmcrew ihr Set aufgebaut hatte. Drei Monate lang errichteten die Kulissenbauer ein paar moosbewachsene Steinhäuser und eine Raumschiffattrappe, 15 Tage dauerte der eigentliche Dreh. Weil es in manchen Szenen stürmen sollte, hatte das Team zur Verwunderung der Einheimischen eigens eine Windmaschine angekarrt. Die Maschine wurde kein einziges Mal eingeschaltet. Wind wird am Sybil Head nie knapp, sagt Boland.

Für sie und andere Bewohner der Halbinsel ist „Star Wars“ eine Chance. Die Region gilt als strukturschwach, der Fischfang bringt kaum noch Geld, viele Familien sind weggezogen. Im Hauptort Dingle leben nur etwas mehr als 2000 Menschen.

Gelänge es nun, die Gegend langfristig als Pilgerstätte für Filmverrückte zu etablieren, profitierten nicht nur die Hotels und Restaurants. Boland sagt, sie möchte Besuchern eine persönliche „Star Wars Experience“ bieten. Geführte Touren vielleicht. Fanfestivals. Zur Detailplanung hat sie einen Spezialisten nach Dingle eingeladen. Er beriet bereits Gemeinden dabei, die Drehorte von „Harry Potter“ und „Game of Thrones“ touristisch zu vermarkten. Städte wie Belfast und Dubrovnik haben aus den Schauplätzen Ziele für Fanmassen gemacht.

Während des Drehs wurde angeblich geheime Technik eingesetzt

Wäre es nach den Anwohnern gegangen, hätten die Kulissen, die Steinhäuser und das Raumschiff, nach Ende der Aufnahmen stehen bleiben können. Aber nichts da. Die Produktionsfirma Lucasfilm achtet penibel darauf, ihre Marke „Star Wars“ zu schützen. Lediglich ein Schild mit dem Konterfei des Erzschurken Darth Vader ließ die Crew am Eingang des Nachbardorfs Ballyferriter übrig. Und in der dortigen Grundschule kann man ein gerahmtes Gruppenfoto der Kinder mit Chewbacca bewundern, dem haarigen Kopiloten aus der Weltraumsaga. Während einer Drehpause kam der Schauspieler im Kostüm zu einem Überraschungsbesuch vorbei.

Neben Chewbacca und Luke Skywalker sollen zwei weitere Hauptfiguren in den Szenen am Sybil Head eine Rolle spielen. Angeblich in einem Schlüsselmoment des Films. Um zu verhindern, dass sich neugierige Fans oder Paparazzi während des Drehs von der Seeseite näherten, patrouillierte die irische Küstenwache. Es gab ein Flugverbot für Hubschrauber und Drohnen.

Caroline Boland hat versucht, das Spektakel von einem gegenüberliegenden Hügel mit dem Smartphone zu filmen. Sie schwört: Jedes Mal, wenn sie die Videoaufnahme starten wollte, habe sich das Gerät von selbst ausgeschaltet. Der Sohn einer Freundin will das Gleiche erlebt haben. Boland glaubt, die Produktionsfirma habe eine geheime Technik eingesetzt. Womöglich eine Art Bewegtbildblocker.

Als der Dreh abgeschlossen war, schaltete Lucasfilm eine Zeitungsanzeige und bedankte sich mit den Worten „Go mbeidh an fórsa leat“. Das ist Gälisch und bedeutet „Möge die Macht mit dir sein“.

Bei den Dreharbeiten vor drei Jahren kam es zu Komplikationen

Rauer Charme. Skellig Michael war lange unbewohnt.
Rauer Charme. Skellig Michael war lange unbewohnt.

© Valerie O’Sullivan

Wie massiv „Star Wars“ Touristen anzieht, haben die Bewohner des Küstenorts Portmagee schon erlebt. Dort, 100 Kilometer südlich von Dingle, war die Filmcrew vor drei Jahren eingefallen, um das Finale des siebten Teils auf der vorgelagerten Insel Skellig Michael zu drehen. Das unbewohnte Felsmassiv im Atlantik ist Unesco-Weltkulturerbe und zudem der westlichste Punkt Irlands. Die Frau von Regisseur J.J. Abrams, gebürtige Irin, gab den entscheidenden Tipp für die spektakuläre Kulisse.

Das am Festland gelegene Besucherzentrum von Skellig Michael verkauft seitdem T-Shirts, auf denen Luke Skywalker Guinness trinkt. Geschäftsführer John O’Sullivan sagt, die Zahl seiner Gäste sei dank des Blockbusters von jährlich 6000 auf 45 000 explodiert. In der Daueraustellung erfahren sie wenig über den Filmdreh, dafür umso mehr über die Geschichte der Insel.

Ab dem sechsten Jahrhundert nach Christus lebten Mönche auf ihr, wahrscheinlich weil sie den kargen, lebensfeindlichen Ort für den äußersten Rand der Welt und somit Gottes Nachbarschaft hielten. Mehrfach wurde ihre Siedlung von Wikingern geplündert, jedes Mal bauten sie ihre Häuser wieder auf. Erst im zwölften Jahrhundert gaben die Mönche Skellig Michael auf.

John O’Sullivan hat dafür eine Theorie: Damals verbreiteten sich die Lehren der Augustiner und Benediktiner – und somit die Überzeugung, dass man Nähe zu Gott nicht in der Abgeschiedenheit, sondern in der Fürsorge für die Armen und Notleidenden finde. Die fehlten auf Skellig Michael. Also zurück aufs Festland.

Wer heute nach Skellig Michael möchte, braucht Geduld oder viel Glück

Bei den Dreharbeiten vor drei Jahren kam es zu Komplikationen. Die Rotorblätter der Hubschrauber, die Material nach Skellig Michael bringen sollten, schleuderten Vogelküken aus ihren Nestern, worauf diese von Möwen gefressen wurden. Besonders bangten Naturschützer um die Kolonie der seltenen Papageitaucher, die hier jeden Frühsommer zu Tausenden brüten. Papageitaucher bauen selbst keine Nester, sondern kreisen zunächst tagelang in der Luft, um Kaninchenbauten auszukundschaften. Dann werden die Kaninchen vertrieben und Eier gelegt. Die Dreharbeiten hätten dieses Vertreibungsritual gestört, heißt es.

Die Ruinen zeugen heute von der frühen Besiedlung der Dingle-Halbinsel.
Die Ruinen zeugen heute von der frühen Besiedlung der Dingle-Halbinsel.

© Valerie O’Sullivan

Wer heute nach Skellig Michael möchte, um dort dieselben in den Fels gehauenen Stufen wie Nachwuchs-Jedi Rey hochzusteigen, braucht Geduld oder viel Glück. Vom Besucherzentrum aus starten zwischen Mai und September zwar Schiffstouren, doch um den Unesco-Status nicht zu gefährden, hat die irische Regierung die Zahl der Boote, die anlanden dürfen, auf täglich 15 Stück mit je zwölf Plätzen begrenzt. Zu wenig für die „Star Wars“-Gemeinde, sagt O’Sullivan. Daher muss man die Tour Monate im Voraus buchen. Spontanbesuchern bleibt nur, sich mit einer abgespeckten Bootsfahrt zu begnügen. Die führt einmal um Skellig Michael herum, ohne anzulegen.

Ein Alien wurde nach dem Delfin „Fungie“ gestaltet

Wem das zu wenig ist, dem sei eine andere Sensation empfohlen. Im Küstenort Dingle, dem Zentrum der Halbinsel und keine 20 Kilometer vom Schauplatz des Lichtschwertkampfs auf dem Sybil Head entfernt, lebt ein Delfin im Hafenbecken. Freiwillig. Und schon seit 1983. Die Einheimischen tauften ihn „Fungie“ und machten ihn zum Maskottchen. Fungie mag Menschen und schwimmt um die Touristenboote herum. So zuverlässig, dass Veranstalter mit Geld-zurück-Garantie werben für den Fall, dass man ihn nicht zu Gesicht bekommt.

Im kommenden Film „Die letzten Jedi“ wird Fungie ebenfalls zu sehen sein. Eine der Zeichnerinnen, die für die Gestaltung der Außerirdischen verantwortlich ist, wollte dem Delfin ein Denkmal setzen und entwarf am Computer ein Alien, das halb wie Fungie und halb wie ein Papageitaucher aussieht.

Reisetipps für Dingle

HINKOMMEN

Von Schönefeld fliegt seit November Ryanair donnerstags und sonntags nach Kerry. Hin- und Rückflug sind ab 100 Euro zu haben. Am Flughafen Kerry am besten ein Auto mieten, dann sind es noch etwa 60 Kilometer bis zur Dingle-Halbinsel.

UNTERKOMMEN

In Dingle in Heaton’s Guesthouse übernachten, ein Bed & Breakfast mit vier Sternen, 95 Euro das Doppelzimmer, zu buchen unter heatonsdingle.com

RUMKOMMEN

Freie Termine für eine Bootsfahrt nach Skellig Michael (75 Euro) findet man unter www.govisitireland.com, Kontakt unter skelligadventure@gmail.com oder 00353-876871261

INFO

Wissenswertes über die Drehorte hat auch das Fremdenverkehrsamt unter ireland.com/starwars zusammengestellt.

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