Ob Dürer, Cranach, Hans Baldung Grien, Jan van Eyck, Picasso, Gauguin oder Chagall – alle malten sie: Das Bild der stillenden Mutter gibt es in der Kunstgeschichte zuhauf. Im Mittelalter erlebte das Motiv einen regelrechten Boom. „Maria lactans“, die stillende Muttergottes, wurde zu einem eigenen Genre. Für die Künstler war es eine Möglichkeit, Maria zugleich als himmlische Mutter und irdische Ernährerin darzustellen. Dialektisch eine kniffelige Angelegenheit, schließlich hatte sie ihr Kind als Jungfrau zur Welt gebracht und stand insofern allen anderen Niederungen einer gewöhnlichen Mutterschaft fern. Mit der Milch der Muttergottes hatte es denn auch seine besondere Bewandtnis. Ihr wurden übernatürliche Kräfte zugesprochen, weshalb es nicht nur in der Malerei, sondern auch in der Bildhauerei ein beliebtes Sujet war. Bis hin zur Umsetzung als Wallfahrtsbrunnen mit Maria im Zentrum, aus deren Brüsten das heilende Wasser ins Becken plätscherte.

Die Idee von der göttlichen Milch ist jedoch sehr viel älter als in der christlichen Ikonografie. Das Motiv taucht schon bei den alten Ägyptern mit Isis auf, die den Horusknaben stillt. Durch ihre Milch nimmt Horus göttliche Kräfte auf. Daran wollten die ägyptischen Könige glauben und ließen sich an der Brust der Isis oder anderer Göttinnen darstellen, die zuweilen sogar in Gestalt einer Kuh auftraten. Die Bildtradition setzt sich fort in der griechischen Antike mit Herakles und verschiebt sich schließlich im 7. / 8. Jahrhundert in den christlichen Kontext. Dort gewinnt die Darstellung der stillenden Muttergottes – anders als bei den sehr viel strengeren, Maria gewidmeten Bildtypen wie Pietà, Sacra conversazione oder Schutzmantelmadonna – stets einen menschlichen, ja zärtlichen Zug. Auch Erotik spielt hinein, die sich so manches Mal im Blick des entzückt die Idylle beobachtenden Josef spiegelt.
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