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Panorama: Spiel mit dem Feuer

Von Golfern, Erdbeeren und Waldbrandgefahr: Wie Dürre in den Mittelmeerländern entsteht

Eine kurze Rast von der heißen Autofahrt im schattigen Forst – die Katastrophe beginnt oft eher zufällig: Da setzt die Glut der weggeworfenen Zigarettenkippe das ausgetrocknete Buschwerk in Brand. Oder der heiße Katalysator am Autoboden zündet das trockene Gras auf dem Waldweg an – und schon steht eine große Fläche in Flammen, während der Verursacher schon ein paar Kilometer weiter gefahren ist und von der knisternden Katastrophe hinter sich wenig ahnt. Immer wieder aber stecken auch Brandstifter hinter den Feuerwänden, die jetzt in Südeuropa wieder Siedlungen bedrohen. In Spanien werden zum Beispiel 47 Prozent aller Waldbrände absichtlich gelegt, berichtet Felix Romero von der Naturschutzorganisation WWF in Madrid.

Bilder von brennende Wälder mit Wasser bombardierenden Löschflugzeugen und erschöpften Feuerwehrleuten gehören inzwischen zum Sommer. In einem einzigen Jahr verlieren die Mittelmeerstaaten bis zu 8000 Quadratkilometer Wald – die Hälfte der Fläche von Schleswig-Holstein. Allein Portugal verzeichnete 2003 Schäden von rund einer Milliarde Euro durch brennende Wälder.

Bei 95 Prozent aller Vegetationsfeuer hat der Mensch seine Finger im Spiel, weiß Martin Geiger vom WWF in Frankfurt, und nicht immer wird bewusst gezündelt. Aber auch für Dürre und vertrocknete Vegetation sind Menschen verantwortlich – und keineswegs nur wegen des Klimawandels, der durch das Verbrennen von Öl, Kohle und Gas die Temperaturen auf dem Globus in die Höhe treibt und die Sommer im Mittelmeerraum trockener werden lässt. Dass die Niederschläge weniger werden, ist keine Zukunftsmusik mehr: Im 20. Jahrhundert nahm die Zahl der Regentage in Italien um zwölf Prozent ab, und im Einzugsgebiet einiger europäischer Mittelmeerflüsse fielen zwanzig Prozent weniger Niederschlag.

Von oben fällt also weniger Wasser – und unten auf der Erde verbraucht der Mensch jedes Jahr mehr davon. Zwischen 1950 und dem Jahr 2000 hat sich der Wasserverbrauch in den Mittelmeerländern auf 290 Milliarden Kubikmeter im Jahr verdoppelt. So sinken die Grundwasserspiegel, und die schneller vertrocknende Vegetation fällt Bränden zum Opfer.

Bis 2025 soll es ums Mittelmeer 0,7 bis 1,6 Grad Celsius wärmer werden, in einigen Regionen werden es sogar fünf Grad mehr. So verdunstet aus Stauseen und direkt von den Blättern der Pflanzen mehr Wasser. Größte Wasserverbraucher am Mittelmeer aber sind die Landwirte: Zwei Drittel des kostbaren Nass landen nach einer WWF-Studie auf Feldern und in Gewächshäusern.

Ein typisches Beispiel ist die Provinz Huelva, in der schon vor dem Frühjahr die ersten Erdbeeren reifen, die lange vor der Saison in Mitteleuropa verkauft werden. Die Hälfte der Huelva-Erdbeeren geht nach Deutschland – so trägt auch der Verbraucher hierzulande seinen Teil der Verantwortung an sinkenden Flusspegeln.

Neben der Entnahme von Flusswasser senken auch Brunnen den Grundwasserspiegel und verstärken Dürreperioden. Allein in Spanien wurden eine halbe Million Brunnen illegal gebohrt, zumeist, um sonst trockene Felder zu bewässern. Die sinkenden Wasserstände erhöhen dabei nicht nur die Waldbrandgefahr, sondern verändern auch die Natur gravierend, weil weniger Süßwasser in das riesige Feuchtgebiet fließt, das als Nationalpark Cota Donaña vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten das Überleben sichert. Durch die Verbindung zum Meer versalzt die Region daher. Das verschlechtert die Chancen für die Arten dort rapide.

Soll also das Naturschutzgebiet erhalten und die Waldbrandgefahr verringert werden, muss dringend der Wasserverbrauch verringert werden. Das ist gar nicht so schwierig, meint WWF-Spezialist Martin Geiger: Viele Felder werden heute noch berieselt, eine modernere Tröpfchenbewässerung dagegen verbrauche bis zu vierzig Prozent weniger Wasser und lasse die Ernte nicht schlechter ausfallen. Da allein in Spanien mit 36 000 Quadratkilometern eine Fläche von der Größe Baden-Württembergs bewässert wird, stehen die Chancen nicht schlecht, so den Wasserverbrauch erheblich zu senken.

Subventionen der EU haben viele Bauern vor allem in Spanien dazu gebracht, alte Oliven- und Zitrushaine zu roden, die mit dem Regen des Winterhalbjahres auskamen. An ihrer Stelle wachsen Mais, Zuckerrüben oder Futterpflanzen, die auch im Sommer bewässert werden müssen. Auch dadurch steigt der Verbrauch, sinkt der Grundwasserspiegel und wächst die Gefahr von Dürren und Bränden.

Auch Tourismus und Sport tragen dazu bei: Würden in Hotels statt Rasenflächen heimische Agaven gepflanzt, ließe sich viel Wasser sparen. Jeder einzelne der 276 existierenden und 150 geplanten Golfplätze Spaniens schluckt die Trinkwassermenge einer 15 000-Einwohner- Kleinstadt; Spaniens Golfer brauchen weit mehr Wasser als die Hauptstadt Madrid mit 3,1 Millionen Einwohnern.

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