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Panorama: Spüren, was geschieht

Der Ostwind lässt die Luft kälter erscheinen, als sie ist – für die empfundene Temperatur gibt es eine Formel

Berlin (os). Wer heute morgen das Haus verlässt, muss sich warm anziehen. Minus 14 Grad werden gegen acht Uhr im Berliner Stadtgebiet erwartet. Das sagte Thomas Globig von Meteomedia gestern abend.

Minus 14 Grad, das geht ja noch. Wäre da nicht dieser Ostwind. Er bringt uns nicht nur die Kälte, er lässt die Temperaturen noch kälter erscheinen als sie tatsächlich sind. Die gefühlte Temperatur oder die WindchillTemperatur, wie die Amerikaner sagen, soll heute morgen minus 24 Grad betragen. Berechnet wird dieser Wert aus einer Formel, die US-Wissenschaftler konstruiert haben. Nebenstehend auf der computergenerierten Tagesspiegel-Windchill-Tabelle zum Ausschneiden sind die Werte aufgeführt. Links stehen die Temperaturen, oben die Windstärken. Bei minus 14 Grad und Windstärke drei ergibt sich ein Windchill-Wert um minus 24 Grad. Pfeift der Wind an manchen Stellen mit Windstärke vier um die Ecken, erreicht der Wert minus 30 Grad.

Steigender Energieverbrauch

In Deutschland dauerte es Jahre, bis Windchill unter Meteorologen anerkannt war. „Gefühlte Temperatur“ – das hielten viele für unwissenschaftlichen Unfug. Dabei lag der Nutzen auf der Hand. In den USA benutzten die Meteorologen Windchill-Werte, um die Bevölkerung auf drohende Gefahren aufmerksam zu machen. Mit hoher Geschwindigkeit Richtung Süden fegende Schneestürme bedeuteten für manche Menschen den Tod, wenn sie es nicht rechtzeitig nach Hause schafften.

Die „gefühlte Temperatur“ hat in der Tat einen realen Hintergrund: Je stärker der Wind ist, umso mehr wird dem Körper Wärme entzogen. Minus 25 Grad müssen nicht tödlich sein. Wenn dabei aber Windstärke sieben herrscht, ergibt sich ein Windchill-Wert von minus 57 Grad.

Auch wer den Heizenergieverbrauch seines Hauses aufmerksam beobachtet, kann feststellen, dass er steigt, wenn ein strammer Wind herrscht. Das kann von Winter zu Winter erheblich variieren, obwohl die objektiven Temperaturen ähnlich waren.

Wer gut im Kopfrechnen ist, braucht die nebenstehende Tabelle nicht, sondern rechnet sich die Windchill-Werte anhand einer Formel aus, die lautet:

TWC=33+(0,478+0,237SQRT(V)-0,0124V)(T-33)

TWC ist die Windchill-Temperatur. T ist die tatsächliche Temperatur , V die Windgeschwindigkeit in km/h. Aus der nebenstehenden Tabelle ist zu entnehmen, welche Windgeschwindigkeit welcher Windstärke entspricht. Die Windstärke wird täglich im Wetterbericht auf der zweiten Seite vorhergesagt. SQRT ist die Quadratwurzel.

Das Thema bleibt uns noch eine Weile erhalten. Die ganze Woche über soll es kalt und trocken bleiben, sagt Globig. Grund ist das stabile Hoch „Yussuf“ über Skandinavien. Es lenkt die kalte Luft zu uns und lässt ganz Deutschland gefrieren.

Zwei Todesopfer sind deshalb bereits zu beklagen.

In den Zoos werden die Raubtiere reingeholt. Nicht weil sie frieren könnten, sondern weil die Gräben vereisen und sie entweichen könnten.

Was jetzt noch fehlt ist Schnee. Doch ausgerechnet das Schönste am Winter bleibt uns vorenthalten. Vorerst jedenfalls. Schnee gibt es frühestens, wenn es milder wird und feuchte Luft herbeigeschaufelt wird.

Das kann gefährlich werden. Wenn der Boden erst einmal zentimetertief gefroren ist und anschließend Regen und Schnee fallen, dann wird es augenblicklich glatt auf den Straße.

Diese Woche wird das nichts mehr mit dem Schnee, auch nächste Woche ist es eher unwahrscheinlich. Und danach? Dann ist Weihnachten.

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