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Schwankende Türme. Diese Langzeitbelichtung aus dem vergangenen Jahr zeigt, wie stark die normalen Schwankungen sind. Der U-Bahn-Effekt ist dagegen kaum messbar.

© dpa

Stadt in Aufregung: Kölner Dom - das große Zittern

Die neue U-Bahn erschüttert den Kölner Dom – die Stadt erinnert sich an den Einsturz des Stadtarchivs und ist in heller Aufregung. Seismologen geben Entwarnung.

Es begann mit einem Zittern im Stuhl des Dompropstes. Norbert Feldhoff wunderte sich, warum sein hölzerner Sitz in der Sakristei des Kölner Doms so vibrierte, „dass man es im Körper spürt“, wie er dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) schilderte. Feldhoff forschte dem Zittern nach und kam auf eine in Köln berüchtigte Institution: die U-Bahn. Seit Anfang Dezember vergangenen Jahres fährt die neue U-Bahn-Linie 5 direkt unter dem Kölner Dom entlang. Sie ist, das bestätigen auch die verantwortliche Kölner Verkehrsbetriebe und die Stadtverwaltung, der Grund für den zitternden Stuhl des Dompropstes und ein dumpfes, regelmäßig wiederkehrendes Rauschen im 765 Jahre alten Wahrzeichen der Stadt.

Seitdem ist die Stadt in heller Aufregung, die lokalen Medien schlagen auf ihren Titelseiten Alarm. Denn schließlich hat die U-Bahn in Köln eine dramatische Vorgeschichte. Am 3. März 2009 stürzte das Stadtarchiv mit Teilen angrenzender Häuser ein. Grund war damals eine mangelhaft gesicherte Baustelle für die neue U-Bahn-Linie unter den Gebäuden. Zwei Menschen starben. Die Probleme hörten auch danach nicht auf, Stützpfeiler verschwanden von den Baustellen, die Kosten explodierten, die Arbeiten mussten monatelang ruhen und die Eröffnung immer wieder verschoben werden. Seit dieser Zeit gibt es eine Witz-Postkarte in Köln, zu sehen ist die zerstörte Nachkriegsstadt, aus der nur der Dom unversehrt ragt. Darunter der Spruch: „Hurra, die U-Bahn ist fertig!“

Nun steht die Frage im Raum, ob das berühmteste Kölner Gebäude nicht doch gefährdet ist. Die neue U-Bahn fährt durch einen Tunnel, der aus den 60er Jahren stammt und sehr dicht am Fundament des Doms entlangführt. Schon damals, 1966 ließen die Arbeiten den Dom erzittern.

Die Herren des Doms geben sich in diesen Tagen besorgt. Es sei „nicht absehbar, welche Schäden sich daraus ergeben könnten, wir dürfen nicht einfach zuschauen“, sagte der Dombaumeister Michael Hauck laut „Kölnischer Rundschau“.

Auch die Erdbebenstation Bensberg bestätigt die Erschütterungen, gibt aber Entwarnung. „Wenn da irgendwas wäre, was auch nur im Entferntesten eine Gefahr darstellen würde, würden wir das auf jeden Fall sofort auf unseren Messungen sehen“, sagt ihr Leiter Klaus-Günter Hintzen. Vielmehr sei das Zittern des Gebäudes bisher ungefährlich und normal. Auch die einfahrenden Züge im benachbarten Hauptbahnhof hätten diesen Effekt.

Generell gilt der Dom als sehr sicheres Gebäude, weil schon seine Baumeister um den unsicheren und erdbebengefährdeten Untergrund wussten. Deshalb benutzten sie im Fundament elastischen Tuffstein, der Erschütterungen abfedert. Davon profitiert der Dom bis heute und lässt die Verantwortlichen gelassen auf das U-Bahn-Zittern reagieren. Die Verkehrsbetriebe haben ihre Fahrer bisher nur angewiesen, ein wenig abzubremsen, wenn sie unter dem Dom entlang fahren – von 30 auf 20 km/h. Es sieht so aus, als müsste Propst Feldhoff sich an seinen zitternden Stuhl gewöhnen.

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