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Eluana

© dpa

Sterbehilfe: Eluana stirbt

Seit 17 Jahren liegt Eluana Englaro im Wachkoma, jetzt werden die Apparate abgestellt - der Vatikan protestiert.

Der Krankenwagen kam kurz nach Mitternacht. Aus einer Klinik am Comer See, wo Eluana Englaro seit 15 Jahren von frommen Ordensfrauen gepflegt wurde, brachte er die 38-Jährige am Dienstag früh ins friaulische Udine. Dort hat sich eine Privatklinik bereitgefunden, die Frau sterben zu lassen. In fünfzehn Tagen soll vorbei sein, was Eluanas Vater Beppino seit Jahren „die Hölle“ nennt.

„Die Unmenschen seid ihr!“, schallt es Beppino Englaro entgegen. „Ihr Barbaren bringt Eluana um. Stoppt die Mörderhand!“, ruft es aus der katholischen Bischofskonferenz und dem Vatikan. Nach den zahllosen Gebetswachen und Fackelzügen „für Eluana“ fordert die „L’avvenire“, die Tageszeitung der Bischöfe, zum nächsten Großprotest heraus: „Italien wird nicht am Fenster stehen und der Euthanasie tatenlos zusehen.“ Am 18. Januar 1992 war die damals 21-jährige Eluana mit dem Auto verunglückt. Seither liegt sie im Wachkoma, wird künstlich ernährt und mit Flüssigkeit versorgt. Fast zehn Jahre lang hat Vater Englaro vor Italiens Gerichten darum gekämpft, „den Willen meiner Tochter zu verwirklichen“ und Eluana sterben zu lassen.

Im Oktober 2008, als Englaro schließlich von sämtlichen höchsten Gerichten die Erlaubnis bekommen hatte, setzte die politische Blockade ein. In der Lombardei weigerte sich der Regionalpräsident, die Urteile umzusetzen; sie seien „gegen das Recht“. Aus Rom verbot Wohlfahrtsminister Maurizio Sacconi allen staatlichen Kliniken des Landes, bei Eluana die Nahrungssonde zu ziehen. Die Kirche erklärte, das „Gesetz der Liebe zum Leben“ stehe über staatlichen Normen. Die Ärzte sollten sich der Euthanasie verweigern, verlangte der Turiner Kardinal Severino Poletto – das trug ihm die Replik der piemontesischen Regionalpräsidentin Mercedes Bresso ein, Italien sei „kein Land der Ayatollahs“.

Trotz der langen Jahre des Eluana-Verfahrens haben es Italiens Parteien nicht geschafft, einen Gesetzesrahmen für derartige medizinisch-ethische Fragen zu erlassen und Patientenverfügungen zu ermöglichen. Daran war nicht nur die fundamentale Uneinigkeit zwischen katholischen und liberalen Positionen schuld; das Projekt – auch wenn Parteisprecher es immer wieder mit großem Pathos als unerlässlich bezeichneten – rangiert in der Parlamentsarbeit an hinterer Stelle, bis heute.

Der Arzt in Udine, der Eluanas letzte Tage auf Bitten des Vaters in seine Hände genommen hat, versichert, die Sterbehilfe werde menschlich ablaufen. Medizinische Details nennt er nicht. Er sagt nur: „Ich bin zutiefst zerrissen als Mensch, als Vater, als Arzt, als Bürger. Aber das alles tritt zurück gegenüber dem Schmerz der Familie Englaro.“

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