zum Hauptinhalt

Panorama: Streit um Zwillinge: Drei Eltern und kein Zuhause

Sie sind sechs Monate alt, wurden zweimal verkauft, hatten drei Elternpaare und wurden 5000 Kilometer durch die USA verfolgt, bevor sie auf der anderen Seite des Atlantiks in England landeten. Nun will die leibliche Mutter der Zwillinge, die meistbietend über das Internet gleich an ein amerikanisches und ein britisches Ehepaar verhökert wurden, jetzt ihre sechsmonatigen Töchter zurückhaben.

Sie sind sechs Monate alt, wurden zweimal verkauft, hatten drei Elternpaare und wurden 5000 Kilometer durch die USA verfolgt, bevor sie auf der anderen Seite des Atlantiks in England landeten. Nun will die leibliche Mutter der Zwillinge, die meistbietend über das Internet gleich an ein amerikanisches und ein britisches Ehepaar verhökert wurden, jetzt ihre sechsmonatigen Töchter zurückhaben. Gegenüber dem britischen Massenblatt "Sun" erklärte die 28-jährige Afroamerikanerin Tranda Wecker aus St. Louis: "Als ich sie im Fernsehen bei den Engländern sah, dachte ich, mein Gott, das sind meine Babys. Was habe ich nur getan?" Angeblich hätte sie keinen Pfennig von den fast 100 000 Mark gesehen, die beide Adoptiveltern gezahlt hatten. Das britische Jugendamt hat die Zwillinge jetzt von ihren zweiten Adoptiveltern genommen und unter Amtsfürsorge gestellt.

Das britische Paar schiebt den heillosen Streit auf die amerikanische Adoptionsagentur. Sie wollten dringend noch ein Mädchen in der Familie haben, obwohl aus ihrer Ehe schon zwei Söhne im Alter von sieben und elf Jahren hervorgingen und Judith Kilshaw noch dazu eine erwachsene Tochter aus ihrer ersten Ehe hat. Als alle Versuche einer künstlichen Befruchtung fehlschlugen, suchten der 47-jährige Rechtsanwalt und seine um zwei Jahre jüngere Frau im Internet nach einer Adoptionsvermittlung, um die strengen Bestimmungen in Großbritannien zu umgehen. Sie wurden bei der "Caring Hearts" ("Sorgende Herzen") in Kalifornien fündig. Dort waren die niedlichen, dunkelhäutigen Mädchen gerade im Angebot und die Kilshaws wurden mit der Vermittlerin Tina Johnson für eine Gebühr von rund 25 000 Mark handelseinig. Das Paar reiste nach San Diego, um die Babys abzuholen. Zu ihrer Überraschung wartete dort die leibliche Mutter mit den Kindern auf sie.

Nach Darstellung der Allens war dies ein abgefeimter Trick. Sie hatten nämlich die Zwillinge vor zwei Monaten für die Hälfte der von den Kilshaws bezahlten Summe von derselben Agentur übernommen. Nach zwei Monaten wandte sich die Agentur mit der Bitte an sie, die Mädchen für einige Tage der leiblichen Mutter zu übergeben, damit diese von ihnen Abschied nehmen könne. Sobald die Kilshaws eingetroffen waren, erhielten sie von der Agentur einen Anruf, dass die Mutter sich nun anders entschieden hätte. In ihrer Verzweiflung wandten sich die Allens, wegen Kindsentführung an die Polizei. Diese konnte jedoch nichts unternehmen, da die Adoptionspapiere noch nicht unterzeichnet waren. Frau Allens Bruder, der in San Diego wohnt, fand schließlich das Hotel und erklärte den Kilshaws die Situation. In einem Telefongespräch zeigte sich der Brite jedoch unnachgiebig.

In einem Campingwagen hetzten die Kilshaws mit den Kindern 2000 Meilen von Kalifornien durch das schwere Winterwetter nach Arkansas, wo Adoptionen besonders schnell durchgeführt werden. Bei der strapaziösen Fahrt erkälteten sich die Mädchen und eines musste kurz wegen Austrocknung in ärztliche Behandlung. Die Allens nahmen die Verfolgung auf, doch sie kamen wieder zu spät. Nach der schnellen Adoption in nur zehn Tagen flogen die Kilshaws mit ihrem "Nachwuchs" nach Großbritannien zurück.

Als die Geschichte ruchbar wurde, brach in Großbritannien ein Sturm der Empörung aus. Er steigerte sich noch mehr, als bekannt wurde, dass die Zwillinge von der Agentur noch einem Ehepaar in New York angeboten wurden. Die Allens und Kilshaws stritten sich per Satellitenübertragung im Fernsehen, doch die Sympathie und Sorge der britischen Öffentlichkeit lag allein bei "Kimberley" und "Belinda", wie die Kilshaws die Mädchen nannten. Innenminister Jack Straw fand scharfe Worte für "andere Jurisdiktionen in den USA", die erlaubten, was "hier völlig ungesetzlich ist: nämlich mit Babys und Kindern zu handeln. So soll es auch bleiben, denn die ganze Idee ist einfach widerlich". Alan Kilshaw fühlt sich nicht betroffen und macht die "unflexiblen" britischen Gesetze dafür verantwortlich, dass er seine Adoptivtöchter in den USA suchen musste. Das britische Jugendamt will nun die Familienumstände der Kilshaws genau prüfen, ob sie geeignet sind, den Zwillingen ein stabiles Heim zu geben oder ob sie wieder nach Amerika zurückkehren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false