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Striptease-Kanal: Nackte Nachrichten

Beim Nahost-Konflikt fällt das Kostüm. Bei der Innenpolitik weicht der BH. Die "Naked News" aus Toronto setzen auf nackte Moderatorinnen - und seriöse Nachrichten.

New York - Nichts als die nackte Wahrheit verspricht Victoria Sinclair ihren Zuschauern. Bei der Präsentation des Weltgeschehens hat die Nachrichtensprecherin ihren eigenen Stil: Sinclair entledigt sich im Verlauf der 30-minütigen Sendung nach und nach ihrer Kleider. Victoria Sinclair ist Chef-Moderatorin des in Toronto ansässigen Striptease-Kanals "Naked News", den weltweit zehntausende Menschen per Abo übers Internet empfangen können. Den Beruf nimmt sie ernst: "Wer 'Naked News' schaut, ist sehr sehr gut informiert."

Zweifel an der Seriosität des Senders wischt Sinclair beiseite. "Manche Leute setzen Nacktheit mit Unmoral gleich", kritisiert sie. "Das sind doch überkommene Moralvorstellungen aus der Zeit unserer Großeltern." Ihre Sendung beziehe die Informationen von seriösen Nachrichtenagenturen und präsentiere sie ernsthaft und nüchtern - nur ist es eben so, dass die Sprecherin am Ende der Sendung nichts mehr anhat. "Die Trennung zwischen Nachrichten und Unterhaltung verschwimmt ohnehin mehr und mehr", sagt Produzent Lucas Tyler. "Jede Sendung hat ihren eigenen Stil, unserer ist eben nackte Frauen."

"Nacktheit nutzt sich ab"

Kritiker halten dem Sender vor, durch die freizügige Präsentation von den eigentlichen Nachrichten abzulenken. Ernsthafte Themen würden dadurch zu banal dargestellt. "Unsere Sendung hätte nicht seit 1999 überleben können, wenn sie nur auf baren Brüsten beruhen würde", sagt Tyler. "Nacktheit allein nutzt sich schließlich rasch ab." Tyler räumt ein, dass gerade die Themenauswahl nicht immer einfach sei. "Wir wissen, dass wir eine umstrittene Sendung machen", sagt er. Über Kinder und über religiöse Themen werde deshalb von vornherein nicht berichtet. Alles andere könne bei "Naked News" aber zum Thema werden.

Victoria Sinclair erinnert sich noch gut daran, wie schwierig die Sendungen nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 waren. "Wir blieben vollständig angezogen, die ganze Woche lang." Unter diesen besonderen Umständen wäre es unangemessen gewesen, die Nachrichten "mit unserem Unterhaltungselement" anzureichern. "Wir wollten unseren Respekt zeigen." Nach einer Schamfrist seien die Hüllen dann aber wieder gefallen wie zuvor.

Strippende Männer

Schließlich muss der Sender seinem Motto gerecht werden: "Die Sendung, die nichts zu verbergen hat." Nach Firmenangaben hat die Sendung zehntausende zahlende Abonnenten in 150 Ländern. Und es werden immer mehr. Nach dem Erfolg der Anfangssendung entwickelte "Naked News" eine eigene Ausgabe mit strippenden Männern, die zur Überraschung der Macher besser bei Männern als bei Frauen ankam. Deswegen sei die Sendung überarbeitet und mit einer schwulen Note versehen worden, berichtet Tyler. (tso/AFP)

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