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Oscar Pistorius ohne Beinprothese im Gerichtssaal.

© REUTERS

Südafrika: Pistorius legt Beinprothesen ab - und muss auf Urteil warten

Showdown in Südafrika: Oscar Pistorius läuft völlig fertig ohne Prothesen durch den Gerichtssaal. Sein Verteidiger will die Hilflosigkeit des Spitzensportlers demonstrieren. Die Staatsanwalt sieht in dem Paralympics-Star einen eiskalten Mörder.

Der ehemalige Spitzensportler Oscar Pistorius muss drei Wochen auf das neue Urteil über seine Strafe warten. In der Verhandlung über sein Strafmaß trat der unterhalb der Knie amputierte Südafrikaner am Mittwoch in Pretoria überraschend ohne seine Prothesen auf. Pistorius' Verteidiger Barry Roux wollte damit die Verletzlichkeit seines sichtlich angeschlagenen Mandanten vorführen. Pistorius habe seine Freundin Reeva Steenkamp aus Angst um sein Leben erschossen, sagte Roux in seinem Schlussplädoyer. Staatsanwalt Gerry Nel forderte mindestens 15 Jahre Haft für Pistorius.

Der frühere Paralympics-Star hatte am Valentinstag 2013 seine damalige Freundin Reeva Steenkamp erschossen. Er war in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und erzielte Ende 2015 in zweiter Instanz eine Verurteilung wegen „Mordes“, was im deutschen Rechtssystem dem Totschlag entspricht. Das Gericht in Pretoria unter Vorsitz von Richterin Thokozile Masipa will am 6. Juli über ein neues Strafmaß für Pistorius befinden.

Ursprünglich sollte Pistorius, der derzeit unter Hausarrest im Haus seines Onkels in Pretoria wohnt, bereits am Freitag die Länge seiner Haftstrafe erfahren. Pistorius hatte Steenkamp mit vier Schüssen durch die geschlossene Toilettentür in seinem Haus erschossen und ausgesagt, er habe dahinter Einbrecher befürchtet. „Er hatte richtig Angst“, sagte Roux und wies auf die Hilflosigkeit seines Mandanten hin. Schließlich legte Pistorius mit hochrotem Kopf seine Prothesen ab und lief auf seinen Beinstumpfen durch den Gerichtssaal.

Dabei musste der Südafrikaner, der als Sprinter bei den Paralympics mehrere Goldmedaillen gewann, gestützt werden und sich an den Holzbänken im Saal festhalten. Er wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Pistorius hatte bereits während der ersten Verhandlung 2014 seine Prothesen abgelegt, um die Ereignisse in der Tatnacht nachzustellen. Staatsanwalt Nel warf Pistorius vor, mit Tötungsabsicht geschossen zu haben. Er beantragte, Fotos von Steenkamps Leiche öffentlich zu machen, um der Welt zu zeigen, wie sehr sie gelitten hatte.

Richterin Masipa gab dem Antrag statt, weil die Familie der Toten zuvor zugestimmt hatte. Steenkamp habe niemals ihre Träume verwirklichen können und sei einen schrecklichen Tod gestorben, sagte Nel. Roux betonte hingegen, dass Pistorius bereits für den Rest seines Lebens bestraft sei. Er könne etwa seine Sportkarriere nicht weiterverfolgen und habe finanziell und sozial für das Verbrechen gezahlt. „Er zahlt seit dem Moment, als er geschossen hat.“ Pistorius sei ein „gebrochener Mann“. Staatsanwalt Nel erklärte, dass der tatsächlich „gebrochene Mann“ der Vater der getöteten Reeva Steenkamp sei.

Barry Steenkamp hatte am Dienstag in einer emotionalen Aussage über den Verlust seiner Tochter gesprochen. Weinend erklärte er, dass er sich mit Insulinspritzen in Bauch und Arme gestochen habe, um den Schmerz seiner Tochter in ihren letzten Minuten nachzufühlen. „Da war keine Wut, da war kein Hass - da war nur ein gebrochener Vater“, sagte Nel. (dpa)

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