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Panorama: Tanker explodiert auf dem Rhein

DORMAGEN .Der Wecker zeigte 1.

DORMAGEN .Der Wecker zeigte 1.30 Uhr, als Lotte Zastrau aus dem Schlaf hochschreckte."Erst kam ein kleiner Knall, dann eine gewaltige Explosion, und anschließend konnte ich den Feuerschein sehen", erzählte die Frau am nächsten Morgen.Die Fenster hatte sie inzwischen geschlossen: Noch immer stand die Rauchsäule über der Stelle des Anlegers, an der in der Nacht ein Tankschiff auf dem Rhein explodiert war.

Die "Avanti" war nachts bei der EC Erdölchemie in Dormagen beladen worden, als der gewaltige Knall die Anwohner aus dem Schlaf riß.Am Morgen zog Ramon van der Maat, der Sprecher der Duisburger Wasserschutzpolizei, die traurige Bilanz: "Zwei Menschen sind ums Leben gekommen, es gibt zehn Verletzte, einer wird noch vermißt." Eine Frau liege mit schweren Verbrennungen in einer Spezialklinik, sie schwebt in Lebensgefahr.Der Vermißte ist ihr Sohn.Bis zum Freitagnachmittag konnte der 20jährige nicht aufgefunden werden.

Über den Rundfunk wurden die Anwohner den ganzen Tag über gebeten, die Fenster geschlossen zu halten, weil noch immer giftige Dämpfe aufstiegen.Mehrere Menschen klagten über Kopfschmerzen.Die benachbarte Bundesstraße 9 blieb genauso gesperrt wie der Rhein selbst, denn angesichts der benzinhaltigen Luft bestand noch immer Explosionsgefahr.Unterdessen waren die Experten von Feuerwehr und Wasserschutzpolizei dabei, die Einzelheiten des Unglückes zu rekonstruieren.Hagen Noerenberg, der Geschäftsführer der Erdölchemie, berichtete, daß die "Avantie" mit rund 2000 Litern Leichtbenzin beladen werden sollte: "Es befanden sich zum Zeitpunkt des Unglückes etwa 950 Kubikmeter des Benzingemisches an Bord.Warum die explodierten, wissen wir noch nicht".

Nur der Knall warnte die Schiffer."Das ging alles so schnell, daß die Leute nur noch von Bord springen konnten", berichtete der Direktor der Kölner Berufsfeuerwehr, Stefan Neuhoff.Die Matrosen der "Avanti" waren unmittelbar nach der Explosion in den Rhein gesprungen, sie wurden wenig später gerettet.Zu diesem Zeitpunkt trieben gewaltige Mengen brennenden Benzins auf dem Rhein und erfaßten das benachbarte Schiff, die "LRG 23".Dort wurden mehrere Besatzungsmitglieder im Schlaf von den Flammen überrascht.Einer der Matrosen verbrannte in seiner Kajüte, ein anderer versuchte sich mit einem Sprung in das Wasser zu retten - vergeblich.Seine Leiche wurde Stunden später gut fünf Kilometer rheinabwärts am Ufer gefunden.

Dramatisch ging es auf einem weiteren Tankschiff zu, das unmittelbar neben der "LRG 23" lag.Die Besatzung der "Marina" schaffte es in letzter Sekunde, die Taue zu kappen, den Motor zu starten und abzulegen, bevor die Flammen auch auf dieses Schiff übergriffen.

Die Erdölchemie arbeitet als Tocherunternehmen der Deutschen BP und dem Bayer-Konzern seit fünfzig Jahren am Rhein.Während sich die Feuerwehr mit Angaben zur möglichen Unglücksursache noch zurückhält, spekuliert das Unternehmen bereits."Bei uns sind keine Unregelmäßigkeiten aufgetreten", verkündete Geschäftsführer Noerenberg.Er vermutet, daß die Ursache auf dem Schiff lag."Wieviel Benzin in der Rhein floß, wissen wir nicht", fügte er hinzu, möglicherweise seien es 80 Tonnen.Größere Schäden dürften jedoch nicht entstehen, meinte Noerenberg.

Die "Avanti" liegt nun auseinandergebrochen im Rhein.Insgesamt waren mehr als 250 Feuerwehrleute aus der ganzen Umgebung bis in den Morgen damit beschäftigt, die Brände zu löschen und Ölsperren zu errichten.Am Mittag gab die Wasserschutzpolizei den Rhein wieder frei, den sie auf etwa 50 Kilometern gesperrt hatte.Auch den Rheinalarm konnte sie auflösen, der die Nachbarländer vor der Gefahr warnt.

JÜRGEN ZURHEIDE

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