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Technikprobleme: Abwrackprämie: Systeme brechen zusammen

Offline nach ein paar Sekunden: Am Montag wurde die Internetseite freigeschaltet, über die sich Autokäufer online die Abwrackprämie sichern können. Doch es gab zu viele Interessenten. Anmeldungen waren fast unmöglich.

Berlin - Der Chaostag beginnt pünktlich um 8 Uhr. Zu dieser Zeit soll die Internetseite freigeschaltet werden, über die Autokäufer sich online ihren Anspruch auf die Abwrackprämie sichern sollen. Unter www.ump.bafa.de müssen ein paar Daten zum alten und zum neuen Auto eingetippt und der Kaufvertrag gesendet werden, damit der Platz in der virtuellen Warteschlange für die 2500 Euro sicher ist. So weit die Theorie.

Praktisch sitzen an diesem Montagmorgen viele Menschen in Deutschland vor den Computern und sehen: eine Fehlermeldung. Das Formular ist unerreichbar.

Etwa beim 20. Versuch, so gegen neun Uhr, erscheint zum ersten Mal die Eingabemaske. Aber sie geht so schnell, wie sie gekommen ist: Nach ein paar Sekunden stürzt die Seite wieder ab.

Der Berliner Renault-Händler König hat für den Montag rund 600 Kunden in seine Schöneberger Filiale eingeladen, um mit ihnen gemeinsam die Reservierung einzutüten. Etwa 100 sind am Vormittag vorbeigekommen – und fluchen nun gemeinsam mit den Verkäufern. „Die Kunden sind hochgradig verunsichert“, sagt König-Sprecher Wolfgang Huber. „Die fühlen sich verarscht.“ Zehn Arbeitsplätze habe man eingerichtet und alle verfügbaren Leute an die PCs gesetzt – und nun das. „Eine ganz schlechte Posse“, schäumt Huber. „Da haben die beim Bafa wohl den Praktikanten rangesetzt.“

Das für die Prämienbearbeitung zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz Bafa, hat inzwischen auf seine Online-Seite den Hinweis gesetzt, dass es zu Schwierigkeiten komme, „die nicht im Einflussbereich des Bafa liegen“. Ein Sprecher des Amtes teilt mit, der Engpass sei die Datenübertragung zu einem externen Server, auf dem die Internetseite des Bafa liege.

Dabei hatte das Bafa seine Technik extra für die Bearbeitung von 1000 Anträgen pro Sekunde hochgerüstet. Dass der Ansturm riesig werden würde, war ja absehbar angesichts der bereits 379 000 per Post beantragten Prämien. Am Wochenende war der 1,5-Milliarden-Euro- Topf also nicht einmal mehr halb voll. Und da fehlten noch die zig- oder hunderttausende Käufer, die ihr neues Auto bereits bestellt, aber noch nicht erhalten haben und nun ab Montag zum Zuge kommen sollten. Die Kanzlerin und ihr Vize hatten zwar in der vergangenen Woche versprochen, den Prämientopf bei Bedarf aufzufüllen, aber offenbar hat das die Leute nicht wirklich beruhigt. Und während Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag versichert, dass der Prämientopf bis zum Jahresende reichen soll, formuliert Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU): „Eine Aufstockung ist immer dann eine gute Idee, wenn das gleichzeitig seriös durchfinanziert werden kann.“

Inzwischen ist es Mittag. Manche haben es inzwischen bis zum zweiten Teil der Registrierung, dem Bestätigungsfenster, geschafft – und scheitern dort. Helmut Blümer, Sprecher des Kfz-Gewerbeverbandes, resümiert: „In 20 000 deutschen Autohäusern standen heute je zwei bis drei Mitarbeiter, die auf den Knopf drückten“, und gibt die Parole aus: „Immer wieder versuchen!“ König-Sprecher Huber meldet am Nachmittag frustriert: „Wir sind noch nicht ein einziges Mal durchgekommen.“ Man habe nur die Unterlagen der Kunden kopieren können, um es allein weiter zu versuchen.

Während allmählich der Abend heraufzieht, versichert das Wirtschaftsministerium, dass niemand wegen der Computerpanne einen Nachteil haben solle. Und der Verkäufer Lothar Zörbel, der bei einem Köpenicker Peugeot-Händler ebenfalls seit morgens um acht immer wieder den Knpof drückt, überlegt: „Was zu essen habe ich hier, eine Dusche gibt’s auch. Nur keine Schlafgelegenheit.“ Er werde dann mal zum Sport gehen – und hinterher, so gegen halb zehn, noch mal ins Autohaus. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Stefan Jacobs

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