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Rio

© AFP

Temperaturrekord: Der heißeste Winter seit langem

Kein Karnevalsscherz: Wegen Hitze im Süden liegen die Temperaturen im Weltdurchschnitt sehr hoch.

Die Meldung klingt paradox. Der letzte Monat soll der wärmste Januar seit 32 Jahren und zudem der drittwärmste Monat überhaupt in diesem Zeitabschnitt gewesen sein. Kaum zu glauben in diesen Wochen, in denen es hierzulande so winterlich ist wie lange nicht mehr. Der Temperaturrekord bezieht sich aber nicht auf Deutschland oder Mitteleuropa, sondern auf den weltweiten Durchschnitt aus vielen Einzeltemperaturen.

Zusammengestellt wurden sie von einem Team um John Christy an der Universität von Alabama in Huntsville. Die Forscher nutzen Temperaturdaten von Satelliten, die in der untersten Atmosphärenschicht zwischen null und acht Kilometer über dem Meeresspiegel erhoben werden – über Ozeanen, Gebirgen, Regenwäldern, Wüsten und Städten. Wie die Wissenschaftler berichten, war der letzte Monat um 0,7 Grad Celsius wärmer als der Durchschnitt aus den Januardaten der vergangenen zwei Jahrzehnte. Als Ursache dafür führen sie ein El-Niño-Ereignis an, bei dem das Oberflächenwasser des Pazifiks vor der Küste Südamerikas deutlich erwärmt ist. Diese Wärme wird teilweise an die Atmosphäre abgegeben und kann so die Lufttemperaturen in weiten Teilen der Welt beeinflussen.

„Im Pazifik gibt es derzeit so viel zusätzliche Wärme, dass auch die Temperaturrekorde von Februar und April 1998 gebrochen werden könnten“, sagt Christy. Damals gab es ebenfalls einen El-Niño, der die Temperatur in die Höhe trieb, zumindest im globalen Durchschnitt. In den einzelnen Regionen der Erde können sich die Werte recht verschieden entwickeln, mitunter auch gegen den generellen Trend. So war etwa die Atmosphärentemperatur im Januar 2010 in Nordamerika um mehrere Grad höher, als sonst zu dieser Jahreszeit üblich. Den Rekord hält Südgrönland mit einem Plus von sieben Grad. Westlich von Feuerland, in Europa und in Sibirien hingegen lagen die Januartemperaturen deutlich unter den Daten der Vorjahre.

„Dass bei uns so niedrige Temperaturen herrschen, ist kein Widerspruch – weder zu El Niño noch zum Klimawandel“, sagt der Meteorologe Uwe Ulbrich von der Freien Universität Berlin. Der warme Pazifik beeinflusst das Wetter in weiten Teilen der Welt, wie stark der Effekt jedoch in Europa ist, sei umstritten. „Die globale Erwärmung wiederum ist ein langfristiger Trend, der stets von kurzfristigen Schwankungen überlagert wird.“ Die Ursachen dafür sind vielfältig: veränderte Meeresströmungen, Sonnenaktivität, Vulkanismus – oder wie derzeit in Europa eine stabile Wetterlage, die von kalter Luft aus dem Norden und Osten statt feuchter Wärme vom Atlantik dominiert wird. „Es gibt immer wieder kürzere Phasen, in denen die Temperatur sogar abnimmt, scheinbar gegen den langfristigen Trend“, sagt der Forscher. „Und ebenso Jahre, in denen sich beide Effekte addieren und die Temperaturen überdurchschnittlich steigen.“

In den bisherigen Klimamodellen seien die längerfristigen Schwankungen nur unzureichend enthalten, sagt Ulbrich. Veränderte Meeresströmungen zum Beispiel würden nicht berücksichtigt. Deshalb haben er und Forscher aus Hamburg, Kiel und Karlsruhe das Forschungsprojekt „Miklip“ (Mittelfristige Klimaprognose) gestartet. Dabei soll eine möglichst reale Klimaentwicklung einschließlich natürlicher Variationen über zehn Jahre berechnet werden. „So eindeutige Vorhersagen wie im abendlichen Wetterbericht werden wir nicht machen können“, sagt Ulbrich. „Unsere Aussagen werden mit einer bestimmten Unsicherheit versehen sein, die hoffentlich nicht zu groß ist.“

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