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Panorama: TGV: Im "Tiefflug" nach Marseille

Die Nordsee und das Mittelmeer sind jetzt nur noch viereinhalb Eisenbahnstunden voneinander entfernt. Am Sonntag beginnt auf dem neuen Streckenabschnitt des Hochgeschwindigkeitszuges TGV zwischen Valence und Marseille der Linienverkehr.

Die Nordsee und das Mittelmeer sind jetzt nur noch viereinhalb Eisenbahnstunden voneinander entfernt. Am Sonntag beginnt auf dem neuen Streckenabschnitt des Hochgeschwindigkeitszuges TGV zwischen Valence und Marseille der Linienverkehr. Damit wird nach zwölfjähriger Planungs- und Bauphase eines der größten Verkehrsinfrastrukturprojekte Europas abgeschlossen. Umgerechnet etwa acht Milliarden Mark hat das ehrgeizige Vorhaben gekostet. Während die Bahn in Deutschland Verbindungen streicht, verfügt Frankreich damit über das längste Hochgeschwindigkeitsnetz Europas.

11 500 Arbeiter waren über fünf Jahr mit dem Bau der Trasse für den TGV Méditerranée beschäftigt, zehn von ihnen mussten den Einsatz mit dem Leben bezahlen. Für die 250 Kilometer lange Strecke wurden 36 Millionen Kubikmeter Boden abgefahren und an anderen Stellen 40 Millionen Kubikmeter Erdreich als Bahndämme aufgeschüttet. Sieben Talbrücken mit einer Gesamtlänge von rund 17 Kilometer wurden gebaut, die längste davon steht auf 36 Pfeilern in Ventabren. 13 Kilometer Tunnel mussten in die Berge gesprengt, 1000 laufende Kilometer Schiene sowie 850 000 Schwellen verlegt werden. Drei neue Bahnhöfe entstanden in Valence, Avignon und Aix-en-Provence. Insgesamt waren für das ingenieurtechnische Meisterwerk 100 Millionen Arbeitsstunden nötig.

Nach heftigen Auseinandersetzungen mit Umweltschützern zu Beginn des Projektes war die Breite der Zone, in der Anlieger der Trasse eine Entschädigung erhalten, auf 150 Meter verdreifacht worden. Schutzwände sollen den Lärmpegel entlang der Strecke auf 60 Dezibel begrenzen, über eine Million Bäume wurden neu gepflanzt. Die Gesamtkosten trägt zu 90 Prozent die für die Entwicklung von Eisenbahn-Infrastrukturen zuständige, staatseigene Firma Réseau Ferré de France (RFF), den Rest die Eisenbahnesellschaft SNCF.

In nur einer Stunde und 40 Minuten jagen die 300 Stundenkilometer schnellen TGVs ab Sonntag bis zu 50 mal täglich über die neue Strecke. Sie stellt eine Verlängerung der 1981 eröffneten, ersten TGV-Verbindung zwischen Paris und Lyon dar. Von der Seine bis zum Mittelmeer braucht man ab sofort nur noch drei Stunden, 80 Minuten weniger als bisher. Eine ernste Konkurrenz für die von Air France und Air Liberté im 30-Minuten-Takt bedienten Flugverbindung. Der Luftsprung zwischen Paris und Marseille dauert zwar nur 80 Minuten, doch liegen die Flughäfen jeweils weit außerhalb der Stadt.

Dass es auch auf der Schiene noch schneller geht, wurde bereits am 26. Mai bewiesen. Da schaffte ein TGV die 1067,2 Kilometer lange Gesamtstrecke von Calais nach Marseille in drei Stunden und 29 Minuten.

Rainer W. During

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