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„The Voice of Italy“: Rockende Ordensfrau Cristina Scuccia siegt souverän

„... und nun alle: das Vaterunser": Die rockende Ordensfrau Cristina Scuccia hat souverän bei dem Gesangswettbewerb „The Voice of Italy“ gewonnen. Der Exoten-Bonus beschert Italiens Staatsfernsehen gute Quoten.

Erst ganz am Ende merkt man ihr an, wie groß die Anspannung gewesen sein muss. Soeben hat Cristina Scuccia den dreißig Jahre alten “Flashdance”-Hit “What a feeling” so phänomenal aufs Parkett gelegt, als sänge sie um ihr Leben. Jetzt quellen Schweißperlen unter ihrem Nonnenschleier hervor, sie reißt das Mikrofon hoch, pustet – „uffff!“ – die Backen leer, wirkt für einen Augenblick so ernst und so verblüfft, als kehrte sie aus einer fernen Welt auf den Boden zurück, und sackt sichtlich in sich zusammen.  

Die rockende Ordensfrau Cristina Scuccia riss alle mit

Es ist vollbracht: die drei Monate Gesangswettbewerb bei „The Voice of Italy“ im Staatsfernsehen Rai, mit Zuschauerzahlen, die extra wegen ihr, der “rockenden Nonne”, dauernd um durchschnittlich zwei Punkte höher lagen als beim Allerweltsgeträller 2013. Die Ausscheidungskämpfe, live im Studio, zuletzt Woche für Woche. Das lawinenartig anschwellende Medienecho bis hin nach New York und in die BBC, die Internetattacken von katholischen Konservativen gegen dieses laszive Höllenspektakel, für das sie sich als gottgeweihte Jungfrau hergebe...

Die rockende Ordensfrau Cristina Scuccia ist eine Schwester der Ursulinen

In der Nacht zum Freitag ist es dann so weit. Vier Finalisten. Der Jubel im Mailänder Studio, das “Televotum” der Zuschauer von zuhause aus. Und kurz nach Mitternacht: “The winner is: Suor Cristina!” 62,3 Prozent der Stimmen sind ihr zugeflogen, der kleinen, 25jährigen Sizilianerin im tiefschwarzen Ordenskleid der Ursuliner-Schwestern, in klobigen Gesundheitstretern, ohne Glitzerkram, aber mit einer menschlichen Ausstrahlung, einem Stimm- und Bühnentalent, das am Ende sogar die mitreißt, die unterwegs nörgelten: „Die hat ja sowieso den Exoten-Bonus.“ Nur bei ihrem letzten, ganz eigenen Programmpunkt, da steigen Publikum und Juroren hörbar aus: Das Vaterunser, das Schwester Cristina nach der Siegerehrung gemeinsam mit allen beten will – “und ich danke besonders dem da oben” – das spricht sie praktisch allein.

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Kommt jetzt der Palttenvertrag für die Ordensfrau Cristina Scuccia?

Und jetzt? Was für eine Karriere kommt jetzt? Plattenverträge? Tourneen? Suor Cristina sagt, sie bleibe „mit den Füßen auf dem Boden“ und vertraue sich “ganz der göttlichen Vorsehung und meinen Oberinnen an“. Sollten diese entscheiden, dass so viel Bühne fürs erste reiche, “dann kehre ich mit Freuden in meine Kinderbetreuung zurück.“ Nur singen, sagt Cristina, “werde ich überall, wo der Herr es will, in der Kirche, in der Schule, auf den Plätzen, das ist meine Berufung.“

“Teufel und Weihwasser”

Da wird noch ein anderer mitreden: Der linke Mailländer Rapper J-Ax, der von „diesem ganzen religiösen Überbau da” nichts hält, der aber als Jury-Mitglied und Coach während des Wettbewerbs die Ordensfrau unter seine Fittiche genommen hat. Die beiden – “Teufel und Weihwasser”, sagt J-Ax – haben sich während der letzten drei Monate  fachliche und menschlich offenbar tiefer schätzen gelernt. Und J-Ax will Suor Cristina nicht so ohne weiteres in in ihrem Kloster verschwinden sehen: “Sie ist eine Riesen-Chance, sie muss auf jeden Fall eine Platte produzieren.“ Mit dem Segen des Vatikans, schlägt J-Ax vor, und dann als großes Wohltätigkeitsprojekt zugunsten eines Waisenhauses in Brasilien, wo Cristina auch ihr zweijähriges Noviziat gemacht hat. J-Ax verspricht, er selber werde das Projekt kostenlos betreuen und „große Namen“ dafür gewinnen; Alicia Keys zum Beispiel oder Kylie Minogue, die mit Suor Cristina auch schon während „The Voice“ aufgetreten ist. „Und alle werden ihr Honorar spenden. Bis auf den letzten Euro.”

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