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Angesichts von Bildern wie diesem kann man wohl nicht von einem "interessanten Schaden" sprechen.

© Hajo Dietz/dpa

Tödlicher Einsturz eines Brückenteils in Unterfranken: Kaputt saniert – Staatsanwaltschaft ermittelt

Nach dem Einsturz einer Autobahnbrücke in Unterfranken ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der tödliche Unfall wirft die Frage auf, ob es zu weiteren Vorfällen kommen kann

Die Ursache bleibt weiterhin rätselhaft. Auch einen Tag nach dem Einsturz eines Brückenteils auf der Autobahn A7 bei Schweinfurt ist völlig unklar, warum ein Bauarbeiter ums Leben kam. „Es kann noch Wochen dauern, bis die Ursache des Unfalls geklärt ist“, sagte ein Sprecher der Polizei Unterfranken. Eine Autobahnbrücke in Bayern hat ihren Neubau nicht überstanden.

Am Mittwochnachmittag war ein frisch betoniertes 40 Meter langes Teilstück der Talbrücke Schraudenbach bei Wernecke in Unterfranken abgestürzt. Dabei wurde das Baugerüst mitgerissen, zu dem Zeitpunkt waren 20 Arbeiter an der Baustelle beschäftigt. Einer von ihnen, ein 38-jähriger Kroate starb noch an der Unfallstelle. 15 weitere Menschen wurden schwer verletzt, zum Teil lebensbedrohlich verletzt. Hinzu kommen mehrere Leichtverletzte, darunter ein Schaulustiger, der mit seinem Motorrad gestürzt war, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte.

Das Brückensegment stürzte 20 Meter in die Tiefe auf die darunter liegende Kreisstraße. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich keine weiteren Opfer mehr unter den Trümmerteilen befinden. Mehr als 150 Helfer von Feuerwehr, Rettungsdienst und Technischem Hilfswerk waren im Einsatz, dazu Hubschrauber und Hunde. Einsatzkräfte suchten mit einer Ultraschall-Ortung nach Vermissten. Dazu musste absolute Stille am Unfallort herrschen. Am Donnerstag hieß es dann, niemand werde mehr vermisst. Der Unfallort werde nun behandelt „wie ein Tatort, an dem nichts verändert werden kann“, sagte ein Sprecher der Polizei. Die Kripo und die Staatsanwaltschaft Schweinfurt haben die Ermittlungen übernommen. Es sei alles abgesichert und sichergestellt worden, nichts könne beiseite geschafft werden. Nun werde sorgsam aufgearbeitet, was genau passiert ist.

Ein Pfeiler eines eingestürzten Teilstücks des Ersatzneubaus der Talbrücke Schraudenbach der Autobahn 7 (A7) steht am Donnerstag nahe Werneck (Bayern).
Ein Pfeiler eines eingestürzten Teilstücks des Ersatzneubaus der Talbrücke Schraudenbach der Autobahn 7 (A7) steht am Donnerstag nahe Werneck (Bayern).

© dpa

Der Verkehr auf der A7 war von dem Unglück nicht betroffen. Er wird schon seit Monaten über den verbliebenen alten Brückenteil in Fahrtrichtung Würzburg geleitet, der ebenfalls abgerissen und neu gebaut werden soll. Trotzdem hatten sich am Mittwoch Rückstaus durch Schaulustige in beiden Fahrtrichtungen gebildet. Das bayerische Verkehrsministerium sagte, man wolle in Bezug auf Hunderte ähnliche Baustellen in Deutschland „keine Unsicherheit verbreiten“. Es sei noch völlig ungeklärt, wie es zu dem Einsturz kommen konnte. Fachleute seien sprachlos, denn die Baufirma genieße einen einwandfreien Ruf.

Im Januar war bekannt geworden, dass jede vierte Brücke in Bayern saniert werden muss. Verantwortlich für den Neubau der Schraudenbach-Brücke ist die Firmengruppe Max Bögl. Diese teilte mit, dass bei dem Bauvorhaben ein „lange erprobtes und bewährtes“ Verfahren angewendet wurde. Man wolle daher zunächst die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten, bevor über weitere Konsequenzen für ähnliche Baumaßnahmen an anderen Brücken nachgedacht werde. Die Firmengruppe hatte ein anderes Unternehmen mit der Sanierung von Teilbereichen der Brücke beauftragt. Ob diese Firma auch den eingestürzten Teil betreut hatte und ob es sich dabei um ein deutsches oder ausländisches Unternehmen handele, wollte eine Sprecherin von Max Bögl nicht offenlegen. Etwa 39 500 Brücken gibt es im Netz der deutschen Bundesfernstraßen.

Einsatzkräfte suchen am 15.06.2016 unter einer Autobahnbrücke bei Werneck (Bayern) mit einer Wärmebildkamera nach verschütteten Personen.
Einsatzkräfte suchen am 15.06.2016 unter einer Autobahnbrücke bei Werneck (Bayern) mit einer Wärmebildkamera nach verschütteten Personen.

© dpa

Ein großer Teil wurde in den 1960er bis 1980er Jahren gebaut, oft als Spannbetonkonstruktion. Nur noch 14 Prozent der Brückenflächen gelten als sehr gut oder gut. Rund 2500 von mehr als 51 000 Brückenabschnitten befinden sich in einem mangelhaften oder gar ungenügendem Zustand. Betroffen ist hier besonders der Westen, Bundesländer wie Nordrhein- Westfalen, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der Bund will die Brückensanierungen vorantreiben: In diesem Jahr fließen 450 Millionen Euro in das „Sonderprogramm Brückenmodernisierung“, im nächsten Jahr 520 Millionen.

Hauptgrund für den raschen Verfall der Brücken ist der stark gestiegene Warentransport. In den 60er und 70er Jahren, als die Brücken gebaut wurden, gab es im Vergleich zu heute weniger Verkehr auf den Straßen. Zugleich hat der Lkw- Verkehr stark zugenommen: Die Gütertransportleistung hat sich seit 1980 verfünffacht. Außerdem werden Lastwagen immer schwerer. Während diese in den 50er Jahren nicht mehr als etwa 22 Tonnen wiegen durften, sind heute längst 44 Tonnen erlaubt. Dazu kommen extrem schwere Sondertransporte mit Spezialgenehmigung.

Ein eingestürztes Gerüst liegt am 15.06.2016 unter einer Autobahnbrücke bei Werneck (Bayern).
Ein eingestürztes Gerüst liegt am 15.06.2016 unter einer Autobahnbrücke bei Werneck (Bayern).

© dpa

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