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Tödlicher Jasmin: Erneut fallen Türkei-Besucher gepanschtem Schnaps zum Opfer

Wieder hat gepanschter Schnaps in der Türkei drei Urlauber getötet. Diesmal traf es russische Fremdenführerinnen. Doch die Gefahr lauert nicht nur in Bodrum: 12.000 Flaschen Todesfusel der Importfirma ‚Jasmin’ sollen in Umlauf sein.

Aygül Zalyaeva war erst 19 Jahre alt. Vergangene Woche hatte die junge Russin eine Gruppe von Urlaubern aus ihrem Heimatland in die Türkei gebracht, anschließend nahm sie an einem Bootsausflug teil, der russische Fremdenführer wie sie mit den Schönheiten der Küstenregion um das südwesttürkische Bodrum vertraut machen sollte. Wenig später war sie tot. Aygül Zalyaeva und zwei Kolleginnen starben, weil auf dem Ausflugsboot gepanschter Alkohol serviert wurde. Nun geht die Angst um: Laut Presseberichten wurden insgesamt 12.000 Flaschen mit potenziellem Todesfusel der Importfirma ‚Jasmin’ in Umlauf gebracht - auch im Urlauberzentrum Antalya, wo vor zwei Jahren drei deutsche Berufsschüler an gepanschtem Schnaps starben.

Der ruinöse Preiskampf türkischer Tourismusfirmen, die hohen Steuern auf Alkohol und die laschen Kontrollen durch die Behörden begünstigen türkische Schwarzbrenner, die trotz mehrerer Skandale in den vergangenen Jahren immer wieder viele Abnehmer finden. Schon nach dem Tod der Lübecker Berufsschüler im Ferienort Kemer bei Antalya im Jahr 2009 versprachen die Behörden, es werde alles getan, um solche Fälle in Zukunft zu verhindern. Wie es dennoch geschehen konnte, dass auf dem Ausflugsboot ‚Orkan 5’ in Bodrum tödlicher Whisky ausgeschenkt wurde, kann niemand erklären. Auch jetzt beteuern die Behörden in Bodrum, die Kontrollen würden verstärkt. 

Die in Presseberichten als Importeur des Todesfusels genannte Firma ‚Jasmin’ führte den gepanschten Schnaps aus dem türkischen Teil Zypern ein. Ob die Ware nicht intensiv genug oder überhaupt nicht kontrolliert wurde, ist offen. Fest steht den Berichten zufolge dagegen, dass noch 12.000 weitere verdächtige Flaschen mit Whisky, Gin und Wodka ausgeliefert wurden, nach denen jetzt fieberhaft gesucht wird. Festnahmen gab es bisher nicht.

Auch die Aufarbeitung früherer Skandale geht nur langsam voran. So ist der Strafprozess gegen die mutmaßlichen Schwarzbrenner, die den Tod der drei deutschen Berufsschüler verschuldet haben sollen, noch nicht abgeschlossen. Der Hauptangeklagte Cengiz E. gab kürzlich vor Gericht den Opfern selbst die Schuld: Die Deutschen hätten am fraglichen Tag Parfüm getrunken und Hasch geraucht, sagte er. „Natürlich will niemand sterben. Aber die jungen Leute haben an diesem Tag alles versucht, um es doch zu schaffen.“ Am 22. Juli wird das Urteil erwartet. 

Im Fall der toten Russinnen geht es für die Türken erst einmal um Schadensbegrenzung. Mit einer Schlagzeile in russischer Sprache und kyrillischen Buchstaben auf der Titelseite entschuldigte sich die Zeitung „Hürriyet“ am Donnerstag im Namen der Türkei. Der Tod der Russinnen trifft die türkische Fremdenverkehrsindustrie an einem heiklen Punkt: der Glaubwürdigkeit als sicheres Urlaubsziel. 

Trotz diverser Terroranschläge in den Tourismusgebieten galt die Türkei bisher als Land, in dem man unbesorgt Urlaub machen kann. Die Besucherzahlen steigen stetig, im vergangenen Jahr kamen fast 29 Millionen Urlauber, ein neuer Rekord. In diesem Jahr sollen es, nicht zuletzt dank der Russen, noch mehr werden. Erst Mitte April wurde die Visumspflicht für Russen bei Türkei-Reisen aufgehoben, weshalb rund vier Millionen Urlauber aus Russland an den Stränden von Antalya und Bodrum erwartet wurden. Die trinkfesten Russen sind dabei, die Deutschen als stärkste Gruppe der Türkei-Touristen zu entthronen. 

Nun aber befürchten die Türken, viele Russen würden durch den Skandal um den Todesfusel abgeschreckt: „Russische Urlauber fahren nirgendwohin, wo sie nicht in Ruhe trinken können“, zitierte die Zeitung „Vatan“ einen türkischen Tourismusunternehmer. 

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