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Die wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefaehrlicher Koerperverletzung angeklagte Birgit W. am Montag neben ihrer Verteidigerin Andrea Schnetzer im Gerichtssaal.

© dpa

Tote Dreijährige: Staatsanwalt fordert sechs Jahre für Leas Mutter

Sie habe ihre Tochter zwar vernachlässigt, deren Tod aber nicht gewollt, sagte die 22-jährige Mutter der im März verstorbenen Lea vor Gericht. Der Gutachter hält die Angeklagte für voll schuldfähig.

Die Mutter der an den Folgen einer Lungenentzündung gestorbenen kleinen Lea aus Tirschenreuth soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft am Landgericht Weiden für sechs Jahre und ein Monat ins Gefängnis. Die 22-jährige Birgit W. habe ihre Tochter aus Gleichgültigkeit und Böswilligkeit über einen längeren Zeitraum bewusst nicht mehr ausreichend gepflegt und versorgt, sagte Oberstaatsanwalt Gerhard Heindl am Montag in seinem Plädoyer. Sie sei daher der Misshandlung von Schutzbefohlenen, der Verletzung der Fürsorgepflicht und der gefährlichen Körperverletzung für schuldig zu sprechen.

Die knapp dreijährige Lea war in der Nacht zum 27. März stark unterernährt und ausgetrocknet an den Folgen einer viralen Lungenentzündung gestorben. Sie wog zuletzt nur noch 8,2 Kilogramm und damit fast sechs Kilogramm weniger als für ihr Alter normal gewesen wäre. Zudem litt sie an einer doppelseitigen, eitrigen Mittelohrentzündung und einem Wasserkopf als Folge einer nicht behandelten Hirnhautentzündung.

Zum Prozessauftakt hatte Birgit W. eingeräumt, sich nach der Trennung von ihrem Mann im September 2009 immer weniger um ihre Tochter gekümmert zu haben. Von Krankheiten will sie nichts bemerkt haben. Sie hatte ausgesagt, sich von Lea abgelehnt gefühlt zu haben, weil diese mehr an ihrem Vater gehangen haben soll. Irgendwann sei ihr egal gewesen, was mit dem Mädchen passiere. Ihren Tod habe sie aber nicht gewollt.

Laut Oberstaatsanwalt Heindl benutzte Birgit W. ihr Kind, um ihren Mann aus Mitleid zur Rückkehr zu bewegen. Sie habe ein Eingreifen anderer verhindert, indem sie Lügengeschichten über unheilbare Erkrankungen des Mädchens und angebliche Arztbesuche verbreitete. "Das ist ein Ausmaß einer sozialen Verwahrlosung, das man selten sieht", sagte er.

Verteidigung sieht minderschweren Fall

Weil nicht zweifelsfrei nachzuweisen war, dass das Kind nur aufgrund seines schlechten Allgemeinzustands an der Lungenentzündung gestorben sei, könne der 22-Jährigen aber kein Tötungsdelikt vorgeworfen werden, betonte er. Verteidigerin Andrea Schnetzer sprach in ihrem Plädoyer von einem minderschweren Fall. Sie beantragte einen Freispruch vom Vorwurf der Misshandlung und für die anderen Anklagepunkte eine "angemessene Strafe". Zuvor hatte der psychiatrische Gutachter Birgit W. volle Schuldfähigkeit bescheinigt. Er habe keine Hinweise auf eine seelische Erkrankung oder Persönlichkeitsstörung der 22-Jährigen gefunden, sagte der Nürnberger Psychiater Thomas Lippert.

Hang zur Bagatellisierung von Problemen

Die 22-Jährige habe eine durchschnittliche Intelligenz, neige aber dazu, Probleme zu verdrängen. Hier habe er einen gewissen Hang zur Bagatellisierung erkennen können. Außerdem versuche sie, sich mit erfundenen Krankheiten Aufmerksamkeit und Zuneigung zu verschaffen. Das Verhältnis zu ihrem vierjährigen Sohn Felix und der im Mai 2007 geborenen Lea beschrieb der Psychiater als "nur begrenzt emotional beteiligt".
Das Urteil wird am Dienstag erwartet. (dapd)

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