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Die Gassen der Inselhauptstadt Palma locken jedes Jahr Millionen Touristen an.

© dpa

Touristenrekord auf Mallorca: Den Einheimischen wird es zu viel

Die spanische Urlaubsinsel rechnet mit noch mehr Besuchern. Viele Einheimische regt das zunehmend auf.

Beim Spaziergang durch Palmas berühmte Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen werden Urlauber in diesen Tagen an vielen Orten darauf hingewiesen, dass sie auf Mallorca unerwünscht sind. „Ausländer raus“, prangt auf Englisch in großen schwarzen Graffiti-Lettern an Hauswänden. Oder: „Urlauber go home. Flüchtlinge willkommen.“ Auf einem Bauzaun der Inselhauptstadt schockt die auf Spanisch geschriebene Hassparole „Touristen = Terroristen“. Und an einem historischen Torbogen liest man die von einem Unbekannten in Mallorquinisch aufgesprühte Warnung: „Der Tourismus zerstört die Stadt.“

Die Inselbewohner wollen den immer weiter wachsenden Massentourismus auf der Insel ganz offensichtlich nicht mehr dulden. Im Jahr 2015 waren es rund zehn Millionen Erholungssuchende, die es nach Mallorca zog, wo gerade mal 850 000 Menschen leben und 290 000 Hotelbetten stehen. Die meisten ausländischen Feriengäste mit gut 40 Prozent sind Deutsche. Und an den Buchungszahlen kann man schon jetzt ablesen, dass dieses Jahr noch mehr „guiris“ anreisen, wie die Ausländer in Spanien umgangssprachlich genannt werden. Es wird mit einem neuen Rekordandrang gerechnet.

In sozialen Netzwerken diskutieren viele darüber, wie viel Tourismus die Insel verträgt. „Tourismus ist Fluch und Segen zugleich“, heißt es im Facebook-Forum der „Mallorca Zeitung“. Ein Insulaner warnt: „Unterschwellig brodelt es auf der Insel.“ Und: „Die Respektlosigkeit, mit der manche Touristen Land und Leuten entgegentreten, ist ein verständlicher Grund für so manchen Unmut!“ Oder: „Touristen sichern Arbeitsplätze auf Mallorca. Aber ich verstehe die Mallorquiner. Zu viel ist zu viel.“

Auch an der Playa de Palma gibt es Probleme

Mallorquinische Bürgerinitiativen gehen schon länger auf die Barrikaden. Etwa die Vereinigung „Asociación de Vecinos del barrio de la Seu“, in der sich Palmas Altstadtbewohner organisieren. Sie warnen in einem offenen Brief vor der „touristischen Überfüllung“ und dem „Tod“ ihres Viertels, durch das sich die Besucherkarawanen schieben, um die Kathedrale oder den historischen Königspalast zu bewundern. Dabei habe sich die Unsitte eingeschliffen, dass viele Besucher Herzchen und Namensinitialen in die Hausfassaden ritzen. Die Anwohner, die das Gefühl haben, in einem „touristischen Themenpark“ zu leben, fühlen sich von den Behörden alleingelassen.

Ärger gibt es auch am zur Hauptstadt gehörenden Urlauberstrand Playa de Palma, an dem das Vergnügungsviertel rund um den „Ballermann“ liegt. Die dortige Anwohnerinitiative will gegen den „Schmuddeltourismus“ vorgehen, wie die Bürger es nennen. Sie klagen zum Beispiel darüber, dass sie nicht schlafen können, wenn auf den Straßen nächtliche Sauforgien stattfinden. Oder dass sie am nächsten Morgen Müllberge, Erbrochenes oder Fäkalien vor ihren Haustüren finden. Gegen solche Exzesse will Palmas sozialistischer Bürgermeister José Hila mit noch mehr Polizeipräsenz und härteren Strafen vorgehen.

Doch der Vorsitzende des Bürgervereins, Biel Barceló, ist skeptisch, dass sich wirklich etwas verbessert: „Wir warten seit Jahren auf Lösungen.“ Die Angst vor dem Massentourismus, der Überfremdung oder vor dem Immobilien-Ausverkauf auf der Insel ist übrigens gar nicht so neu: Bereits vor zehn Jahren, auf dem Höhepunkt der Spekulations- und Baublase in Spanien, zogen zehntausende Menschen durch Palma und riefen: „Schluss mit der Zerstörung“ und „Rettet Mallorca“. Geholfen hat es offenbar nicht viel. Denn die Protestparolen, die jetzt wieder über die Insel schallen, klingen ziemlich ähnlich.

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