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Das macht Spaß. Der Sprung in die Schlammgrube.

© Axel Gustke

Trendsport Extrem-Hindernislauf: Durch den Schlamm robben

„Spartan Race“, „Tough Mudder“ oder „Strongman Run“ – Hindernisläufer robben im Matsch, klettern Wände hoch und fallen in tiefe Gruben. Der Trendsport wird immer beliebter, demnächst findet auch ein Event vor den Toren Berlins statt. Ein Erlebnisbericht aus den tiefen Wäldern von Georgia.

Irgendwann ist der Schlamm überall. In den Socken, in der Hose, in den Augen, in den Haaren. Konnte man über die ersten paar Gruben noch mit etwas Geschick unbeschadet hinwegspringen, kommt irgendwann der Punkt, an dem es dann auch egal wird. Also rein in die nasskalte Brühe.

„Die tonhaltige rote Erde in den tiefen Wäldern Georgias garantiert viele rutschige Schlammgruben“, hatte der Veranstalter in der Rennbeschreibung angekündigt – er sollte recht behalten.

„Spartan Race“ nennt sich das matschige Spektakel, zu dem sich an diesem sonnigen Samstagnachmittag tausende Menschen über holprige Trampelpfade irgendwo östlich der Südstaaten-Metropole Atlanta quälen. Von Prüfung zu Prüfung: Immer wieder über irgendeine Holzmauer klettern, auf allen vieren durch Schlammfelder kriechen oder einen mit Steinen gefüllten Eimer einen Hügel hinaufschleppen – bis die Arme und Beine so sehr brennen, dass man sich fragt, warum man diesen Wahnsinn eigentlich mitmacht.

Vom Wahnsinn erfasst scheint auch so mancher Mitstreiter. Zum Beispiel der etwas übergewichtige Kerl, der soeben an einer Wurzel hängen geblieben und spektakulär mit seinem Stein-Eimer gestürzt ist. Während seine besorgten Begleiter ihn fragen, ob er sich verletzt habe, interessiert er sich nur für die verschütteten Steine. „Oh nein, die müssen alle wieder in den Eimer. Ich muss alles wieder aufsammeln“, stammelt er mit panischem Blick, anstatt sich zu freuen, dass er jetzt deutlich weniger Last zu schleppen haben könnte. „Alle wieder in den Eimer, alles aufsammeln ...“, hört man ihn noch aus der Ferne.

Extrem-Hindernisläufe werden immer beliebter

Nein, der junge Mann ist weder Soldat bei irgendeinem Drill noch Strafgefangener, der aus Angst vor seinen Vorgesetzten kuscht. Er ist freiwillig hier. Noch besser: Er hat für diesen Spaß 120 Dollar gezahlt. Angesichts des großen Andrangs zu diesem Spektakel ist das offenbar kein zu hoher Preis.

Extrem-Hindernisläufe wie das „Spartan Race“ werden immer beliebter. Der Veranstalter gibt Teilnehmerzahlen von jährlich 350 000 an – allein in den USA. Weltweit steigen in diesem Jahr mehrere Hundert Veranstaltungen dieser Art, darunter auch in Deutschland, in Köln, München und demnächst auch vor den Toren Berlins. Konkurrenz-Anbieter wie „Tough Mudder“, „Savage Run“ oder in Deutschland auch „Krass Fit“ oder „Strongman Run“ bitten ebenfalls mehrmals pro Jahr an den Start. Die sogenannten „Mud Races“ sind „die am schnellsten wachsende Lifestyle-Sportart“, sagt ein Sprecher der „Spartan Races“. In den USA gibt es praktisch an jedem Wochenende in irgendeiner Ecke des Landes eines. Zu den Fans der Matsch-Tortur gehört auch Adam, ein 40-jähriger Business-Manager aus Atlanta, der sich die Gelegenheit hier vor seiner Haustür nicht hat nehmen lassen. Sein erstes Rennen dieser Art bestritt er 2010, einen „Warrior Dash“. „Davon habe ich inzwischen zwei gemacht“, erzählt er. Heute läuft er mit einer Handvoll Freunden aus dem Fitness-Studio zusammen. Adam ist als Superman verkleidet, an seiner Seite waten Spiderman, Batman, Captain America und Flash Gordon durch den Schlamm. Denn Mud-Racing ist für die meisten vor allem Spaß und auch ein Teamsport – immer wieder hieven Adam und seine Gefährten sich gegenseitig über Hindernisse und warten aufeinander, wenn einer mal etwas länger braucht.

„Ich bin jahrelang Marathons und sonstige Distanzrennen gelaufen, aber ich brauchte eine neue Herausforderung“, erzählt Adam während einer kurzen Wartepause vor einer überfüllten Kletterwand.

Als Hobby-Athlet wird einem hier alles abverlangt – körperlich und mental. Erschöpfung, Muskelbrennen, Höhen- und Platzangst – all das muss irgendwann im Laufe des Rennens mal überwunden werden. Schafft man eine Prüfung nicht oder lässt sie aus, brummen einem die Streckenposten zur Strafe 30 „Burpees“ auf – eine Kombination aus Liegestütz und Hock-Streck-Sprung. Und hinter jeder Krümmung des Waldpfades lauert die nächste wahnwitzige Aufgabe.

Höhepunkt Schlammgrube

Für Adam liegt die Faszination der Schlamm-Rennen gerade in der Unberechenbarkeit: „Im Gegensatz zu traditionellen Rennen kann man sich hier nie zu hundert Prozent vorbereiten. Man nimmt einfach alles, wie es kommt.“

Tatsächlich wird man mit zunehmender Erschöpfung auch immer gleichgültiger. Noch eine Extrarunde durch den Wald mit einem Sandsack auf der Schulter? Na klar, her damit. „Das ist einfach, gib mir zwei“, prahlt ein muskelbepackter Bursche mit Armee-Haarschnitt und Bodybuilder-Shirt. „Tebo, Schatz, das ist doch verrückt“, fleht seine Freundin. Keine Chance, Tebo hat sich bereits unter dem Jubel seiner Kumpels die doppelte Last auf die Schultern geworfen. „High-Five“ und ab geht's in den Wald.

Wer beim „Spartan Race“ durchhalten will, muss eben nicht nur die Schmerzen ignorieren, sondern auch den gesunden Menschenverstand ausschalten können, das macht besonders Spaß. Spätestens auf der Zielgeraden, die einem von unter-Stacheldraht-Hindurchkrabbeln bis Feuer-Springen noch einmal alles abverlangt. Als Letztes kommt der Sprung in die Schlammgrube. Dieses Abtauchen in die braune Brühe – es ist Höhepunkt und Belohnung.

Der deutsche Veanstalter "Krassfit" veranstaltet am 30./31. Mai Rennen im "Offroad Park Berlin Brandenburg" in Zossen (Ortsteil Kalinchen) http://krassfit.com/de-de/challenge/Berlin-2015 und am 17. Oktober eines auf der Trabrennbahn Karlshorst http://krassfit.com/de-de/challenge/berlin-city-2015.

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