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Die Kathedrale von Oppido Mamertina.

© Wikipedia/Pasquale Livoti

Trotz Exkommunikation durch den Papst: Reverenz für Mafia-Boss bei Prozession

Die Verdammung der Mafia durch Papst Franziskus führt in einem kleinen italienischen Örtchen zu einem Skandal. Bei einer traditionellen Prozession erwies man einem Mafiaboss die Ehre.

Gut zwei Wochen ist es her, dass Papst Franziskus in unerhört harter Weise die Angehörigen der Mafia als exkommunziert verdammt hat. Doch schon jetzt zeigt sich, wie schwierig dieser Bruch wird. Schon jetzt gibt es jede Menge Ärger, schon jetzt rebelliert die Mafia. Zum Skandal ist die traditionelle Marienprozession in Oppido Mamertina geworden. Das 5400-Einwohner-Städtchen liegt im Stammland der kalabrischen ‘Ndrangheta. Und all die Jahre zuvor hatte keiner etwas dabei gefunden, dass die massive Madonnenstatue, die auf den Schultern von etwa zwanzig jungen Menschen durch die Straßen getragen wird, bei dieser Gelegenheit immer vor dem Haus eines alten Mafiabosses anhielt. Dem wegen Mordes verurteilten Giuseppe Mazzagatti erwies man die Ehre, in dem man die Figur der Muttergottes in einer Grußgeste gegen sein Haus neigte.

Mit den Carabinieri war dieses Jahr eine andere Route vereinbart, aber plötzlich bogen die Träger doch wieder in die alte Straße ein – und mit ihnen die versammelte Geistlichkeit, der Bürgermeister, der Gemeinderat, das Volk. Nur die ebenfalls teilnehmenden Carabinieri verließen die Prozession unter Protest und untersuchen die Sache nun: Wer hatte den Umweg angeordnet? Wer in Oppido Mamertina ist so stark, einen ganzen Ort an seinem Haus vorbeidefilieren zu lassen und damit den Staat zu provozieren?

Oft wollte man die Zeremonien schon unterbinden

Die Kirche reagierte prompt auf den Vorfall. „Das war keine Verneigung, das war eine Unterwerfung unter die Mafia“, schimpfte der kalabrische Bischof Nunzio Galatino, den Papst Franziskus zum Sekretär der Italienischen Bischofskonferenz gemacht und in dessen Diözese er die Mafiaverdammung ausgesprochen hat. „Die Verbrecher selber“, sagt Galantino, „sind nur die eine Ebene. Die andere betrifft die gesamte bürgerliche und religiöse Mentalität.“ Selbst der Ortsbischof von Oppido Mamertina, der „erst aus den Medien von den Vorgängen erfahren“ haben will, wurde von einem Amsbruder attackiert. „Wäre ich der Bischof dort“, sagt Salvatore Nunnari aus Cosenza, „würde ich die Prozessionen für ein paar Jahre verbieten.“

Versuche, mafiös unterwanderte und instrumentalisierte Zeremonien zu verbieten, hat es in Kalabrien bereits gegeben. In Sant’Onofrio sah sich der Bischof im April gezwungen, die beliebte Osterprozession zu untersagen: Die ’Ndrangheta hatte wie üblich versucht, das prestigereiche Tragen der Statuen ihren Mitgliedern zuzuschanzen; der Bischof aber bestand aber auf „neutrale“ Angehörige des Zivilschutzes. Man konnte sich nicht einigen, und die Polizei war froh, dass der Konflikt nicht wieder ausuferte. 2010, beim ersten Versuch, die ‘Ndrangheta-Träger durch Mitglieder des örtlichen Sportvereins zu ersetzen, waren Schüsse gegen das Haus des Vereinschefs geknallt.

Die päpstliche Mafia-Verdammung sorgt auch im Knast für Protest. Bosse, die im süditalienischen Larino einsitzen, bestreiken den Anstaltsgottesdienst. “Für Exkommunzierte hat der ohnehin keinen Sinn”, schreiben sie an die Gefängnisleitung. Der Sekretär der Italienischen Bischofskonferenz hat darauf nur eine Antwort: “Wer exkommunziert ist, darf weiter das Wort Gottes hören. Will er mehr, will er die Sakramente empfangen, dann muss er sich eben bekehren,  und zwar in aller Öffentlichkeit.“

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