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Tsunami-Alarm: Die Potsdamer warnten als Erste

Das neue Tsunami-Warnsystem besteht seine erste große Bewährungsprobe. Nur fünf Minuten nach dem Beben hatten die Rechner in Potsdam die Stärke des Erdbebens ermittelt. Die schnelle Warnung kann viele Leben retten.

Als der Tsunami-Alarm aufgehoben wurde, war Alexander Rudloff vom Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam trotz der Tragik solcher Naturkatastrophen doppelt erleichtert. Der erste Teil des unter deutscher Leitung entstehenden Tsunami-Frühwarnsystems hatte seine Feuertaufe bestanden. Fünf Minuten nach dem Beben hatten Rechner in Potsdam Ort und Stärke des Bebens - 8,0 - ermittelt, noch einmal zwei Minuten später hatte der Geophysiker Alexander Rudloff eine automatische Warnung in seiner Mailbox.

Die Mail-Warnung der US-amerikanischen Erdbebenspezialisten trudelte dagegen erst eine knappe halbe Stunde nach dem Beben bei ihm ein. Solche Warnzeiten aber entscheiden im Ernstfall über viele Menschenleben: Nach dem verheerenden Beben der Stärke 9,3 am zweiten Weihnachtsfeiertag 2004 hatten Tsunami-Flutwellen bereits 20 Minuten nach dem Beben die Provinzhauptstadt Banda Aceh in Indonesien nahezu völlig zerstört. Um die Folgen solcher Katastrophen in Zukunft zu verhindern, entsteht ein Tsunami-Warnsystem für Indonesien, dessen zentrale Teile aus Deutschland stammen und im Jahr 2008 endgültig fertiggestellt sein sollen. Jörn Lauterjung vom Geoforschungszentrum in Potsdam leitet den deutschen Teil dieses Riesenvorhabens und ist zurzeit in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. "Mit Hilfe dieses Systems können in Zukunft viele Menschenleben gerettet werden", erklärt der Physiker. Rechtzeitig gewarnt, haben die betroffenen Menschen die Chance, vor den Riesenwellen in höher gelegene Regionen zu fliehen.

Das neue Messsystem schließt eine gefährliche Lücke

Ausgelöst wird ein Tsunami meist von Seebeben. Ausgerechnet vor Indonesien aber hat das weltweite Erdbebenmessnetz eine Lücke. Genau die schließt das GFZ mit 21 neuen Messstationen, von denen inzwischen zehn auf der Insel Nias vor Sumatra, auf Sumatra selbst, auf Java und auf Kalimantan installiert sind. Obendrein wurden moderne Kommunikationseinrichtungen installiert, mit deren Hilfe zurzeit sechzig Erdbebenstationen der Region bis nach Malaysia online sind. Mit diesem Teil des Frühwarnsystems konnte das Beben am gestrigen Mittwoch innerhalb von fünf Minuten lokalisiert werden.

GFZ-Forscher Birger Lühr kann aus den vorhandenen Daten schon wenige Minuten nach dem Beben entscheidende Fakten ablesen: Offensichtlich schließt das 8,0-Beben die letzte Lücke, die drei gewaltige Beben seit dem 4. Juni 2000 vor Sumatra gelassen hatten. Damals hatten sich südlich des gestrigen Bebens auf vierhundert Kilometer Länge tief unter dem Meeresrund zwei ineinander verhakte Erdplatten voneinander gelöst und waren mit einem gewaltigen Ruck in eine neue Position gerutscht. Am 26. Dezember 2004 geschah das Gleiche auf einer Länge von 1200 Kilometern viel weiter im Norden bei einem 9,3-Beben. Und Ostern 2005 erschütterte ein weiteres Beben ein Stück südlich des Weihnachtsbebens den Meeresboden. Nur die Lücke zwischen dem 2000er und dem 2005er Beben war seit 1834 ruhig geblieben, dieses Beben holte die Erde am Mittwoch nach. Allerdings löst nicht jedes Seebeben Riesenwellen aus, sondern nur Beben, bei denen sich Erdplatten am Meeresgrund ruckartig nach oben oder unten bewegen. Bisher brauchten die Forscher eineinhalb Stunden, um diese Bewegungsrichtung zu messen, für Indonesien ist das viel zu lang. Deshalb messen die deutschen Forscher mit Bojen auf dem Meer und dem Satellitenortungssystem GPS die Wellenbewegung direkt und übermitteln sie mit Funksignalen via Satellit an eine Zentrale.

Bojen messen den Druck

Unter der Boje wird ein Sensor am Meeresgrund verankert, der den Druck registriert, den Riesenwellen bis dort hinunter auslösen. Zwei solcher Systeme aus Bojen und Drucksensoren am Meeresgrund hatten die deutschen Forscher bereits Ende 2005 vor der Insel Sumatra im Indischen Ozean verankert, bis zum Jahr 2008 sollen insgesamt zehn solcher Bojen und Drucksensoren installiert werden. Die Signale werden anschließend an eine in Deutschland entwickelte Warnzentrale in der indonesischen Hauptstadt Jakarta gesendet.

Ein Computersystem soll dort in Zukunft längst vor einem Beben in aller Ruhe ermitteln, wie sich entsprechende Wellen an den verschiedenen Abschnitten der Küste verhalten, welche Unterwasserberge die Wellen in welche Richtungen lenken oder sie gar konzentrieren.

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