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Türkei: Fall Marco W.: Neubesetzung des Gerichts?

Im Fall des in der Türkei inhaftierten Marco W. bahnt sich eine Wende an. Der Vorsitzende richter hat seine Entbindung von dem Fall beantragt. Möglicherweise wird das Gericht neu besetzt. Eine Haftbeschwerde wurde zuvor abgelehnt.

Nach der Ablehnung der Haftbeschwerde des in der Türkei inhaftierten Schülers Marco deutet sich eine Neubesetzung des Gerichts in Antalya an. Dort steht noch die Entscheidung über einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht aus. Der Vorsitzende Richter Abdullah Yildiz habe beim nächsthöheren Gericht seine Entbindung von dem Prozess beantragt, berichtete "stern.de" und berief sich auf Gerichtskreise in Antalya. Marcos Anwälte wollten die Informationen des Online-Magazins zunächst nicht kommentieren.

Unterdessen sorgt sich Marcos Mutter um den Gesundheitszustand ihres Sohnes. Nachdem erneut eine Beschwerde gegen die Untersuchungshaft des 17-Jährigen abgelehnt worden war, stelle sie sich immer wieder die Frage, wann die Grenze der psychischen Belastbarkeit des Jungen erreicht sei, sagte Anwalt Matthias Waldraff. Der Schüler aus dem niedersächsischen Uelzen sitzt seit April in Antalya in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, eine 13-jährige Britin sexuell missbraucht zu haben. Der Jugendliche bestreitet dies. Marcos Prozess soll am 20. November weitergehen. Dann könnte dem Gericht auch die übersetzte Aussage der jungen Britin vorliegen.

Besuch nur einmal in der Woche

"Am meisten zu schaffen macht der Mutter, dass sie ihren Sohn nach der neuerlichen Enttäuschung nicht trösten kann", sagte Waldraff. Marcos Eltern können den 17-Jährigen einmal in der Woche durch eine gläserne Trennscheibe sehen, einmal im Monat ist ihnen persönlicher Kontakt gestattet. Derzeit sei Marcos Zustand "einigermaßen stabil", betonte der Anwalt. Die Mutter befürchte aber, dass dies durch ein extremes Stresserlebnis sehr schnell umschlagen könne. Marco leidet an Neurodermitis.

Die Richter in Antalya hatten die Haft mit der Schwere des Tatvorwurfs und dem Alter des Mädchens gerechtfertigt. Eine erste Beschwerde gegen die andauernde Untersuchungshaft des Jugendlichen hatte das Gericht bereits Anfang Oktober abgelehnt.

Nun sei der Weg frei für eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, sagte Marcos zweiter Anwalt Michael Nagel. Diese sei in Arbeit und werde in der kommenden Woche eingereicht. "Unser Ziel ist es, dass das Gericht eine Empfehlung an die Türkei richtet, die Haftsituation für Marco zu ändern", sagte Nagel. Erst wenn die nationale Rechtsprechung ausgeschöpft ist, nimmt der Europäische Gerichtshof allerdings Menschenrechtsbeschwerden an. (mit dpa)

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