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Der türkische Präsident Erdogan mit seiner Frau Emine.

© REUTERS

Türkei: Warum Emine Erdogan die Vorzüge des Harems preist

Emine Erdogan setzt wie ihr Mann auf die Werte der osmanischen Vergangenheit. Dass sie sich jetzt positiv über den Harem äußert, passt zum Präsidentenehepaar.

Emine Erdogan teilt die Begeisterung ihres Mannes für die Osmanen. Schließlich regierten die Türken unter den Sultanen ein Weltreich und lehrten den Europäern das Fürchten. In seinem Präsidentenpalast von Ankara umgibt sich Recep Tayyip Erdogan bei Staatsbesuchen mit einer Leibgarde in historischen Kostümen, und auch seine Frau schwärmt für die ruhmreiche Vergangenheit. In einer Rede lobte sie jetzt den Sultans-Harem als „Schule für die Mitglieder der osmanischen Dynastie“. Regierungskritiker warfen ihr vor, eine Zeit zu glorifizieren, in denen Frauen keinerlei Rechte hatten und als Sex-Sklavinnen gehalten wurden.

Oppositionspolitiker Hüseyin Aygün etwa sagte, der Harem sei eine Folterkammer gewesen, „in der 24 Stunden am Tag vergewaltigt wurde“ und auch Kinder missbraucht worden seien. Solche Vorwürfe kümmern die Erdogans nicht. Beide Eheleute sprechen häufig über die Vorzüge islamischer Werte und über die osmanische Vergangenheit. Und sie kritisieren vor allem den Druck, den die lange Zeit bestimmten säkularistischen Eliten der Republik auf fromme Türken wie sie selbst ausübten. Am Weltfrauentag sagte Präsident Erdogan, Frauen seien zuallererst Mütter. Kurz zuvor hatte Emine Erdogan die Geschichte der säkulären Republik als „90 Jahre Trümmer“ bezeichnet, die erst durch ihren Mann beiseite geräumt worden seien. Später erklärte sie, die Presse habe ihre Worte falsch ausgelegt. Seit 1978 ist das türkische Präsidentenpaar verheiratet.

Für Erdogan war eine andere Frau vorgesehen

Ein Jahr zuvor hatte Erdogan seine zukünftige Frau bei einer islamistischen Kundgebung zum ersten Mal gesehen. Erdogan ergriff die Initiative, doch seine Mutter hatte ihm bereits eine andere Braut ausgesucht: ein mit dem schwarzen Tschador verschleiertes Mädchen von der Schwarzmeerküste. Sechs Monate lang rangen Mutter und Sohn miteinander. Erst dann durfte Erdogan seine Emine heiraten. In die Amtsgeschäfte ihres Mannes mischt sich Emine Erdogan nicht ein, doch sie hat durchaus ihre eigene Meinung. Laut Presseberichten riet sie ihrem Mann vor zwei Jahren von einer Kandidatur für das Präsidentenamt ab – sie befürchtete angeblich, dass Erdogans Lebenswerk, die Regierungspartei AKP, nach seinem Umzug in den Präsidentenpalast zerfallen könnte. Inzwischen hat sie sich jedoch mit dem neuen Posten ihres Mannes angefreundet.

Der 61-jährigen wird nachgesagt, ebenso prunksüchtig zu sein wie ihr Gatte, der immer häufiger „Sultan“ genannt wird: Seine Anhänger drücken mit dem Titel ihre Bewunderung aus, seine Gegner ihre Verachtung für Erdogans allumfassenden Machtanspruch. Dass Emine aus schlichten Verhältnissen stammt, ihre Mutter nicht lesen und schreiben konnte und ihr Vater auch nur zwei Grundschuljahre absolvierte, störte ihren Mann nie, im Gegenteil: Seine eigene Herkunft aus dem ärmlichen Istanbuler Stadtviertel Kasimpascha ist gewissermaßen Erdogans Markenzeichen. Anders als Emine, die sich als Gymnasiastin für das Kopftuch entschied und deshalb nicht studieren konnte, hat Erdogan eine Hochschulausbildung.

Aber diesen Unterschied findet er nicht so wichtig. „Unsere Ideale, unsere Wünsche und unsere Erwartungen sind dieselben“, sagt er. Auch Emine ist zufrieden mit ihrem Mann. Eine Zweitfrau, wie der Koran das unter bestimmten Bedingungen erlaubt, würde sie nicht dulden, gestand sie einmal: Dazu sei sie zu eifersüchtig. So weit geht die Begeisterung für die Osmanen dann doch nicht.

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